Apothekenvorbehalt: dm blitzt erneut beim Verfassungsgericht ab

Aspirin & Co. darf weiterhin nicht bei dm im Regal liegen
Antrag der Drogeriehandelskette, nicht rezeptpflichtige Arzneien verkaufen zu dürfen, wurde erneut abgewiesen.

Nicht rezeptpflichtige Arzneimittel, so genannte OTC-Produkte, dürfen auch weiterhin nur von Apotheken sowie im Kleinverkauf oder Fernabsatz bezogen werden. Ebenso bleibt das absolute Verbot der Abgabe von Arzneimitteln in Selbstbedienung aufrecht. Das entschied der Verfassungsgerichtshof (VfGH) nach einer neuerlichen Beschwerde der Drogeriemarktkette dm in Sachen Apothekenvorbehalt.

Das Unternehmen kämpft seit Jahren für eine Liberalisierung beim Verkauf von nicht-rezeptpflichtigen Arzneien. Es ist der Ansicht, dass die angefochtenen Vorschriften gegen das Recht auf Freiheit der Erwerbsausübung verstießen. Den öffentlichen Interessen des Patientenschutzes, der Arzneimittelsicherheit, der Gesundheit sowie des Konsumentenschutzes könnte nämlich auch durch Drogisten entsprochen werden. Ein Apothekenvorbehalt sei daher unverhältnismäßig und damit verfassungswidrig, argumentiert dm.

Öffentliche Gesundheitsziele

Mit dem heute, Dienstag, veröffentlichten Erkenntnis wies der VfGH den Antrag erneut ab. Begründung: Der Apothekenvorbehalt diene mehreren im öffentlichen Interesse liegenden Zielen wie eine funktionierende Versorgung der Bevölkerung mit Heilmitteln sicherzustellen. Dazu komme, dass Apotheken zahlreichen öffentlich-rechtlichen, standes- und disziplinarrechtlichen Verpflichtungen unterliegen, die sicherstellen sollen, dass dieses Ziel auch tatsächlich erreicht werde.

Der Apothekenvorbehalt stelle daher keinen unverhältnismäßigen Eingriff in die Erwerbsfreiheit und keinen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz dar, heißt es in der Aussendung des VfGH. Bereits 2017 war dm mit einem entsprechenden Antrag beim Höchstgericht abgeblitzt. 

Der VfGH hat aus den gleichen Gründen auch keine Bedenken gegen die Beschränkung des Fernabsatzes von nicht rezeptpflichtigen Arzneimitteln auf Apotheken sowie gegen das Verbot der Abgabe solcher Arzneimittel in Selbstbedienung.

"Längst überholter Zustand"

dm-Geschäftsführer Harald Bauer zeigt sich in einer Stellungnahme enttäuscht über den VfGH-Entscheid. Nun liege es an der Politik, "verkrustete Strukturen aus der Vergangenheit zeitgemäß zu modernisieren und eine Bevormundung der Bürger zu beseitigen, wie es viele EU-Länder längst getan haben", meint Bauer. "Auf Dauer wird sich dieser längst überholte Zustand sicher nicht aufrechterhalten lassen“, kommentiert Bauer.

100 Euro Ersparnis pro Jahr

In der Beschwerde verweist dm auf eine Studie der  Bundeswettbewerbsbehörde aus dem Jahr 2018. Diese kam zum Ergebnis, dass eine Liberalisierung des Marktes für rezeptfreie Arzneimittel aus Sicht der Konsumenten wünschenswert wäre, weil es dadurch zu einer Verbesserung der Arzneimittelversorgung und zu einem größeren Preis- und Qualitätswettbewerb käme. Laut dm würde ein durchschnittlicher Haushalt rund 100 Euro pro Jahr einsparen, wenn er Bepanthen, Aspirin und Co. in der Drogerie kaufen dürfte.

Zudem zeige die Lebensrealität, dass ein großer Teil der Verwendung rezeptfreier Arzneimittel fernab von pharmazeutischer Beratung stattfindet, behauptet Bauer. Bei typischen Alltags-Beschwerden würden sich die Menschen an den Vorräten des häuslichen Arzneimittelschrankes bedienen, ohne extra einen Apotheker zu befragen. Genau aus diesem Grund spreche man bei OTC von "Selbstmedikation". Mangels Aussicht auf rasche Änderungen auf gesetzlicher Ebene strebt dm neue Kooperationen im Versandhandel - wie zuletzt mit  der Versandapotheke ZurRose - an. 

Ulrike Mursch-Edlmayr

Apothekerkammer-Präsidentin Mursch-Edelmayr

"Richtungsweisende Entscheidung"

Die Präsidentin der Österreichischen Apothekerkammer, Ulrike Mursch-Edlmayr, sieht eine "richtungweisende Entscheidung im Sinne der Sicherheit für Patientinnen und Patienten". "Arzneimittel sind keine Konsumgüter. Gerade bei Medikamenten, die der Konsument ohne Diagnose und Verschreibung durch einen Arzt einnimmt, spielt die fundierte und vertrauensvolle Beratung über die richtige Auswahl und Anwendung eine große Rolle", so Mursch-Edlmayr in einer Aussendung. Diese Beratung würden nur  Apothekerinnen und Apotheker gewährleisten. Mit der Bestätigung des Apothekenvorbehalts anerkenne der VfGH die tragende Rolle der Apotheken in der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung.

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