Höchstgericht: ORF zeigt zuviel Unterhaltung und zuwenig Kultur

Höchstgericht: ORF zeigt zuviel Unterhaltung und zuwenig Kultur
Beschwerde der Privatsender wurde rechtgegeben.

Der ORF hat vor dem Verwaltungsgerichtshof (VwGH) eine empfindliche Schlappe einstecken müssen. Wie das Gericht am Mittwoch in einer Urteilsveröffentlichung festhielt, zeigte der Öffentlich-Rechtliche im Jahr 2011 zuviel Unterhaltung und zuwenig Kultur. Der Verband Österreichischer Privatsender (VÖP) hatte dies in einer Beschwerde bei der Medienbehörde kritisiert. Der ORF berief dagegen - letztlich erfolglos, wie sich am Mittwoch zeigte.

Ungleichgewicht

Die Privatsender hatten den Zeitraum von Jänner bis Ende August 2011 untersucht und die Anteile von Information, Kultur und Sport miteinander verglichen und stellte ein Ungleichgewicht fest. Der VwGH gab dem VÖP nun recht: "Im strittigen Zeitraum war die Kategorie Unterhaltung im gesamten Fernsehprogramm des ORF mit etwa 52% fast um ein 18-faches mehr vertreten als die Kategorie Kultur, die nur etwa 3% ausmachte." Fazit: "Ein derartiges Ungleichgewicht von Unterhaltung und Kultur im Fernsehprogramm des ORF entsprach nicht dem Gesetz."

Vollprogramm

Der ORF setzte sich hingegen in einem heiklen Punkt dieses Verfahrens durch: Die Privaten hatten argumentiert, ORFeins und ORF2 seien wegen der mangelnden Gewichtung der Kategorien nicht als Vollprogramme anzusehen. Der VwGH schloss sich dieser Rechtsmeinung nicht an.

Verstoß

Zufrieden zeigte sich über das Urteil der VÖP-Vorstandsvorsitzende und Styria-Vorstand Klaus Schweighofer: Der ORF habe auch aus Sicht des VfGH gegen "eines der Grundprinzipien des öffentlich-rechtlichen Programmauftrags verstoßen". Diese Klarstellung durch den VwGH sei insofern wichtig, "da die von der KommAustria festgelegten quantitativen Grenzen der Anteile der einzelnen Programmbestandteile auch für die Zukunft verbindlich sind." Ihre Einhaltung kann von der Medienbehörde überprüft werden.

ORF: Private gescheitert

Im ORF erklärte man am Mittwoch, dass das VwGH-Erkenntnis einen BKS-Bescheid bestätige, mit dem der Beschwerde der Privatsender großteils eine Absage erteilt wurde. „Damit ist ein weiterer Versuch der kommerziellen Mitbewerber gescheitert, gegen den ORF mit juristischen Mitteln zu punkten, was sie im Programm angesichts der hohen Qualität und Publikumsakzeptanz der ORF-Angebote nicht schaffen“, hieß es einer ORF-Stellungnahme.

Der VwGH verwerfe darüber hinaus in seinem Erkenntnis erneut die ursprüngliche Annahme, bei der Beurteilung der Ausgewogenheit der ORF-Programme seien einzelne Kanäle und nicht das Gesamtprogramm zu betrachten. Bestätigt werde auch, dass eine besondere Pflicht zu bestimmten Programmanteilen erst durch die ORF-Gesetzesnovelle 2010 eingeführt wurde und der ORF bis zu diesem Zeitpunkt seinen Programmauftrag erfüllt habe. Ein unausgewogenes Verhältnis in der Programmierung wurde demnach nur für den Zeitraum Jänner bis August 2011 gesehen, so der ORF. Seit Ausstrahlungsbeginn von ORF III und ORF Sport + sei dem „ORF-Gesetz jedenfalls auch diesbezüglich vollständig Rechnung getragen“.

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