Das Erfolgsmodell der "Zeit"

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"Zeit"-Geschäftsführer Rainer Esser erklärt den erfolgreichen Weg der Wochenzeitung: "Wir haben kräftig investiert."

Von Sonntag, 5. Mai, bis Dienstag, 7. Mai fand in Wien der European Newspaper Congress statt. Veranstaltet wurde der Kongress vom Medienfachverlag Oberauer in Kooperation mit Zeitungsdesigner Norbert Küpper.

Auf dem Programm standen auch Fachgespräche über Gegenwart und Zukunft der Medien. KURIER-Chefredakteur Helmut Brandstätter diskutierte am Montag über "Digitale Transformation". Rainer Esser präsentierte am Dienstag das Erfolgsmodell der Zeit. Der Geschäftsführer der deutschen Wochenzeitung im Interview:

KURIER: Seit Jahren wird über die Zeitungskrise debattiert. Wie schätzen Sie den Stand der Dinge ein – zeichnen sich langsam allgemeingültige Lösungsansätze ab?

Rainer Esser: Zum Erfolg gehört sicherlich, redaktionell und verlegerisch ständig und zügig Neues anzupacken, an einem ausdrucksstarken Layout mit guten Fotos und Infografiken zu arbeiten und das journalistische Handwerk wieder ins Zentrum zu rücken. Sparen ist wichtig, aber gleichzeitig auch Investitionen in neues, insbesondere digitales Geschäft. Das ist uns im Zeitverlag ordentlich gelungen. Wir haben heute die höchste verkaufte Auflage und Reichweite und auch den höchsten Umsatz. Unser Ziel ist es, dass wir weiterwachsen.

Haben Sie gehandelt, anstatt zu jammern?
Wir haben viel Neues auf den Weg gebracht mit einer Redaktion, die höchst glaubwürdig und qualitätsbewusst ist. Im Zeitalter schneller Nachrichten suchen unsere Leser zuverlässige Hintergrundinformationen, Einordnung von politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Themen und neue Denkanstöße, die sie immer wieder überraschen, unterhalten und erfreuen. Das bietet Die Zeit wie kaum eine andere Publikation. Ein weiterer Grund ist: Wir ruhen uns nie aus, sondern versuchen fortwährend besser zu werden und unseren Lesern immer mehr zu bieten.

Sie erklären den Erfolg u. a. mit der Etablierung zahlreicher Nebenprodukte. Können Sie die Vorteile dieser Strategie kurz erklären?
Wenn Sie Ihrer Zielgruppe mit zusätzlichen Produkten und Dienstleistungen Freude machen, dann erhöht dies die Treue zur Marke generell. Hinzu kommen zusätzliche Erlöse und Gewinne. Sie sind weniger konjunkturanfällig und können crossmediale Angebote schnüren. Wir haben in den letzten zehn Jahren das Angebot rund um Die Zeit ausgebaut. Das zahlt sich aus. Vor allem passt alles zur Marke und wir machen Die Zeit, unsere Autoren und ihre Kompetenz somit umfassend erlebbar.

Hat es sich auch als vorteilhaft erwiesen, dass Sie Print und Online als unterschiedliche Produkte verstehen – und entsprechend unterschiedlich aufgestellt haben?
Die Zeit bietet mit ihren ausführlichen Analysen guten Hintergrund zu den aktuellen Geschehnissen, während Zeit Online die User mit aktuellen Nachrichten versorgt. Die beiden Angebote ergänzen sich also wunderbar. Wir haben zwei Redaktionen, die sich aber eng austauschen, und sowohl Zeit-Redakteure schreiben für Zeit Online als auch umgekehrt.

Wie wichtig ist es, auch – oder gerade – in schwierigen Zeiten wie diesen auf Qualität zu setzen?
Das redaktionelle Handwerk, Neugier, genaue Recherche, originelle Ideen, gute Schreibe und ein ausdruckstarkes Design gehören ins Zentrum. Das ist Voraussetzung für Qualität, und nur mit Qualität können wir unsere Leser begeistern und an uns binden. Deshalb haben wir in Redaktion und Verlag in den letzten Jahren auch kräftig investiert.

Es gibt einen Österreich-Teil der "Zeit". Wie zufrieden sind Sie mit dessen Entwicklung? Planen Sie eine Erweiterung?
Wir freuen uns sehr über die Entwicklung in Österreich. Momentan liegen wir bei rund 20.000 verkauften Exemplaren – angefangen haben wir vor rund acht Jahren mit 11.000. Unser Redaktionsleiter Joachim Riedl trifft die Interessen seiner Leser ausgezeichnet. Er hat seine Berichterstattung deshalb auch bereits in den letzten Jahren von zwei auf drei Seiten erweitert. Hinzu treten eine Reihe eigener Zeit-Titel mit besonderer Relevanz in Österreich und zu besonderen Anlässen auch ein eigenes Österreich-Buch. Die Österreichseiten der Zeit werden auch sehr gut gebucht von regionalen Kunden – unser Anzeigenrepräsentant ist Magister Pelzel –, die mit ihren Anzeigen eine sehr qualifizierte Leserschaft erreichen wollen.

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