Google droht mit Einstellung von Google News
Dass die österreichischen Medien künftig im Internet gegen die Gratis-Verwendung ihrer Inhalte eine gesetzliche Handhabe bekommen sollen, sorgt für einen eskalierenden Konflikt mit dem US-Internetkonzern Google.
Google drohte in einem Schreiben an die heimischen Zeitungsverleger damit, seinen News-Dienst in Österreich einzustellen und Medieninhalte „potenziell“ auch aus den regulären Suchergebnissen auszublenden. Das neue Gesetz könnte „schwerwiegende Folgen für das gesamte Internet in Österreich“ haben, hieß es.
Die Zeitungen verwehrten sich dagegen und betonten, sich nicht von Google „einschüchtern“ zu lassen. „Googles Aussagen sind ein weiterer Beleg dafür, dass der Konzern Verlagen nicht auf Augenhöhe begegnen will, sondern Medien will, die sich seinem Geschäftsmodell willenlos unterwerfen“, sagte Gerald Grünberger, Geschäftsführer des Verbandes Österreichischer Zeitungen (VÖZ).
Abgeltung
Der Newsdienst, in Österreich unter news.google.at abrufbar, ist eine gezielte Suchplattform speziell für Medieninhalte.
Die Zeitungsverleger stoßen sich u.a. daran, dass Google beim Aufruf der Seite eine Zusammenfassung der aktuellen Nachrichten anbietet und dass in den Suchergebnissen Textausschnitte aus den jeweiligen Artikeln angezeigt werden. Sie wollen gesetzliche Handhabe dafür, mit Google über monetäre Abgeltung verhandeln zu können. Diese Möglichkeit zur Lizenzierung ist unter dem Titel Leistungsschutzrecht in der Urheberrechtsreform, die noch vor dem Sommer beschlossen werden soll, vorgesehen.
Google verweist hingegen auf die „Freiheit des Internets“, die durch das Leistungsschutzrecht gefährdet sei. Der Dienst, so wird betont, bringt den Medien zahllose Zugriffe; und es ist für jedes einzelne Medium technisch leicht möglich, sich aus dem Index von Google News streichen zu lassen.
Der Konflikt um Vergütungen für den Newsdienst folgt einem Muster, das aus anderen Ländern bereits bekannt ist: Auch Deutschland und Spanien haben Gesetze eingeführt, mit denen Medien Geld für von Google verwendete Textausschnitte verlangen konnten. Google hat nach dem selben Muster reagiert; in Spanien wurde der News-Dienst daraufhin eingestellt. „Seitdem erhalten die Seiten von Verlagen dort deutlich weniger Internet-Traffic“, betont Google.
„Steuerfrei“
Dem Konzern würde „kein Stein aus der Krone fallen, wenn er jene an seinen Einnahmen beteiligt, die ihm die professionellen Inhalte für seine Suchergebnisse liefern“, sagte Grünberger. „Auch mit dem Leistungsschutzrecht wird Google stolze Einnahmen aus Österreich nahezu steuerfrei ins Silicon Valley transferieren können.“
Ein Goliath nimmt wieder die Leidensposition ein: Google sieht durch das Leistungsschutzrecht die Freiheit des Internets bedroht und würde daraufhin, anstatt etwas für Inhalte zu bezahlen, keine andere Möglichkeit sehen, als den News-Dienst einzustellen und die Medien überhaupt aus der Suche zu entfernen. Welch Chuzpe. Google will also bestimmen, welche Gesetze in Österreich beschlossen werden und was deren Inhalt ist. Das geht nicht, das kann man sich nicht gefallen lassen.
Es geht beim Leistungsschutzrecht nicht darum, die Architektur des Internets zu verändern; das ist grobschlächtiges Lobbying, auf das bereitwilligst hereingefallen wird, so lange es nur gegen die „Lügenpresse“ geht. Es geht darum, dass Google beim News-Dienst jene Inhalte für seine Zwecke verwendet, von denen die Medien und die Medienschaffenden leben. Nein, Google schaltet dazu keine Werbung. Aber Google will wissen, was seine Benutzer interessiert. Das sieht man beim Medienkonsum so deutlich wie kaum wo sonst: Hier gibt es wertvolle Daten abzusaugen, ohne mühsamen und teuren redaktionellen Aufwand.
Deshalb gibt es Google News, und die Medien sind hier weder Bittsteller noch Google-Zulieferer. Dass Medien von Google News viele Zugriffe bekommen, ist klar. Dass es kurzfristig ein ordentlicher Schaden für die Medien wäre, wenn der Dienst eingestellt würde, auch. Dass Medien sich nicht einzeln aus dem Index herausnehmen, ebenso. Denn damit würde man gegenüber der Medienkonkurrenz ins Hintertreffen geraten.
Dass es aber nicht das Ziel einer Gesellschaft sein kann, von einem internationalen Konzern bestimmen zu lassen, welche Inhalte zu lesen, zu finden sind, ist auch offensichtlich. Die Medien – nicht nur die österreichischen – haben Jahrhunderte lang dafür gekämpft, frei zu sein. Da darf man auch nicht aus wirtschaftlichen Gründen neue Abhängigkeiten akzeptieren. Mit dem Motto "Don't be evil" ist Google einst angetreten. Dazu gehört auch, Gesetze zu akzeptieren und zu befolgen.
Nach einer jahrelangen Polit-Diskussion war es plötzlich ganz eilig: Anfang Juni wurde ein Ministerialvorschlag zur Urheberrechtsreform vorgelegt; bereits am Freitag endete nun, nach sieben Werktagen, die Begutachtungsfrist.
Ein Umstand, der vom Oberlandesgericht (OLG) Wien auch vehement kritisiert wird: Die kurze Begutachtungsfrist sei „unzumutbar“, insbesondere, weil „ein besonderer Zeitdruck, diese Novelle unbedingt noch vor dem Sommer beschließen zu müssen, nicht erkennbar“ ist, heißt es in der Stellungnahme (.pdf hier).
Insbesondere gegen die vorgesehene Art, nach der die Rückforderung der Speichermedienabgabe geregelt ist, hat das OLG mehrere Einwände. Kunden sollen die entsprechende Abgabe zurückfordern können, und zwar bei der zuständigen Verwertungsgesellschaft.
Es müsse aber „bezweifelt werden, dass diese Regelung „wirksam umgesetzt werden kann“, hält das OLG fest. So wird kritisiert, dass es der Kunde so nur „mit großem Aufwand in Erfahrung bringen kann, wem gegenüber er seinen Rückzahlungsanspruch geltend machen muss“. Es gibt in Österreich neun verschiedene Verwertungsgesellschaften.
Frommer Wunsch
„Wie ein frommer Wunsch aus Sicht des Konsumentenschutzes“ liest sich laut OLG dann die Bestimmung, dass die Verwertungsgesellschaften auf ihrer Webseite einen „einfachen, verständlichen und für den durchschnittlichen Nutzer nachvollziehbaren Weg für die Geltendmachung des Rückersatzanspruchs“ anbieten müssen. Diese Bestimmung ist, so kritisiert das OLG, „mit keinerlei Sanktion für den Fall der Nichteinhaltung verknüpft“. Auch müsse nicht jeder Käufer über Internet verfügen.
Besonders kritisch sieht das OLG aber, dass Meinungsverschiedenheiten bei Rückforderungen „letztlich vor Gericht ausgetragen werden müssten“. Da es sich um „geringfügige“ Beträge, sei „zu erwarten, dass nur sehr wenige Letztverbraucher den Rechtsweg beschreiten werden“. Damit hänge es faktisch vom guten Willen der Verwertungsgesellschaften ab, ob der Rückzahlungsanspruch praktische Bedeutung haben kann.“ Abseits dessen „enthält der Entwurf viele längst fällige Anpassungen und Modernisierungen, die zu begrüßen sind“.
Mehraufwand
Der Handelsverband, der sich lange Zeit gegen insbesondere die nun geplante Speichermedienabgabe gewehrt hatte, beklagt in seiner Stellungnahme einen „enormen Mehraufwand“ durch die Einhebung und Weiterverrechnung dieser Abgabe. Weiters fürchtet man, dass die Konsumenten vermehrt außerhalb Österreichs Speichermedien kaufen.
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