Ö1-Sprecher warnen vor Kürzungen

Ö1-Sprecher warnen vor Kürzungen
Ö1-Mitarbeiter warnen mit einem YouTube-Video vor Kürzung von Sprecherdiensten. ORF-General Wrabetz hält dies für "unangemessen".

Mit dem YouTube-Video "SOS Ö1" warnen die Redakteure des ORF-Kultursenders Ö1 vor der Kürzung von Sprecherdiensten in der Nacht. Mit drastischen Worten protestieren die bekannten Stimmen und appellieren an Hörer und Chefs gleichermaßen. Mit dem Donauwalzer im Hintergrund sagt zum Beispiel Peter Waldenberger ("Diagonal"): "Österreich 1 seine Stimmen zu entziehen, ist ungefähr so wie uns Redakteuren die Stimmbänder abzuschneiden."

Auch etwas Sarkasmus ist dabei, wenn Peter Lachnit ("Diagonal") sagt: "Alles wird weniger – die Sendungsbudgets, die Zahl der bei Ö1 Beschäftigten, jetzt auch noch die Sprecherdienste. Aber es hat auch was Positives: In der Kantine bekommt man immer leichter einen Platz".

Wrabetz lässt disziplinäre Schritte prüfen

Ö1-Sprecher warnen vor Kürzungen
Der öffentliche Protest beschäftigte am Donnerstag auch den ORF-Stiftungsrat. ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz zeigte sich jedenfalls über das Vorgehen der Mitarbeiter, die ein Protestvideo veröffentlicht hatten, empört. Er halte den Protest für "unangemessen". Der ORF-Personalchef solle nun disziplinäre Schritte prüfen, sagte Wrabetz am Rande der Sitzung. Es handle es sich bei den Einsparungen um 35.000 Euro jährlich, das seien 0,1 Prozent des Ö1-Jahresbudgets, so Wrabetz am Rande des ORF-Stiftungsrates. Dort wurden jene Einsparungen vorgestellt, die der ORF plant, sollte die Fortsetzung der Gebührenrefundierung nicht kommen. 76 Millionen Euro müssten demnach im nächsten Jahr gespart werden, 20 Millionen davon im Bereich Personal, 20 weitere aus Einsparungen bei österreichischen Produktionen.

Denkbar wäre, dass das Radio-Symphonieorchester billiger aufgestellt und das Radiokulturhaus geschlossen wird. Der Stiftungsrat will die Bemühungen der Geschäftsführung um eine Verlängerung der Gebührenrefundierung unterstützen. Eine entsprechende Resolution wurde mit 70 Prozent beschlossen.

Verständnis für die Proteste gab es hingegen von Zentralbetriebsratsobmann Gerhard Moser, der meinte, man könne nicht früh genug aufschreien.

Nachtprogramme nicht mehr live

Die Protestaktion der Ö1-Sprecher wendet sich in einem dazu veröffentlichten Text insbesondere gegen eine Streichung von Nachtdiensten ab Mai 2013. "Die Opern- bzw. Klassiknacht wird dann - zunächst nur am Montag - nicht mehr live moderiert werden. Das bedeutet nicht nur eine massive Einkommenseinbuße für die Sprecher und Sprecherinnen, die als Freie Mitarbeiter ohnehin zu den prekär Beschäftigten des ORF gehören. Es bedeutet auch, dass die Hörerinnen und Hörer nicht mehr live durch die Nacht begleitet werden. Die Ö1-Nachrichten werden in der Nacht durch Ö3-Nachrichten ersetzt," heißt es in dem Text.

Die Ö1-Sprecher sehen dadurch den direkten Kontakt zu den Hörern gefährdet: "Bis dato war Ö1 einer der wenigen Sender, die in der Nacht live für das Publikum da waren. Anstatt die Honorare der Freien Sprecher auf ein faires Mindestmaß zu erhöhen (wie seit langem von den Freien Mitarbeitern gefordert), beschließt die Geschäftsführung Dienste zu streichen".

In dem Video wird auch die Rolle von Ö1 als wichtiger Teil der Kulturnation Österreich, als die sie sich selbst definiere, betont. Der Text schließt mit den Worten: "Wenn die Geschäftsführung weiterhin in dieser Form am Programm spart, wird es Ö1 in seiner jetzigen Form bald nicht mehr geben können. SOS Ö1".

Moser: Verwunderung "hanebüchen"

"Man kann über Formen des Protestes von Mitarbeitern des ORF meinetwegen geteilter Meinung sein. Aber dass sich sowohl mehrere Stiftungsräte als auch die Geschäftsführung verwundert zeigen, dass es zu Protesten kommt, ist gelinde gesagt hanebüchen", so Zentralbetriebsratsobmann Moser zur APA. Die Einsparung von Sprecherdiensten in der Nacht bedeute Einkommenseinbußen und zwar für Mitarbeiter, die ohnehin alles andere als gut bestallt sind, und deren Beschäftigungsverhältnisse auch rechtlich prekär sind. Laut Wrabetz handle es sich bei diesen Einsparungen um 35.000 Euro jährlich, das seien 0,01 Prozent des Ö1-Jahresbudgets.

Moser betonte indes, dass die Belegschaft von Ö1 sowie die gesamte ORF-Belegschaft - Freie Mitarbeiter ebenso wie Angestellte - seit langem gegen den massiven Sparkurs im ORF protestieren. "Dass es bei Fortsetzung dieses Kurses und der nach wie vor ungeklärten Frage der Gebührenrefundierungen ab 2014 auch zu einer Beschädigung des Informations- und Kultursenders Ö1 kommen kann, ist leider nicht von der Hand zu weisen, und daher kann man gar nicht früh genug aufschreien."

INFO: Weitere Informationen zur Situation von Ö1 und den Freien Mitarbeitern des ORF:
http://orffm.wordpress.com/
http://petition.rettet-das-funkhaus.at/
http://oe1.orf.at/

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