Aus für Gratis-Plastiksackerln naht

80 Prozent der dünnen Einwegsackerln sollen in den nächsten fünf Jahren verschwinden.
Österreich will die neue EU-Verordnung mit dem Handel rasch umsetzen.

Einem Symbol der Wegwerfgesellschaft und Verursacher von Müllbergen geht es an den Kragen: Die EU soll den Verbrauch der dünnen Einweg-Plastiksackerln (bis zu 0,05 mm Stärke) in den nächsten Jahren drastisch reduzieren. Das hat das Parlament in Straßburg am Mittwoch beschlossen.

Schätzungsweise benutzen die EU-Bürger im Schnitt 198 Plastiksackerln pro Jahr. 90 Prozent davon bestehen aus dünnem Kunststoff. Sie werden besonders häufig weggeworfen, weil sie schwer wiederverwendbar sind. Somit wurden EU-weit allein im Jahr 2010 rund acht Milliarden dieser Beutel weggeworfen.

Geht es nach dem EU-Parlament, soll die Verwendung der leichten Sackerln in den nächsten drei Jahren um 50 Prozent, in den nächsten fünf Jahren um 80 Prozent reduziert werden.

Wo Plastik aus hygienischen Gründen Sinn macht – etwa bei der Verpackung von rohem Fleisch, Fisch oder Milchwaren – soll es aber erhalten bleiben. Diese Abstimmung ist allerdings nicht endgültig. Das Parlament muss erst noch mit den EU-Regierungen verhandeln.

Immerhin: In Österreich ist der Handlungsbedarf vergleichsweise gering. Mit einem Sackerl-Verbrauch von 51 (45 davon Einwegsackerln) pro Kopf und Jahr liegt man deutlich unter dem EU-Schnitt.

Maßnahmen

Im zuständigen Umweltministerium heißt es zur EU-Entscheidung: "Wir haben uns bereits Ende des Vorjahres gemeinsam mit den Handelsketten auf eine einheitliche Linie geeinigt und konkrete Vorschläge erarbeitet", sagt Sektionschef Christian Holzer. Allen voran steht ein generelles Verbot der kostenlosen Abgabe von Kunststoff-Tragetaschen, das in den nächsten Jahren umgesetzt werden könnte.

"Damit ließe sich schon eine relevante Verringerung erzielen", ist Holzer überzeugt. Wichtig wäre aber eine länderübergreifend einheitliche Vorgehensweise.

Einen Schritt weiter geht der Stufenplan, den die rot-grüne Regierung in Wien vorschlägt. Er sieht als Endziel ein Verbot jeglicher Plastiksackerln vor. Im Ministerium ist man allerdings skeptisch. "Was passiert dann etwa mit den Plastik-Müllsäcken", fragt sich Holzer.

Auf den Handel werden jedenfalls Umstellungen zukommen: Man suche bereits nach Alternativen für die ganz dünnen Obst- und Gemüsesackerln, heißt es etwa bei REWE (Billa, Merkur). Denn diese müssen künftig laut EU aus biologisch abbaubarem Material bestehen.

Stoff statt Plastik

Einzelne Unternehmen sind freilich schon weiter: In Wieselburg (NÖ) wird seit vier Jahren voll auf alternative Tragehilfen beim Einkaufen gesetzt. Zum Auftakt wurden 2010 rund 4300 Stoffsäcke verschenkt. Mittlerweile gibt es in zwei Drittel aller Geschäfte der Stadt kein Plastiksackerl mehr. Bei vielen Bürgern hat sich die Nutzung eines Mehrwegsackes automatisiert.

Eine ähnliche Aktion hat der "Verein IG Kaufleute am Neubau" (Wien) gestartet. Beteiligte Betriebe erhielten in den vergangenen Jahren 10.000 Stoffsackerln, die bei größeren Einkäufen kostenlos an die Kunden weitergegeben wurden. Derzeit plant man eine Neuauflage, sucht aber noch einen Sponsor, der die Sackerl-Produktionskosten übernimmt.

Plastik Die durch Plastiksackerln verursachten Müllberge stellen ein massives Umweltproblem dar.

Ozeane 10 Millionen Tonnen Müll gelangen jährlich in die Meere, der Großteil besteht aus Plastik. Er schädigt das dortige Ökosystem enorm.

EU 95,5 Milliarden Plastiksackerln wurden 2010 in der EU ausgegeben.

Wien 1500 Tonnen Sackerln landen allein in Wien pro Jahr im Müll.

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