Aufgedirndlt: Der neue Stadl legt los

Viel Holz in der Hütte: Die Kulisse der "Stadlshow"
Mit zwei Moderatoren und neuem Design startet der Stadl in sein neues Leben – diesmal als "Show". Der Liveanteil wurde auf Betreiben des ORF deutlich erhöht.

Die Zähler sind ab heute auf null gesetzt: Nach Jahren der Quotenverluste und Einstellungsspekulationen geht die einst wichtigste deutschsprachige Sendung mit volkstümlicher Musik in ihre Neuauflage. Aus "Musikantenstadl" wurde "Stadlshow" – Premiere ist um 20.15 Uhr auf ORF2 (KURIER-Autor Guido Tartarotti wird das Geschehen zur Nachlese protokollieren)

Neu sind nicht nur die Moderatoren: Francine Jordi und Alexander Mazza führen künftig statt Andy Borg durch die Sendung. Auch das traditionelle "Stadl"-Ambiente ist einem sehr modernen Design gewichen – was früher an den Stall erinnerte, wirkt heuer eher wie ein Chalet im Nobel-Skigebiet. Auf der Bühne stehen Sofas und die Optik ist moderner.

Aufgedirndlt: Der neue Stadl legt los
Alexander Mazza, Francine Jordi 04.08.2015, Wien, Klee am Hanslteich, Präsentation Stadlshow
Eine Zeit lang sah es so aus, als werde der Stadl abgesetzt. Dann besannen sichORF,ARD undSRF eines besseren und krempelten die Produktion kräftig um. Im Blick: die junge Zielgruppe. Grundsätzlich ein erfolgsversprechendes Vorhaben, haben nicht zuletzt Schlagerstars wie Andreas Gabalier oder Helene Fischer gezeigt, welches Potenzial in einer Richtung Pop gedeuteten Auslegung ihres Stils liegt (Analyse unten).

Mehr live

Im neuen Stadl wird auch mehr Wert auf die Musik gelegt: Reine Playback-Strecken sollen der Vergangenheit angehören. Wie schon im Vorfeld ventiliert worden war, hat sich der ORF für mehr Livegesang eingesetzt, was die Show aufwendiger machte, sich aber künstlerisch lohnen soll. Nur wenige Künstler wählten trotzdem das Tonband – der Gesangsliveanteil liegt bei etwa 80 Prozent, erfuhr der KURIER.

Dialektpop

Zugleich wurde das musikalische Spektrum erweitert. Also nicht mehr nur Fokus auf volkstümliche Musik und Schlager, auch Brass oder Dialektpop dürfen ab sofort Platz finden. Immerhin will sich die Sendung weiterhin als "die Musikbühne im deutschsprachigen TV" präsentieren. Interpreten wie die Poxrucker Sisters, die Troglauer Buam, La Goassn, Claudia Koreck oder Kunz finden sich daher ebenso im Auftakt wie der unentwegte Skihüttenstar DJ Ötzi, der gemeinsam mit Florian Silbereisen auftritt. Auch Acts wie Jürgen Drews, Marc Pircher, Wolfgang Fierek oder Django3000 werden zu hören sein. Crossover verspricht das heimische Rock ’n’ Roll-Urgestein Peter Kraus, der mit den Baseballs gemeinsam "Roll over Beethoven" intonieren wird.

Reportage

Abseits des Musikalischen will man "Authentizität, Bodenständigkeit und Heimatgefühl" groß schreiben. Dies soll laut Ankündigung mit Reportage-Elementen über die jeweilige Gastgeberregion gelingen. Jordi sieht sich dafür zum Auftakt gemeinsam mit Marc Marshall die Gegend von Offenburg bis Straßburg näher an.

Aber auch örtliche Traditionen, Trachtenmode, Kuckucksuhren sowie die Schwarzwälder Kirschtorte will man ins rechte Licht rücken.

Lange vorbei sind die Zeiten, als man sich – zumindest unter jungen Menschen – ungestraft über den Musikantenstadl amüsieren durfte. Die Sendung galt als Tanten- und Onkelfernsehen, das man nicht einmal ironisch anschauen würde.

Doch die Zeiten haben sich in dieser Hinsicht ins Gegenteil geändert: Insbesondere bei der jungen und mitteljungen Zielgruppe ist die neue Volksmusik und der an sie grenzende Schlager so in wie nie zuvor. Andreas Gabalier, Helene Fischer und die anderen haben die Lederhose bzw. den Herzschmerz zurück in die Stadt und zur Jugend gebracht.

Das ist gut für den runderneuerten Stadl – denn er liegt dadurch zumindest musikalisch im Mainstream. Ob diese Trendwende aber andererseits ausreichend ist, um eine Samstagabendshow in die Zukunft zu tragen, wird sich erst zeigen müssen: Denn andererseits ist das gemeinsame Samstagabend-Sitzen vor dem Fernseher nicht erst seit dem Tod von "Wetten, dass...?" in der Krise. Und wer eine Schlagerdosis braucht, hat viele andere Möglichkeiten, sich diese zu holen.

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