Wenn Demütigung System wird

Tom Schilling und Nora von Waldstätten gelingt das Beziehungsdrama glaubwürdig (Arte, 22.40 Uhr)
Zum 200. Geburtstag von Georg Büchner zeigt Arte eine TV-Verfilmung des Dramas

Sein Drama „Woyzeck“ berichtet darüber, was Unterdrückung und Machtlosigkeit mit Menschen anrichten kann. Es ist, 177 Jahre nach seiner Entstehung, einer der gültigsten Befunde über die Auswirkungen systematischer Demütigung und gehört heute noch zu den meist gespielten Dramen der deutschen Literatur.

Am 17. Oktober vor 200 Jahren kam „Woyzeck“-Autor Georg Büchner zur Welt. Er starb am 19. Februar 1837 mit nur 23 Jahren.

Adaptiert

Arte zeigt heute um 22.40 Uhr eine Verfilmung des Fragments „Woyzeck“, das Regisseur und Drehbuchautor Nuran David Calis zeitgenössisch adaptiert hat. Es ist nach Frank Wedekinds „Frühlings Erwachen“ Calis zweiter Theaterfilm mit herausragender Besetzung: Tom Schilling, bekannt aus dem Film „Oh Boy“, ist als Woyzeck, Nora von Waldstätten als Marie und Simon Kirsch als Tambourmajor zu sehen.

Calis versetzt das Stück nach Berlin-Wedding, in dem Deutsche in der Minderheit sind. Sein Antiheld Woyzeck verliert als deutscher Underdog erst seine materielle Existenz und dann seine Frau und seine Freunde.

Mittellos lebt er mit seiner Freundin Marie und dem unehelichen Kind in einer kleinen Wohnung. Er tut alles, um sich seine Lebensgrundlage zurückzuerarbeiten.

In seiner Verzweiflung nimmt er an einer ominösen medizinischen Studie teil, bei der er undefinierbare Pillen schlucken muss, die ihm Wahnvorstellungen, Halluzinationen und vorübergehende Impotenz bescheren.

Durch den Druck, schnell viel Geld verdienen zu müssen, vernachlässigt er Marie. Woyzeck ahnt, dass sie ihm nicht treu ist, und vergräbt sich immer mehr in seiner Arbeit. Seine Situation verschlimmert sich. Am letzten Tag der medizinischen Studie eskaliert die Situation.

Verunsichert

Tom Schilling spielt diesen traurigen Underdog als extrem verunsicherte Persönlichkeit. Gezeichnet wankt er durch die Straßen Berlins. Nuran David Calis macht „Woyzeck“ zum Sinnbild einer deutschen Identitätskrise. Schilling und Waldstätten gelingt das Beziehungsdrama glaubwürdig.

Nicht zuletzt dank der klaren thematischen Zuspitzung auf die sozialen Gräben in Deutschland 2013 kann der Film von Nuran David Calis überzeugen.

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