Bibiana Zeller "liebt diese Greisenrollen"

Bibiana Zeller "liebt diese Greisenrollen"
Als Kottans Frau Ilse wurde sie im Fernsehen bekannt. Am Montag wird die Schauspielerin 85.

Sie schimpft, weil man fünf Minuten zu früh kommt. Bibiana Zeller wollte noch kochen. Sofort ist sie versöhnlich und besorgt (zum Abschied wird sie der Redakteurin Mozartkugeln und Mannerschnitten zustecken). Ob man eh einen Parkplatz gefunden habe?

Früher ist sie immer mit dem Auto gefahren. Jetzt fährt die Schauspielerin nach den Vorstellungen mit dem Taxi heim (derzeit spielt sie die böse Großmutter in Horváths „Geschichten aus dem Wienerwald“ im Akademietheater). „Ich bin Fußgängerin geworden, das Auto steht in der Garage. So wird man halt müder und vergreist.“

Sie kichert mädchenhaft, fast kokett. Bezaubernd. Mehr Fee als Greisin. Obwohl: „Ich liebe diese Greisenrollen! In Deutschland werde ich als Greisin förmlich weitergereicht. Ich durfte in sechzehn Filmen sterben! Auf alle Arten. Im Sitzen, in Gesellschaft, während einer großen Feierlichkeit, einfach mitten am Tisch eingenickt und tot – also wirklich wunderschöne Tode! Ein Mal ein Wassertod, im Rhein.“

Bibiana Zeller, am 25. Februar 1928 in Wien geboren, begann ihre schauspielerische Karriere am Theater in der Josefstadt, ging nach Deutschland, ist seit 1972 im Ensemble des Wiener Burgtheaters. Bei den Salzburger Festspielen 2005 und 2006 stand sie als Jedermanns Mutter auf der Bühne am Domplatz. Im Fernsehen wurde sie in den 70ern als Ilse, die Ehefrau von „Inspektor gibt’s kan“ Kottan, Kultfigur.

Zähne fletschen

Kommenden Mittwoch (20.15 Uhr, ORF 2) ist Zeller in Wolfgang Murnbergers Film „Alles Schwindel“ als teleshoppingsüchtige Gräfin zu sehen. Und mit der selben mitleidig-belustigten Miene, mit der sie ihren Kottan „Dolferl“ nannte, mahnt sie dort zwei zähnefletschende Kampfhunde schlicht mit „Platz“ ab: „Die Rottweiler, die liebe ich so! Als wir jung waren, hatten mein Mann und ich Rottweiler. Die besten und liebsten Hunde!“

Ganz schön abgebrüht. Das (und sonst wohl wenig) hat sie mit Madame Pernelle gemeinsam, die Zeller ab 28. Mai in der Festwochen-Produktion von Molières „Tartuffe“ spielen wird. Einer jener Momente, wo sie das Alter merkt. „Ich brauche mehr Zeit zum Textlernen. Ein wunderbarer Text, sehr literarisch, aber nicht ganz einfach im Vergleich zu Zeitgenössischem.“ Berührungsängste hat Zeller keine. Zeitgenössisches spielt sie so oft und gerne (etwa Gert Jonkes „Chorphantasie“ und „Die versunkene Kathedrale“) wie Klassiker: „Ich hab immer genommen, was man mir gegeben hat. Dafür wurde ich auch ausgelacht von Kollegen.“

Auffallend findet sie, dass heutzutage in Theater und Film „besonders viele Greise vorkommen“. (Der Senioren-Band-Film „Life is live“, dessen Fortsetzung sie gerade mit Joachim Fuchsberger gedreht hat, gehört zu den erfolgreichsten Fernsehfilmen aller Zeiten.).

„Ich sehe auch viele alte Leute auf der Straße, ich fahr’ ja viel Straßenbahn. In der Innenstadt sieht man ja hauptsächlich schicke junge Leute, aber wenn man über den Gürtel hinausfährt in die Vorstadt – es ist unglaublich, was da Alte unterwegs sind! Ich schau mir die natürlich besonders an. Gut, dass die Alten jetzt den öffentlichen Raum beanspruchen. Früher hat man zu den Großeltern gesagt: Oma, jetzt setzt dich dahin und gib Ruhe! Heute funktioniert dass nicht mehr so und ich finde das wunderbar. Auch für das Straßenbild, dass du nicht nur die Ausgesuchten hast, die dürfen.“

Bibiana Zeller sagt, sie sei Schauspielerin geworden, um der schrecklichen Realität des Krieges zu entkommen. Hat es sich gelohnt?

„Ja, ich habe viel mehr bekommen, als ich mir gedacht habe.“

Kommentare