Auch Essenslieferanten kämpfen um Kundschaft
Minus 64 Prozent. So weit ging es für die Aktie der niederländischen Lieferando-Mutter Just Eat Takeaway seit Jahresbeginn (YTD) bergab. Der deutsche Mitbewerber Delivery Hero steht, was die Börsenwerte angeht, nur unwesentlich besser da: Hier stehen 50 Prozent nach dem Minus YTD, fast genauso hoch ist das Minus mit 52 Prozent beim weiteren Mitbewerber, dem britischen Deliveroo.
Die Ergebnisse der Lieferdienste sehen ähnlich düster aus. Anfang August meldete der Branchenriese Just Eat Takeway einen Verlust von rund 3,5 Milliarden Euro für das erste Halbjahr 2022 – nach einem Minus von 486 Millionen Euro im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Die Lieferando-Mutter musste eine Abschreibung der US-Tochter Grubhub vornehmen – Just eat Takeaway will seine US-Tochter mittlerweile auch schon wieder loswerden. Gesunken sind bei Just eat Takeaway auch die Bestellungen, nämlich von 547 Millionen im Vorjahreszeitraum auf 510 Millionen im ersten Halbjahr dieses Jahres.
Genau das ist den Essenszustellern gemein: Die Inflation setzt ihnen zu. Denn weniger Geld im Börserl für die Menschen bedeutet weniger Geld für Luxus wie Essenslieferungen. Mitte Juli musste auch der britische Lieferdienst Deliveroo seine Jahresziele zusammenstreichen. Und Konsequenzen ziehen: Zuletzt hatte das Unternehmen etwa auch angekündigt, sich aus dem niederländischen Markt wieder zurückziehen zu wollen. Auch Deliveroo begründet die schwächere Entwicklung im Geschäft mit der Inflation.
Keine Regel aber ohne Ausnahme. Denn der deutsche Essenslieferdienst Delivery Hero legte zuletzt gute Zahlen vor. Der Umsatz stieg im zweiten Quartal um 38 Prozent auf 2,1 Milliarden Euro, im Mai und Juni erreichte die Firma die Gewinnschwelle. Die Gewinnmarge hat sich gegenüber dem Bruttowarenwert um 0,4 Prozentpunkte im ersten Halbjahr auf minus 1,6 Prozent verbessert. Profitiert hat Delivery Hero offenbar davon, dass die gesamte Branche die Marketingausgaben zurückfahren musste, wie das Handelsblatt berichtete.
Auch Delivery Hero hat damit die Ausgaben für das Neukundengeschäft reduziert, ohne Marktanteile zu verlieren. Auch Delivery Hero hat damit also ein langsameres Wachstumstempo. Das war allerdings angekündigt – denn nach den starken Kursverlusten vor allem zu Jahresbeginn hat das Management bereits in Aussicht gestellt, künftig auf Profitabilität anstelle von Wachstum zu setzen. Damit soll noch im laufenden Quartal operativ und bereinigt die Gewinnschwelle erreicht werden. Allerdings soll angesichts der hohen Inflation und der weltweiten Wirtschaftsschwäche wie erwartet das Wachstum schwächer ausfallen, teilte das Unternehmen am Dienstag mit.
Auswirkungen hat das nachlassende Geschäft plus gestiegene Betriebskosten für die Lieferdienste mitunter auch auf die Gebühren für Restaurants. Just Eat Takeaway hat die erst vor wenigen Monaten erstmals nach mehreren Jahren erhöht, wie der Essenslieferdienst gegenüber Reuters bestätigte. Hier seien sogenannte Marketplace-Restaurants betroffen, so das Unternehmen auf Anfrage der Apa. Bei solchen Bestellungen ist Just Eat Takeaway Vermittler zwischen Kunden und Restaurants und bekommt dafür Provisionen. Restaurants, für die Lieferando die Auslieferungen durchführt, seien nicht betroffen.
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