Das Erfolgsrezept von "Buzzfeed"

Das Erfolgsrezept von "Buzzfeed"
7. Geburtstag: Die Webseite "Buzzfeed" macht bunten, skurrilen Journalismus und hat damit Erfolg.

23 Gründe, warum Essen gehen echt stressig ist“, Witze aus der Fernsehserie „Die Simpsons“, dazu der Zank zwischen US-Demokraten und Republikanern, Wirtschaftsberichte und eine Liste der „29 Fehler, die du mindestens einmal im Leben machen wirst“ (Nummer 27: „Dich aus deiner Wohnung aussperren“). So sieht die Webseite Buzzfeed aus. Sie begann als Anlaufpunkt für Sammlungen niedlicher Katzenbilder, die sich wie ein Lauffeuer durchs Internet verbreiteten. Inzwischen treibt Buzzfeed den Einstieg in den seriösen Journalismus immer nachdrücklicher voran. Mit ihrer Mischung aus Bildersammlungen, Listen und Exklusivnachrichten hat die Online-Plattform ein erstaunliches Publikum erobert.

„Wir haben mit den Katzen und den Netzkulturzeugs begonnen, weil das die jüngere Generation der Nachrichtenkonsumenten anspricht“, sagte „Buzzfeed“-Chef Jon Steinberg dem TV-Sender CNBC. Inzwischen beschäftigt das Portal mehrere Investigativ-Journalisten und Politikreporter, die teils von renommierten und alteingesessenen Zeitungen herübergewechselt sind.

„Der Journalismus ist nicht tot“

Die frühere Moskau-Korrespondentin des britischen Guardian, Miriam Elder, ist beispielsweise für Außen- und Sicherheitspolitik zuständig. Sogar Auslandskorrespondenten leistet sich das Portal: Max Seddon, früher Reporter der US-Nachrichtenagentur AP, berichtet seit dem Sommer für Buzzfeed aus Moskau. Chefredakteur ist seit 2011 Ben Smith, der zuvor für die Politik-Webseite Politico arbeitete. Unter seiner Regie wurde Buzzfeed von einer witzig-bunten Zeitvertreib-Webseite für gelangweilte Studenten zu einer ernst genommenen Nachrichtenseite; auch dank der Hilfe von Dutzenden Mitarbeitern, die neben dem Schreiben auch fleißig twittern.

„Der Journalismus ist nicht tot“, ist Chef Steinberg überzeugt. „Er braucht nur einen Neustart.“ Dafür setzt Buzzfeed auf Inhalte, die die Leser unbedingt ihren Freunden auf Facebook, Twitter, oder per E-Mail zeigen wollen. Gründer Jonah Peretti nennt es das „Bored at work network“: Meist junge Menschen, die während der Arbeit gelangweilt durchs Netz surfen. Als Student am Massachusetts Institute of Technology erforschte der heute 39-Jährige, warum Menschen auf Internet-Links klicken und diese mit ihren Freunden teilen. Heute setzt Peretti diese Theorien mit großem Erfolg in die Praxis um - zunächst bei der Huffington Post, bevor er 2006 Buzzfeed gründete.

85 Millionen Menschen pro Monat

So kommt es, dass Nachrichten wie der Atomstreit mit dem Iran schon einmal anhand von Szenen aus dem Reality-TV Format „Real Housewives“ erklärt werden. Und es gibt Listen, Listen und noch mehr Listen („Die 19 ironischsten Fakten aller Zeiten“ zum Beispiel).
Das Rezept hat Erfolg: 85 Millionen Menschen besuchten nach Angaben von Buzzfeed im August 2013 die Webseite - drei Mal so viele wie noch ein Jahr zuvor. Längst gehört das Onlineportal zu den 100 am häufigsten angeklickten Webseiten der USA, 300 Menschen arbeiten im Büro der Online-Plattform im New Yorker Stadtteil Manhattan. Die Seite macht eigenen Angaben zufolge in einer Zeit, in der viele Medien über finanzielle Schwierigkeiten klagen, Gewinn - wieviel, das wollen die Buzzfeed-Macher allerdings nicht sagen.

„Sie haben es geschafft, sehr viel Aufmerksamkeit zu bekommen“, sagt Caroline O'Donovoan, die an der Harvard-Universität über Journalismus forscht. „Es funktioniert für Buzzfeed und viele andere wollen jetzt etwas von dieser Magie abhaben.“ Andere Webseiten versuchen sich in ähnlichen Aufmachungen, sogar die renommierte „Washington Post“ betitelte ein Erklärstück mit „Die neun Fragen zu Syrien, die Ihnen peinlich sind“. Die Zeitung gründete jüngst das Portal „Know More“, das ebenfalls bunt an Themen herangehen soll.

Europäische Ableger

Auch in Großbritannien ist Buzzfeed bereits aktiv. Gerade kündigten die Macher französische, spanische und portugiesische Versionen mit von Lesern übersetzten Inhalten an. Ob auch ein deutscher Ableger geplant sei, dazu wollte Buzzfeed sich gegenüber der Nachrichtenagentur dpa zunächst nicht festlegen.

Geld macht die Seite vor allem mit von Firmen gesponserten Artikeln. So platzieren Frauenzeitschriften Texte über die besten Anmachsprüche oder Fluglinien Artikel über schöne Reiseziele. Die Artikel sind zwar gekennzeichnet, unterscheiden sich sonst aber wenig von dem Rest der Buzzfeed-Geschichten. Für Kritiker ist dies eine Verletzung journalistischer Standards.

Man dürfe Buzzfeed vielleicht gar nicht mit alteingesessenen Medien vergleichen, sagt Journalismus-Expertin O'Donovan. „Das Ziel der Seite war immer, etwas aufzubauen, was sich schnell verbreitet“, sagt sie. Diese Welle ziehe auch die seriösen Inhalte mit. „Alles, was die Menschen dazu bringt, sich Nachrichten anzusehen, ist erstrebenswert.“

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