Die Juristen sollten bestätigen, dass Weisungen der Ministerin erlaubt sind und dass die Asfinag die Straßenprojekte aus dem Bauprogramm nehmen bzw. aufschieben darf.
Die beiden Schönherr-Gutachten, ein allgemeines und eines zu den betroffenen Bauvorhaben, wurden dem Aufsichtsrat bei seiner Sitzung am 14. Dezember vorgelegt. Die Aufsichtsräte nahmen die umstrittenen Projekte wie berichtet aus dem Bauprogramm, es gab zwei Gegenstimmen.
Sie dürften die Schönherr-Schriftsätze, die dem KURIER vorliegen, nicht genau gelesen haben.
In beiden Gutachten wird ganz klar argumentiert, dass die Ministerin nicht entscheiden kann, ob die S1 (inklusive Lobautunnel) und andere höherrangige Bundesstraßen gebaut oder nicht gebaut werden. Das könne nur der Gesetzgeber.
Das Ministerium könne eigentlich nur im Rahmen der Strategischen Umweltprüfung mitreden und die Regierungsvorlage für das Parlament erstellen. Diese Phasen seien bei der S1 aber schon längst vorbei, mit Voranschreiten der Genehmigungen würden sich die Einflussmöglichkeiten „wie in einem Trichter verengen“.
Die Verpflichtung zum Bau könne durch Zielvorgaben nicht dauerhaft unterlaufen werden („Torpedierungsverbot“). Außerdem dürfe das Finanzministerium, das eine starke Stellung habe, nicht übergangen werden. „Ein Baustopp oder eine Verzögerung wird nur vorübergehend möglich sein und behördliche Genehmigungsverfahren müssten jedenfalls zu Ende geführt werden, um das „ob“ langfristig nicht zu gefährden“, heißt es im Gutachten.
Und weiter: Als „unverrückbarer Eckpfeiler“ gelte die gesetzliche Verpflichtung, die in den Verzeichnissen des Bundestraßengesetzes aufgelisteten Projekte zu planen und zu errichten. Diese Verpflichtung gelte auch für die Asfinag und ihre Organe.
Das Schreiben von Herbert Kasser, einflussreicher Generalsekretär im Klimaministerium, über den Baustopp wird als Weisung an den Asfinag-Vorstand qualifiziert. Doch weder einem Vorstand noch einem Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft dürfe eine Weisung erteilt werden.
Außerdem müsse die Asfinag für das Ruhendstellen von S1 und Lobautunnel eine bilanzielle Wertberichtigung von 59 Millionen bilden.
Das ist das nunmehr dritte kritische Gutachten über den Baustopp. Die Wirtschaftskammer Wien legte bereits zwei Expertisen vor, dass der Baustopp ohne Rechtsgrundlage erfolgt sei und dass die Aufsichtsräte der Asfinag haften würden.
Klar, dass die Wirtschaftskammer eindeutige ökonomische Interessen verfolgt. Doch die Schönherr-Gutachten, die Vorstand und Aufsichtsrat eigentlich entlasten sollten, kommen zum selben Schluss.
Im Klimaministerium wird die Entscheidung nach wie vor verteidigt: Mit dem evaluierten Bauprogramm „können wir jetzt auch die Planungen für bessere Alternativen fortführen. Ministerin Gewessler hat die Bundesländer NÖ und Wien dazu bereits eingeladen“. Beide haben jedoch bereits abgesagt.
Das Bundesstraßengesetz definiere eine Liste von Projekten und werde vom Nationalrat beschlossen, nenne aber keine Fristen für die Umsetzung und lege auch die Ausgestaltung der Straßen nicht fest. Diese Festlegung passiere im Asfinag- Bauprogramm. Dazu wird ein Gutachten der TU Wien zitiert, dass die Asfinag-Vorstände zwar nach Aktiengesetz weisungsfrei seien, das Asfinag-Ermächtigungsgesetz aber dem Ministerium ein jährliches Zustimmungsrecht einräume.
andrea.hodoschek@kurier.at
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