Austria-Email-Chef: "Politik und Sozialpartner bilden ein Stagnationskartell"

Austria-Email-Chef Martin Hagleitner
Chef des steirischen Boilerherstellers fordert mehr Anreize für den Umstieg von Ölheizungen.

162 Jahre lang war das steirische Unternehmen Austria Email an der Wiener Börse notiert – so lange wie kein anderes. Damit war Ende Februar Schluss. "Die Regulierung war zu überzogen", begründet Konzernchef Martin Hagleitner im KURIER-Gespräch den Schritt. Genauso bürokratisch verlaufe auch der Rückzug. Bis Spätherbst sollte der Prozess endgültig abgeschlossen sein. Noch immer hält ein kleiner Teil des früheren Streubesitzes Aktien. "Sie bleiben dividendenberechtigt und können an der Hauptversammlung teilnehmen", sagt Hagleitner. Manche würden vielleicht auf eine zusätzliche Prämie für den Aktienverkauf hoffen. Freilich: "Die Mehrheitsaktionäre können auch ohne sie gestalten."

Das sind die französische Groupe Atlantic (sie hält nun rund 70 Prozent) und die Treibacher Holding (26 Prozent). Austria Email hat laut Hagleitner keine Notwendigkeit der Kapitalbeschaffung über die Börse. Der Umsatz sei im Vorjahr um sieben Prozent auf 64 Mio. Euro gestiegen, der Gewinn ohne Berücksichtigung von Sondereffekten ebenfalls (2015: 3,9 Mio.). "Der Rückzug von der Börse bedeutet nicht den Rückzug vom Standort Österreich", versichert Hagleitner. Nachsatz: "Auch wenn es einem Politik und Sozialpartner nicht leicht machen. Sie bilden ein Stagnationskartell."

Höhere Investitionen

Der Firmenchef kündigt für heuer mit 3,5 Millionen Euro höhere Investitionen als in den vergangenen zwei Jahren an. Die Mittel sollen nicht nur in Ersatzinvestitionen, sondern auch in neue Produktionsverfahren fließen. Diese sollen helfen, die Energieeffizienz der hergestellten Warmwasserspeicher, Wärmepumpen und Solaranlagen zu erhöhen. Die Zahl der Mitarbeiter (derzeit 340) könnte weiter steigen, auch abhängig davon, ob die guten Konjunkturprognosen Realität werden.

Hagleitner wünscht sich in dem Zusammenhang mehr und treffsichere Förderungen für den Umstieg auf nachhaltiges Heizen. "Das ist eine gute Wertanlage." Die Nachfrage nach Biomasse- und Solaranlagen sei im Vorjahr wegen des tiefen Ölpreises zunächst zurückgegangen. Mit der Trendumkehr beim Ölpreis gebe es nun wieder mehr Wachstum, ebenso infolge des kalten Winters. In Österreich seien 600.000 Heizanlagen älter als 20 Jahre, zudem gebe es 800.000 Ölheizungen. Viel Potenzial also, auch wenn die Öllobby sehr aktiv sei. Die fossile Ära gehe aber zu Ende, so Hagleitner, der Ölpreis, zumindest die Steuer drauf, werde steigen.

Auch wenn er von ökologischen Steuern ("haben einen grün-freakigen Beigeschmack") ebenso wenig hält wie von Verboten, kann er einem Ölkesselverbot im Neubau etwas abgewinnen. "Das wäre kein Eingriff in Eigentum." Zwar sei eine Ölheizung wegen des geringen Wartungsaufwands naheliegend, aber eine Wärmepumpe (knapp 15.000 Euro) würde sich bald amortisieren.

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