Anleger-Urteil bringt Immofinanz in Bedrängnis

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Musterprozess. Der Richter ortet "listige Täuschung". Die Immofinanz wird dagegen berufen.

An diesem Urteil werden die Anwälte der Immofinanz-Gruppe lange knabbern. Handelsrichter Johannes Wanke hat dem Immofinanz-Anleger Gustav O. knapp 80.000 Euro zugesprochen, weil G. beim Kauf der Wertpapiere von der Immofinanz über das Investment „arglistig getäuscht“ worden war.

Das Urteil in diesem Musterverfahren, das Anwalt Ulrich Salzburg im Auftrag des Prozessfinanzierers AdvoFin führt, ist in zweierlei Hinsicht außergewöhnlich: Es hat 412 Seiten – in der Regel sind es in Anlegercausen 20 bis 50 Seiten –, und es liest sich wie eine Anklage gegen die frühere Immofinanz-Führung unter Karl Petrikovics.

„Der Kläger machte auf das Gericht einen hoch anständigen, vernünftigen und von Eigenverantwortung getragenen Eindruck“, schreibt Wanke im Urteil. „Dass er bei Kenntnis der Kursmanipulation von einem Erwerb von Immofinanz-Aktien Abstand genommen hätte, ist lebensnah und liegt auf der Hand.“ Nachsatz: „Eine solche als spielerhaft zu bezeichnende Veranlagung war genau das Gegenteil von dem, was der Kläger wollte.“ So kommt der Richter zum Schluss, dass der Börsenkurs der Immofinanz-Aktie (2004 bis 2007) „nicht nach dem tatsächlichen Angebot und der Nachfrage gebildet wurde, sondern durch die eigenen Käufe und Verkäufe“, die Petrikovics (heimlich) über die Constantia Privatbank veranlasst hatte. Die Deals führten zu einer Kurs-Glättung, eine nachhaltige Kursmanipulation konnte nicht nachgewiesen werden.

„Welcher auf langfristige Veranlagung bedachte Anleger kauft Wertpapiere, deren Kurs zumindest zeitweise über Jahre künstlich gesteuert wurde“, fragt der Richter. Und er gibt gleich die Antwort: Die Immofinanz hätte den Handel mit eigenen Aktien veröffentlichen müssen. „Der durch List getäuschte Anleger kann die Aufhebung des Aktien-Kaufvertrages verlangen“, heißt es im Urteil.

Etwas weltfremd

Die Immofinanz wird dagegen berufen. „Die sehr kreative Begründung, wonach die Immofinanz alle ihre Anleger seit 2004 arglistig in die Irre geführt hat, erscheint uns doch etwas weltfremd“, kontert Immofinanz-Chefjurist Josef Mayer. „Dem Richter ist die Immobilienblase entgangen, die die Kurse aller Immobilientitel damals in die Höhe getrieben hat.“

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