Ein Mafioso im Norweger-Pulli

Frank Tagliano (Steve Van Zandt), einst Mann fürs Grobe der New Yorker Mafia, jetzt im Zeugenschutz
Steve Van Zandt, Schauspieler ("Sopranos") und Musiker (Bruce Springsteen & The E Street Band) in einer ganz besonderen Mafia-Serie.

Ein offener Sarg, rote Rosen, verhaltenes Schluchzen. Trauergäste, allesamt Mafiosi, beugen sich über einen aufgebahrten Toten.

Warum er da liegt? "Unsere Familien haben sich noch nie gut verstanden", raunt Frankie, "der Macher" Tagliano (Steve Van Zandt) lapidar. Die wulstige Unterlippe hat er dabei über die Oberlippe gewuchtet, die Mundwinkel tief nach unten gezogen, die Lider zum Schlafzimmerblick gesenkt.

Die Rache für diese Unverschämtheit folgt auf dem Fuß, also in der nächsten Bar, die Frankie allein betritt. Er überlebt den Mordanschlag, sein Hund, ein süßer Scotchterrier nicht. Frankie, bis dahin der Mann fürs Grobe der New Yorker Mafia, reicht es: Er steigt aus, vernadert seine Feinde und begibt sich in ein Zeugenschutzprogramm ... nach Lillehammer. Warum ausgerechnet Lillehammer? Die Olympischen Spiele ’94, klare Luft, weißer Schnee – und vor allem niemand, der auf die Idee käme, ihn in "Lilyhammer", wie er sagt, zu suchen.

Giovanni Henriksen

Doch der Neuanfang in der norwegischen Kleinstadt und der Umstieg vom gefürchteten und einflussreichen Gangster zum arbeitslosen Immigranten – seine neue Identität ist die des norwegisch-amerikanischen Einwanderers Giovanni Henriksen – erweisen sich als schwieriger als gedacht. Und so dauert es gar nicht lange, bis er sich auch in der neuen Heimat auf windige Geschäfte einlässt.

Ab heute (23.35 Uhr) zeigt ORF eins die acht 45-minütigen Folgen der ersten Staffel der norwegisch-amerikanischen Krimiserie "Lilyhammer", einer Koproduktion des norwegischen Senders NRK und des US-amerikanischen Video-on-Demand-Anbieters Netflix ("House of Cards"). Zwei Staffeln gibt es bisher, Van Zandt ist bei beiden Co-Produzent und Co-Autor.

Frankie Tagliano ist nicht Van Zandts erste Mafia-Rolle. Bekannt wurde er als "Sil" Silvio Manfred Dante in der wahrscheinlich besten Fernsehserie aller Zeiten, den "Sopranos" (1999 bis 2007, HBO), wo er Tonys Sopranos Consigliere und rechte Hand verkörperte. Van Zandts Look in "Lilyhammer"ähnelt jenem von "Sil" in den "Sopranos": Haartolle, Gesichtsausdruck – Dackelblick, Schnoferl – und der Mantel mit den viel zu breiten Schulterpolstern. Jetzt allerdings mit Norweger-Pulli darunter.

Little Steven

Privat ist Steven Van Zandt das Gegenteil eines chauvinistischen Mafioso: Geboren 1950 in Massachusetts als Steven Lento, nahm er 1982 den Namen seiner Frau Maureen Van Zandt an. Und kriminell wie ein Mafioso ist er schon gar nicht, sondern, im Gegenteil, engagierter Menschenrechtsaktivist – er gründete u. a. eine Künstlerinitiative gegen Apartheid.

Schauspieler wurde Van Zandt erst im zweiten Bildungsweg. Eigentlich ist der Mann, der auch unter dem Namen Little Steven bekannt ist, Musiker– unter anderem seit 1975 bei seinem Freund Bruce Springsteen in dessen E Street Band. Sein Markenzeichen: ein Bandana, um die Narben einer Kopfverletzung durch einen Unfall zu verbergen.

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