US-Medienfront gegen Ed Snowden

US-Medienfront gegen Ed Snowden
In der Affäre um NSA-Aufdecker Edward Snowden verhalten sich die US-Medien erstaunlich regierungsfreundlich. Die Causa wird von leitenden Journalisten unverblümt diskreditiert.

Es gibt sie noch, die tief greifenden Unterschiede zwischen Europa und USA. Wie schon im letzten Irak-Krieg, wo die amerikanischen Medien dem Schmäh der eigenen Regierung aufsaßen und für einen Feldzug hetzten, der sich als moralische wie militärische Pleite entpuppte, geht es jetzt mit ähnlicher Verve gegen den NSA-Aufdecker Edward Snowden. Dieser wird in renommierten US–Zeitungen schlicht als Verräter dargestellt, das „Leaken“ von Geheimnissen als Verbrechen.

Heimat der Aufdecker

Wiewohl der Aufdeckerjournalismus in den USA mit Watergate und Co. eine prominente Heimat hatte, scheint sich das Blatt wieder einmal in Richtung Aufklärungsfeindlichkeit zu wenden.
Die Wut richtet sich nämlich nicht gegen den überbordenden Überwachungsapparat, der nach den Enthüllungen nur nach dem Richter schreit und internationale Drohungen ausstößt, sondern gegen die Überbringer der missliebigen Nachricht.

Ein Beispiel ist die Washington Post, die seinerzeit mit der Watergate Affäre Schlagzeilen machte. Dort verstieg sich jüngst Kolumnist Walter Pincus zur Aussage, dass die Enthüllungen in Wahrheit von der umstrittenen Aufdeckerplattform Wikileaks gesteuert seien. Die Indizien, die er dafür ins Treffen führte, erwiesen sich allesamt als falsch. Die "Post" musste den Kommentar in ihrer Onlineausgabe in ganzen drei Absätzen korrigieren. Für ein vormaliges Qualitätsmedium ein Bauchfleck sondergleichen.

"Mitläufer"

An anderer Stelle forderte die Washington Post, die Leaks müssten endlich aufhören – ausgerechnet die "Post", müsste man eigentlich schreiben: Denn ironischerweise galt sie selbst bisher als eines der wichtigsten Aufdeckermedien der USA. Von einem "Gleichschritt der Mitläufer" schreibt der deutsche Spiegel in seiner Onlineausgabe nicht ganz unpassend.

Auch der New York Times-Journalist und TV-Moderator (CNBC), Andrew Ross Sorkin, wütete nicht nur gegen Snowden, sondern auch gleich gegen den Guardian-Journalisten Glenn Greenwald, an den sich Snowden neben zwei anderen Journalisten vertrauensvoll gewandt hatte. „Ich würde ihn (Snowden, Anm.) und mittlerweile fast auch Glenn Greenwald einsperren“, schäumte er. Dieser würde versuchen, Snowden die Flucht nach Ecuador zu ermöglichen, schimpfte Sorkin. Später entschuldigte er sich für die Äußerung.

"Warum nicht Sie?"

In der Fernsehstation NBC wiederum lud Moderator David Gregory den Guardian-Schreiber zum Interview und konfrontierte ihn dort mit schweren Vorwürfen. "Bei allem, womit sie Snowden Hilfe und Beihilfe geleistet haben,... Warum sollten Sie nicht angeklagt werden?"

Auch der Guardian selbst, der durch die Enthüllungen und sein Video-Interview mit Snowden ein Erdbeben in der internationalen Medienszene verursacht hatte, steht mittlerweile als missliebiger Konkurrent im Fadenkreuz mancher US-Medien. Die Washington Post tut die Zeitung, deren Onlineportal weltweit expandiert (unter anderem in die USA) als kleinen Fisch aus Großbritannien ab, der seine eigene Agenda verfolge, die ohnehin etwas dubios sei, wie angedeutet wird: "Warum enthüllt eine in London sitzende Nachrichtenorganisation soviele Geheimnisse über die amerikanische Regierung?", schreibt die Zeitung mit vielsagendem Unterton.

Kritiker wie der Huffington Post-Blogger Jeff Cohen sehen bedenkliche Kämpfe von "Corporate" gegen "unabhängige" Medien wie Guardian und Co. Er stellte eine heikle Frage für ein Land, das stets große Stücke auf seine Pressefreiheit hält: „Wenn die US-Medien vom Staat kontrolliert würden, würden sie dann anders aussehen?“

Nicht alle US-Journalisten unterstützen die Linie ihrer Regierung in der Causa Snowden ohne Einschränkung. Das musste die Sprecherin des Außenministeriums, Jen Psaki, jüngst bei einer Pressekonferenz erleben. Dort wurde sie nach dem Auftritt Snowdens am Moskauer Flughafen von den anwesenden Reportern regelrecht gegrillt. Psaki versucht zu erklären, wieso die USA kritisieren, dass das Treffen des Whistleblowers mit Menschenrechtsorganisationen zustande kam. Die Journalisten nageln sie darauf fest, dass die USA in anderen Ländern stets die Redefreiheit propagieren und Snowden außerdem noch nicht verurteilt sei.

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