Bankenaufsicht: "Wir brauchen keinen Fleckerlteppich"

Bankenaufsicht: "Wir brauchen keinen Fleckerlteppich"
Kanzler Faymann fordert eine EU-Bankenaufsicht mit vollen Durchgriffsrechten. Vizekanzler Spindelegger will Mängel in der Konstruktion der EU beseitigen.

Bundeskanzler Werner Faymann erwartet vom Gipfel einen Beschluss für eine Wachstums- und Beschäftigungsinitiative sowie den Start für die Diskussion über die Weiterentwicklung der EU.

KURIER: Herr Bundeskanzler, ist der Wachstumspakt nicht eine Mogelpackung?

Werner Faymann: Ein klares Nein. Die bessere Nutzung von Strukturfonds, das Auflegen von Projektbonds und die Aufstockung der Mittel der Europäischen Investitionsbank dienen dazu, große Infrastrukturprojekte anzustoßen. 120 Milliarden Euro werden eingesetzt, um Wachstum anzukurbeln und damit Jobs zu schaffen. Etliche Projekte für den Ausbau des Schienennetzes und Datenverbindungen wurden schon genannt.

Was sind die Knackpunkte des Gipfels? Bundeskanzlerin Merkel geht auf Konfrontationskurs zu den Reform-Vorschlägen der Vierergruppe.

Das Papier ist ein erster Denkanstoß, dabei geht es um die mittelfristige Entwicklung der EU und der Euro-Zone. Eine gemeinsame Bankenaufsicht ist sehr bald anzustreben. Es braucht eine unabhängige Aufsichtsbehörde mit vollen Durchgriffsmöglichkeiten. Wir brauchen keinen nationalen Fleckerlteppich. Die europäische Einlagensicherung wird langsam aufgebaut, das geht nicht von einem Tag auf den anderen.

Notenbankgouverneure und Regierungschefs, etwa Italiens Monti und Frankreichs Staatspräsident Hollande, fordern eine Bankenlizenz für den dauerhaften Rettungsschirm ESM. Kommt es dazu?

Als Schutzwall brauchen wir die Bankenlizenz für den ESM. Mit der Banken­konzession kann sich der ESM dann über die EZB refinanzieren. Es kann nicht ständig Sondergipfel geben, wenn ein Land in Schwierigkeiten kommt. Das ist auch psychologisch nicht gut.

Stabilitätsunion: "Mit Visionen kann man Großes bewirken"

Als ÖVP-Chef nahm Vizekanzler Michael Spindelegger am Donnerstag am Treffen der Europäischen Volkspartei teil. Er traf dort Kanzlerin Angela Merkel und Spaniens Premier Mariano Rajoy.

KURIER: Herr Vizekanzler, bremst Merkel bei den Eurobonds aus wahlkampftaktischen Gründen?

Michael Spindelegger: Sie tut das primär, weil es vernünftig ist. Merkel will, dass stabile Volkswirtschaften nicht in Mitleidenschaft gezogen werden. Auch wir sind nicht bereit, für höhere Zinsen mehr Steuermittel zu verbrauchen. Nur längerfristig, wenn alle Haushalte in Ordnung sind, kann es Eurobonds geben.

Die Finanzmärkte erwarten vom Gipfel den großen Wurf. Wird es die große Entscheidung für eine umfassende Reform geben?

Ja. Wir haben die Lektion gelernt. Die Konstruktionsmängel der EU gehören beseitigt. Das heißt Vertragsänderung. Es muss auch Wachstum initiiert werden. Es gilt nicht nur, die Krise zu bekämpfen, sondern an einer Zukunftsunion zu arbeiten. Wenn das gelingt, ist es ein großer Wurf.

Zwischen Deutschland und auf der anderen Seite Frankreich und Spanien gibt es große Differenzen. Kommt der Ausgleich?

Es bedarf eines Konsenses. Die Chancen für einen Konsens sind intakt.

Spanien kann seinen Staatshaushalt nicht mehr lange finanzieren. Braucht es mehr Geld aus dem Rettungsfonds?

Spanien muss das selbst entscheiden. Wenn beim Gipfel der große Wurf gelingt, werden die Gipfel-Ergebnisse die Situation Spaniens, aber auch der anderen Schuldenländer entspannen. Wenn die EU richtig handelt, haben alle etwas davon.

Sie fordern eine Stabilitätsunion. Wunschdenken?

Das ist zu bewerkstelligen. Nur mit Visionen kann man Großes bewirken.

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