ORF: Ringen um die Definition von Kultur

APA7845556 - 11052012 - WIEN - ÖSTERREICH: THEMENBILD - Das Logo des ORF vor dem Haupteingang zum ORF-Zentrum am Wiener Küniglberg, aufgenommen am Freitag, 11. Mai 2012. APA-FOTO: GEORG HOCHMUTH
BKS: Zu Recht wird vom ORF "Kultur für alle" erwartet - aber nicht alles ist Kultur.

Was ist Kultur? Zählt der Villacher Fasching zum Kulturauftrag des ORF oder nicht? Der am Mittwoch veröffentlichte Bescheid des Bundeskommunikationssenats (BKS) zur ORF-Programmausgewogenheit offenbart das komplizierte Ringen um diese Begriffsdefinition. Während sich der ORF am Donnerstag in seiner Kultur-Definition bestätigt sah und sich in einer Aussendung darüber freute, dass der BKS den "von der KommAustria gewählten, engen und elitären Kulturbegriff verworfen" habe, hatten die Privatsender zuvor gemeint, dass der BKS der "extrem weiten" Auslegung nicht folgen konnte.

In dem der APA vorliegenden Bescheid heißt es dazu wörtlich: "Zu Recht weist der ORF darauf hin, dass von ihm 'Kultur für alle' erwartet werden darf, was aber eben andererseits nicht bedeutet, dass schon 'Alles Kultur' ist, was auch nur in irgendeiner Weise auf irgendeine menschliche Kultur zurückgeführt werden kann.“

Mittelpunkt der Kulturvermittlung

Nach Auffassung des BKS sprechen überzeugende Argumente "für eine nicht zu großzügige Auslegung des Begriffs Kultur, deren Vermittlung dem ORF als 'Mittelpunkt der Kulturvermittlung' aufgetragen ist." Der BKS folgt hier der Definition der Medienbehörde KommAustria, die unter Kultur insbesondere die Bereiche Malerei, Kunst, Musik, Theater, Oper, Literatur und Philosophie aber auch moderne Kunstformen wie Film und Fotografie versteht.

Anders als die Privatsender hat der BKS kein Problem damit, "wenn ein Film für sich in Anspruch nehmen kann, als Hollywood-Produktion eine Auszeichnung erlangt zu haben. Auch regionale Kultur und Brauchtum fallen nicht prinzipiell aus dem im ORF-Gesetz erwähnten 'Kulturbegriff' heraus.“

Klare Abgrenzung

Der BKS nimmt aber auch eine klare Abgrenzung vor: Es gebe keine Anhaltspunkte, dass etwa originelle Lustspiele, Comedy oder jegliche Darstellung der Liebes-, Alltags- und Stadtkultur als Erfüllung des "Kulturauftrags" anzusehen ist, heißt es in dem Bescheid. Auch populäre Musik, Karneval, Comedy zählen für den BKS nicht per se als Kultur. Ebensowenig seien - wie vom ORF in einem eigenen Gutachten vor dem BKS intendiert - Promi-Sendungen vom Begriff Kultur erfasst, auch wenn diese in der Oper aufgenommen wurden oder wenn Fernsehköche auf der Bühne des Musikvereins aufkochen.

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