Arbeitsmarkt: Der Sommer wird zur Zitterpartie

Bleiben die ausländischen Touristen aus, wird die Arbeitslosigkeit weiter steigen
Fast 140.000 Juni-Arbeitslose mehr als vor einem Jahr. Jetzt hängt’s am Tourismus

Das Wiederhochfahren der heimischen Wirtschaft schlägt nur sehr schleppend auf dem heimischen Arbeitsmarkt durch, großes Sorgenkind bleibt der Tourismus. So lassen sich die aktuellen Arbeitsmarktzahlen für Juni zusammenfassen. Insgesamt waren zum Monatsende 463.505 Arbeitslose beim AMS vorgemerkt oder in einer Schulung. Das sind um 139.302 oder 43 Prozent mehr als vor einem Jahr. Ohne Schulungen beträgt das Plus sogar fast 57 Prozent.

Von einer leichten Entspannung, wie sie Arbeitsministerin Christine Aschbacher anhand einzeln herausgepickter Zahlen sehen will, kann keine Rede sein. Anders als bei der Pressekonferenz der Ministerin dargestellt, fiel der saisonale Rückgang der Arbeitslosigkeit gegenüber dem Vormonat Mai mit 53.700 schwächer aus als jener von April auf Mai. Die Juni-Zahlen sind in Österreich traditionell niedriger als die Mai-Zahlen, was stark am Sommer-Tourismus liegt.

Und dieser ist heuer mangels ausländischer Gäste noch nicht wirklich angelaufen, wie die Bundesländer daten zeigen (siehe Grafik). So waren in Tirol zum Monatsende doppelt so viele Arbeitslose gemeldet wie im Vorjahr. Auch in Salzburg und Vorarlberg bleibt die Job-Situation höchst angespannt. Am Tourismus hängen nicht nur Tausende Arbeitsplätze in der Beherbergung und Gastronomie, sondern auch im Gewerbe und Handwerk sowie in der Baubranche. Letztere verzeichnet im Branchenvergleich den zweithöchsten Anstieg (52 Prozent) nach der Hotellerie- und Gastronomie, wo sich die Arbeitslosen-Zahl auf 73.000 verdoppelt hat. Besser läuft es im Handel und in der Industrie, wo die Aussichten für den Herbst aber nicht rosig sind.

Lehrlings-Förderung

Aufgrund der hohen Unsicherheit scheuen viele Betriebe derzeit davor zurück, Lehrlinge einzustellen. Aktuell sind beim AMS 5.000 Lehrstellensuchende registriert,um ein Drittel mehr als im Vorjahr. Zugleich gibt es um 13 Prozent weniger sofort verfügbare Lehrplätze.

Die Regierung versucht mit einem eigenen Lehrlingsbonus zusätzliche Ausbildungsplätze zu schaffen. Firmen, die einen Lehrling zwischen 16. März und Ende Oktober 2020 neu einstellen oder von einer überbetrieblichen Ausbildung übernehmen, erhalten einen Bonus von 2.000 Euro: 1.000 Euro bei Beginn der Lehre und weitere 1.000 Euro, wenn das Lehrverhältnis nach drei Monaten Probezeit noch besteht. Der Bonus kann über lehre-foerdern.at ab sofort beantragt werden. Während die Wirtschaftskammer die Betriebe dazu aufruft, die Förderung auch abzurufen, ist sie für Bau-Gewerkschafter Josef Muchitsch nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Er rechnet für den Herbst mit 7.000 bis 8.000 fehlenden Lehrstellen.

750.000 in Kurzarbeit

Stark rückläufig ist seit den Corona-Lockerungen und dem Auslaufen der ersten Förderphase die Kurzarbeit. Die Zahl der betroffenen Arbeitnehmer sank von 1,35 Millionen im Mai auf rund 750.000. Viele Büros laufen wieder auf Vollbetrieb, auch in Handels-, Produktions- und Handwerksbetrieben ist zumindest ein Stück weit die Normalität zurückgekehrt. Wie teuer die Kurzarbeit für den Staat wird, hängt davon ab, wie viele Betriebe die Kurzarbeit über den Sommer hinaus verlängern bzw. Neuanträge stellen werden. Aktuell gibt es 23.000 Verlängerungsanträge. Das AMS hat bisher rund 3 Mrd. Euro an Beihilfen an mehr als 100.000 Betriebe ausbezahlt.

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