Bilanzpolizei für börsennotierte Konzerne

Es gilt das 4-Augen-Prinzip. Verträge und Bestätigungen sind von jeweils zwei von drei Bevollmächtigen zu unterschreiben. Die Vollmacht wurde von Eisl unterzeichnet. Aus den risikoreichen Geschäften dürften vor allem in den Jahren 2006 und 2007 enorme Verluste entstanden sein.
Experten warnen vor Kriminalisierung.

Nach jahrelangen Verhandlungen bekommt nun auch Österreich als letztes EU-Land eine Bilanzpolizei. „Es war ein langes Drama, aber wir freuen uns, dass es nun soweit ist“, kommentiert Erich Kandler, Partner beim Wirtschaftsprüfer Deloitte, den gestrigen Beschluss im Nationalrat. Das Gesetz tritt Mitte 2013 in Kraft und betrifft sämtliche Bilanzen aller an der Wiener Börse notierten Konzerne (Aktien und Anleihen), insgesamt rund 150 bis 160 Unternehmen.

"Unternehmen im Top-Segment werden öfter drankommen"

„In der Praxis wird nicht jedes Unternehmen jährlich geprüft“, sagt Kandler. Denn ein unabhängiger, nicht auf Gewinn ausgerichteter Verein werde mit knapp zehn Mitarbeitern dafür zu wenig Kapazität haben. „Unternehmen im Top-Segment werden öfter drankommen“, sagt Kandler. Die übergeordnete Behörde ist die Finanzmarktaufsicht (FMA). Sie kann auch selbst prüfen. Finanziert wird der Verein primär von den geprüften Unternehmen selbst mit jeweils 7500 Euro pro Jahr.

Strafanzeige

Findet der Verein oder die Behörde Fehler in einer Bilanz, so stellt die FMA einen Bescheid aus. Handelt es sich um einen größeren Fehler, muss das Unternehmen diesen öffentlich machen. Zudem kann die FMA auch eine Strafanzeige machen. Diese „Kann“-Bestimmung stößt Kandler sauer auf. „Der Großteil der Fehler passiert unbeabsichtigt. Eine Anzeige birgt die Gefahr, dass ein Unternehmen in die Nähe der Kriminalität gerückt wird.“

Dadurch könnte auch der Eindruck entstehen, dass alle Bilanzen in Österreich falsch wären. „Das wäre ein Bedrohungspotenzial für den Finanzplatz Österreich.“ Ein Fehler bedeute nicht, dass die gesamte Bilanz falsch sei.

Kandler hofft auf entsprechendes Fingerspitzengefühl der FMA und keinen überschießenden Reaktionen. Wer nicht mit der Behörde kooperiert, dem drohen ohnehin bis zu 100.000 Euro Strafe. Vorsätzliches Handeln hat wie bisher eine Strafanzeige zur Folge. Das Aufdecken von Straftaten sei aber nicht Ziel der Bilanzpolizei, Kandler rechnet jedoch mit einer Präventivwirkung.

Die deutsche Bilanzpolizei hat laut Deloitte-Partner Gerhard Marterbauer im Vorjahr bei 700 Prüfungen 150 Fehler gefunden. Sieben davon seien an die Strafbehörden weitergeleitet worden.

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