David Hewson und der Weg in den Kopf des Lesers

„Lund“-Darstellerin Sofie Gråbøl: Ihre Lund ist anders als Hewsons
David Hewson hat aus der TV-Serie um Kommissarin Lund Romane gemacht. Am Dienstag liest er in Wien.

Normalerweise funktioniert es so: Einer schreibt ein spannendes Buch, ein anderer macht daraus einen Film oder eine Serie. Bei David Hewson war es umgekehrt. Der Brite ist ein renommierter Journalist und Thriller-Autor. Auf Basis der dänischen TV-Reihe "Kommissarin Lund" schrieb er die Roman-Trilogie "Das Verbrechen".

KURIER: Ihr erstes Buch "Semana Santa" wurde später verfilmt. Das "normale Prozedere". Bei Sarah Lund war es umgekehrt. Wieso haben Sie sich als erfolgreicher Krimi-Autor darauf eingelassen?

David Hewson und der Weg in den Kopf des Lesers
DAVID HEWSON
David Hewson:Die meisten Bücher auf Basis einer TV-Serie sind einfache Kopien. "Das Buch zum Film". "Kommissarin Lund" war etwas Besonderes. Ich stimmte unter der Bedingung zu, Adaptierungen nach meinem Gutdünken machen zu können. Die TV-Leute willigten ein und ich habe in allen drei Romanen (auf Deutsch sind bisher zwei erschienen, Anm.) entscheidende Veränderungen durchgeführt, um die Bedürfnisse einer Romanerzählung zu stillen, die ja ganz andere als die des Fernsehens sind.

Was sind die Unterschiede?

Fernsehen ist eine Vorführung, das Publikum ist passiv. In einem Roman geht es darum, den Weg in den Kopf des Lesers zu finden und seine Vorstellungskraft anzufeuern. Außerdem sind Leser viel kritischer der Handlung gegenüber. Im Fernsehen kannst du dir vieles erlauben, das im Roman nicht funktionieren würde, weil die Leser ja zurückblättern und Dinge in Frage stellen können. Deshalb enden die "Lund"-Romane anders als im Fernsehen.

Wie darf man sich Ihre Zusammenarbeit mit Søren Sveistrup, dem Drehbuchautor der Serie, vorstellen?

Ganz simpel: Ich bin nach Kopenhagen gefahren, um die Locations anzusehen, und ich habe mit Søren gesprochen. Er hat alle meine Fragen beantwortet und das war’s. Dann bin ich nach Hause gefahren und habe das Buch geschrieben, das ich schreiben wollte.

Sie haben Erfahrungen mit Adaptierungen: Sie haben Shakespeare-Bearbeitungen für Hörspiele gemacht. Sind Macbeth und Hamlet eine gute Krimi-Inspiration?

Ich habe Macbeth direkt vor dem ersten Lund-Roman gemacht und es war in der Tat eine gute Inspiration!

Wissen Sie, ob "Lund"-Darstellerin Sofie Gråbøl Ihre Bücher gelesen hat?

Nein, keine Ahnung. Man hat mir während der Arbeit an den Büchern angeboten, sie zu treffen, aber ich habe das abgelehnt, denn ich wollte nicht ihre Lund kennenlernen, sondern meine eigene finden. Und meine ist ganz anders. Im Fernsehen sagt sie nicht viel, alles passiert mit Gesten, Blicken. Im Buch wird das alles mit Dialogen abgefangen. Ich habe viel Erfahrung mit starken Protagonistinnen, das ist einer der Gründe, warum man mir diese Roman-Trilogie angeboten hat. Doch Lund ist auf ihre Art ziemlich einzigartig. Sie ist sehr lange auf der Suche nach sich selbst, bis sie schließlich ihr Schicksal akzeptieren kann und muss. Ich glaube, in diesen Geschichten liegt etwas Mythisches, und das hat tatsächlich etwas von Shakespeare.

David Hewson und der Weg in den Kopf des Lesers
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Zur Person:David Hewson, Geboren 1953 in Yorkshire, schrieb ab 1977 für die "Times", später für den "Independent" und fast alle großen britischen und nordamerikanischen Zeitungen, was er auch noch heute tut. 1994 erschien sein erster Roman "Semana Santa/Death in Seville". Am Dienstag liest er um 19 Uhr im Hotel Imperial.

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