Altersteilzeit: Was bringt kürzer arbeiten im Alter?
Weniger arbeiten vor der Pension bei teilweisem Lohnausgleich: Die staatlich geförderte Altersteilzeit erfreut sich in Österreich zunehmender Beliebtheit. Eingeführt im Jahr 2000 von der schwarz-blauen Regierung war sie anfangs ein Minderheitenprogramm, erst seit 2014 boomt sie. Die Zahl der Bezieher hat sich seither auf knapp 37.000 mehr als verdoppelt, heuer könnte die 50.000-er Marke geknackt werden. Hauptgrund ist die demografische Entwicklung. Die Kosten für das AMS lagen zuletzt bei 350 Mio. Euro, Tendenz ebenfalls stark steigend. Die neue Regierung zog daher die Bremse und erhöht ab 2019 das Zugangsalter.
Am Zulauf werde dies wenig ändern, meint WIFO-Pensionsexperte Thomas Url. Er hätte gerne eine umfassendere Reform gesehen. Aber was bringt die Arbeitszeitverkürzung im Alter für den einzelnen und für den Staat? Der KURIER nahm die wichtigsten Fragen unter die Lupe:
Was ist die geförderte Altersteilzeit überhaupt?
Arbeitnehmer können kurz vor der Pension mit ihrem Arbeitgeber vereinbaren, die Arbeitszeit um 40 bis 60 Prozent zu reduzieren. Die Hälfte der dadurch entstandenen Gehaltseinbuße (inkl. aller Sonderzahlungen) wird ausgeglichen. Auf die künftige Pensionshöhe hat die Altersteilzeit daher keine Auswirkungen und auch andere Ansprüche, wie beispielsweise auf Abfertigung alt, bleiben unberührt.
Welche Varianten stehen zur Auswahl?
Die Arbeitszeit kann für maximal fünf Jahre entweder kontinuierlich oder in Form eines Blockzeitmodells reduziert werden. Beim „Blocken“ wird zunächst eine bestimmte Zeit lang weitergearbeitet und das dadurch erworbene Zeitguthaben anschließend als Freizeitphase konsumiert. Seit der Verschärfung 2013 muss spätestens mit Beginn der Freizeitphase eine Ersatzarbeitskraft (Arbeitsloser, Lehrling) eingestellt werden.
Wer kann wie lange in Altersteilzeit gehen?
Männer frühestens ab 58 Jahren. Ab 2019 erfolgt eine Anhebung auf 59 Jahre, 2020 auf 60. Bei Frauen erfolgt eine analoge Anhebung von derzeit 53 Jahre auf 54 bzw. 55 Jahre. Voraussetzung ist, dass man zuvor mindestens 15 Jahre arbeitslosenversichert war und länger als drei Monate im Betrieb ist. Die Laufzeit ist auf fünf Jahre beschränkt, Männer können ab 62 Jahre in die Teilpension wechseln. Diese funktioniert wie die Altersteilzeit ohne Blockvariante, dem Arbeitgeber werden aber sowohl Lohnausgleich als auch die Sozialversicherungsbeiträge zur Gänze ersetzt.
Gibt es einen Anspruch auf Altersteilzeit?
Nein, der Arbeitgeber muss zustimmen und beim AMS die Förderung in Form des Altersteilzeitgeldes beantragen. Einen Kündigungsschutz während der Dauer gibt es nicht. Die Gewerkschaft tritt für einen gesetzlichen Anspruch ein.
Wie hoch ist das Gehalt?
Durch die AMS-Förderung wird der Verlust durch die um 40 bis 60 Prozent reduzierte Arbeitszeit etwa zur Hälfte ausgeglichen. Die Begrenzung mit der Höchstbemessungsgrundlage (5130 Euro/Monat) kann bei Gutverdienern dafür sorgen, dass der Gehaltsausgleich etwas geringer ist. Unter https://altersteil.arbeiterkammer.at lässt sich die zu erwartende Höhe berechnen.
Welche Vor- und Nachteile haben Arbeitnehmer?
„Altersteilzeit ermöglicht einen gleitenden Übergang in die Pension ohne große Gehaltseinbußen und ohne Pensionseinbußen“, fasst AK-Arbeitsrechtsexperte Manfred Tinhof zusammen. Wer zu früh in Altersteilzeit gehe, riskiere aber eine Lücke zum Pensionsantrittsalter.
Welche Vor- und Nachteile hat der Arbeitgeber?
Durch kürzere Arbeitszeit kann die Leistungsfähigkeit ältere Arbeitnehmer länger erhalten werden. Ein Teil der Mehrkosten wird durch das Altersteilzeitgeld ausgeglichen. Bei der Blockvariante sind es 50 Prozent, bei der kontinuierlichen 90 Prozent. Der Staat fängt damit auch steigende Lohnkosten ab. Aber: Klein- und Mittelbetriebe im Gewerbe und Handwerk können oft nicht so leicht die Arbeitsorganisation umstellen.
Welche Vor- und Nachteile hat der Staat?
Ziel der Maßnahme ist es, die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer so lange wie möglich aufrecht zu erhalten, wodurch auch länger Abgaben geleistet werden. Auch die Kosten für Altersarbeitslosigkeit oder Reha-Geld sind geringer. Durch die Blockvariante sei der Sinn zum Teil verloren gegangen, kritisiert WIFO-Experte Thomas Url; „Aus der Erleichterung für die Erwerbstätigkeit ist eine Erleichterung für die Frühpension geworden.“ Eine sehr teure noch dazu. Der Staat soll die Förderung fürs „Blocken“ daher komplett einstellen, sagt Url. Die Blockvariante wird von rund einem Drittel der Bezieher in Anspruch genommen.
Gibt es auch in anderen Ländern Altersteilzeit?
Ja. In vielen EU-Ländern gibt es gleitende Übergänge in die Pension – höchst unterschiedlich geregelt. Vergleichbar ist Deutschland, wo ab 55 Teilzeit gearbeitet werden kann. Auch Blocken ist möglich, die Abschläge sind je nach Tarifvertrag unterschiedlich.
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