Hohe Inflation: Ökonomen fordern Mäßigung bei Löhnen und Preisen

Hohe Inflation: Ökonomen fordern Mäßigung bei Löhnen und Preisen
Wifo und IHS erwarten Konjunkturerholung im zweiten Halbjahr. Regierung und Sozialpartner seien nun bei der Inflationsbekämpfung gefordert.

Österreichs Wirtschaft nimmt ab Mitte des Jahres wieder Fahrt auf, doch die Jahresinflation wird höher ausfallen als im Dezember erwartet.  Das sind die zwei wichtigsten Aussagen aus der heutigen Frühjahrsprognose der Wirtschaftsforschungsinstitute von Wifo und IHS.

Die Ökonomen sind zuversichtlicher als bei ihrer letzten Prognose. Grund für den Optimismus ist die Rückkehr des Vertrauens der Unternehmen und privaten Haushalte vor allem in den USA und in Europa.

Für heuer rechnet das Wifo in Summe mit einem mageren Wirtschaftswachstum von 0,3 Prozent, 2024 beschleunigt es sich auf 1,8 Prozent. Das IHS rechnet für heuer mit 0,5 Prozent Wachstum, für 2024 mit 1,4 Prozent.

Inflation nach oben korrigiert

Die Prognose für die Jahresinflation wurde von beiden Instituten nach oben korrigiert. Für heuer rechnet das Wifo mit einer Jahresinflation von 7,1 Prozent, das IHS geht sogar von 7,5 Prozent aus. Im Dezember wurden 6,5 Prozent (Wifo) bzw. 6,7 Prozent (IHS) prognostiziert. 2024 dürfte die Inflationsrate dann wieder auf 3,8 Prozent (Wifo) bzw. 3,5 (IHS) sinken.

Zwar hat sich die Lage bei den Energiepreisen zuletzt etwas entspannt, allerdings sind die Preise für Lebensmittel und Dienstleistungen und Gastronomie in den ersten zwei Monaten stärker angestiegen als erwartet. "Die hohe Inflation macht mir Sorgen. weil es zu Verteilungskämpfen und Polarisierung sowie Schwächung der Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Wirtschaft kommt", sagt Wifo-Chef Gabriel Felbermayr.

Mäßigung bei Löhnen und Preise

Felbermayr ruft die Sozialpartner zur Mäßigung bei der Lohn-Preis-Politik auf. Um die Inflation nicht noch weiter anzuheizen, sei Zurückhaltung sowohl bei der Frühjahrslohnrunde als auch bei den Preisanpassungen vor allem im Lebensmittelhandel und im Dienstleistungssektor angebracht.

Mehr Wettbewerb

Die Politik wiederum müsse bei den Subventionen und Transferleistungen auf die Bremse steigen und stattdessen Investitionsanreize schaffen und für mehr Wettbewerb sorgen. Zu wenig Wettbewerb ortet der Ökonom etwa im Lebensmittelhandel, im Energiebereich, Luftverkehr oder im Transportwesen.  Ab März sollte es aber eine Entspannung an der Preisfront geben.

Robuster Arbeitsmarkt

Günstiger als erwartet entwickelt sich die Lage am Arbeitsmarkt. Die Konjunkturdelle zu Jahresbeginn dürfte kaum Spuren hinterlassen und in den nächsten Monaten nur zu einem leichten Anstieg der Arbeitslosigkeit führen. Allerdings wird auch die Zahl der offenen Stellen zurückgehen. Schon 2024 gibt es mit der anziehenden Konjunktur wieder einen Aufschwung.

Hohe KV-Abschlüsse zu erwarten

Die Personalknappheit spielt derzeit auch eine Rolle bei den Gehaltsabschlüssen, die von hohen Forderungen der Arbeitnehmerseite geprägt sind. Das Problem ist aus Sicht der Ökonomen die den KV-Verhandlungen zugrundeliegende Rückschau auf die Inflationsrate der vergangenen 12 Monate, was derzeit zwangsläufig zu höheren Lohnabschlüssen führt. "

Das gibt der Arbeitsmarkt auch her", so Felbermayr, der es für "illusorisch" hält, dass hier Lohnzurückhaltung geübt werde. "Damit die Löhne und Preise nicht weiter steigern, ist nun die Sozialpartnerschaft gefordert". Diese sollten "innovative Lösungen" zur Inflationsbekämpfung ausarbeiten, ansonsten leide die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Wirtschaft. Wegen der Basiseffekte sollte die Inflation aber schon in den nächsten Wochen auch in Österreich wieder sinken.

Hohe Inflation: Ökonomen fordern Mäßigung bei Löhnen und Preisen

IHS-Chef Klaus Neusser

Wegen der hohen Inflation wachsen die Steuereinnahmen 2023 ähnlich kräftig wie das nominelle BIP. Da die Staatsausgaben nicht im gleichen Ausmaß zulegen, sinkt die Defizitquote 2023 laut Wifo-Prognose deutlich auf 1,8 Prozent des BIP.

Neusser: Aussichten gar nicht so schlecht

Noch IHS-Chef Klaus Neusser zeigt sich optimistischer als Felbermayr. "Die Aussichten sind gar nicht so schlecht", sagt er. Er verweist darauf, dass die Wirtschaft im Vorjahr durch Nachzieheffekte überdurchschnittlich gewachsen sei. "Wir schwenken jetzt auf einen neuen Wachstumspfad ein".

Bei der Inflationsbekämpfung setzt Neusser vor allem auf die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Er plädiert aber auch für mehr Wettbewerb statt Protektionismus. Ansonsten könne es "hohe Inflation und hohe Zinsen" geben. Sich allein auf die Geldpolitik zu verlassen sei "naiv" meint hingegen Felbermayr.

Unsicherheiten

Die Prognosen sind mit hohen Unsicherheiten behaftet, geben die Ökonomen zu bedenken, wobei die Abwärtsrisiken weiterhin dominieren. "Das größte Risiko dürfte gegenwärtig von der hartnäckigen Inflation ausgehen. Zu deren Bekämpfung könnte eine noch stärkere Straffung der Geldpolitik notwendig werden. Dies würde die Konjunktur dämpfen und die Risiken für die Stabilität der Finanzmärkte erhöhen", heißt es beim IHS.

Kommentare