Batterien: EU will gegen Tesla und Asiaten in Ring steigen

Alle Energiezellen für E-Autos kommen aus den USA und Asien, die EU will gegensteuern. Experten: "Es ist noch nicht zu spät"

Europa droht ein "Kodak-Moment" bei der Elektromobilität, fürchtet Energiekommissar Maroš Šefčovič. Der Filmpionier Kodak hatte den Anschluss an die Digitalfotografie verpasst und ist von der Bildfläche verschwunden. Ähnliches könnte der Autoindustrie blühen, denn die in E-Autos verbauten Batteriezellen kommen von einer Handvoll Hersteller wie Samsung, Panasonic, LG und Tesla. Und die sitzen durch die Bank in Asien oder den USA.

Ein europäisches Industriekonsortium soll den Rückstand wettmachen. Heute, Mittwoch, findet in Brüssel dazu ein Batteriengipfel statt. Geladen ist das Who’s who der Auto- und Chemiebranche – Ziel wäre ein "Airbus für Batterien": Der Flugzeughersteller entstand in den 1960ern mit staatlicher Hilfe als Kooperation europäischer Firmen, die dem US-Monopolisten Boeing Paroli bieten wollten. Mit Erfolg. Das Projekt könnte aus EU-Forschungs- und Industrietöpfen mit bis zu 2,2 Mrd. Euro unterstützt werden.

Technologie-Sackgasse

Österreichs Batterie-Experten finden die Pläne goldrichtig. Die Sorge, dass Europa abgehängt wird, gebe es seit vielen Jahren, sagt Martin Wilkening vom Institut für Chemische Technologie von Materialien an der TU Graz zum KURIER: "Noch ist es nicht zu spät." Allerdings müssten die Industrieplayer an einem Strang ziehen.

Der Zeitpunkt für einen Einstieg sei perfekt, glaubt Werner Tober vom Institut für Fahrzeugantriebe und Automobiltechnik der TU Wien: "Der Zug ist nicht abgefahren, er rollt gerade erst an."

Weil der globale E-Automarkt weit von Millionenstückzahlen entfernt ist, wäre die Massenfertigung eigener Autobatterien hochdefizitär gewesen. Deshalb hat Tesla-Gründer Elon Musk einfach simple Rundzellenbatterien (Typ 18650) aus asiatischer Fertigung – die jeder aus seinem Radiowecker kennt – zusammengeschaltet. Und ist so zum gefeierten E-Autopionier geworden.

Teslas Giga-Wette

Batterien: EU will gegen Tesla und Asiaten in Ring steigen
FILE PHOTO: The Tesla Gigafactory is shown under construction outside Reno, Nevada May 9, 2015. Picture taken May 9, 2015. REUTERS/James Glover II/File Photo
Im Jänner 2017 hat Tesla in der Wüste von Nevada die erste, rund fünf Milliarden Dollar teure "Gigafactory" für Batterien eröffnet. Gemeinsam mit Panasonic werden dort Zellen (Typ 2170, eine etwas größere Form der Rundzelle) für das Tesla-Model 3 gebaut. Mit allen Nachteilen: Die Batterien sind schwer, entflammbar und setzen im Brandfall giftige Stoffe frei. Womöglich hat sich Tesla mit der Fabrik, die auf 500.000 Autos ausgelegt ist, in eine technologische Sackgasse manövriert.

"Das wichtigste Thema ist Sicherheit", sagt Wilkening. Selbst wenn nur zwei oder drei Brandfälle pro Jahr passierten, habe sich das Thema E-Mobilität erledigt.

Beide Experten erwarten dennoch, dass für die nächsten fünf Jahre Lithium-Ionen-Batterien dominant bleiben. Eine mögliche Alternative wären Batterien mit festem Kern auf Polymerbasis. Derzeit würden auch Lithium-Sauerstoff- und Lithium-Schwefel-Varianten getestet, die aber noch länger nicht marktreif seien.

Zu wenig Leidensdruck

Ein EU-Batterienkonsortium sollte unbedingt bereits auf die nächste Technologie-Generation setzen, sagen die Forscher. Noch gibt es viele Hürden: Neben den nötigen Investitionen in Milliardenhöhe für einen unterentwickelten Markt müssten die Hersteller ihr Know-how und ihre Patente teilen und sich auf einen Standard einigen. Dafür ist der Leidensdruck womöglich nicht groß genug.

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