AK: Senkung der Lohnnebenkosten würde nur großen Unternehmen helfen

Farbriksarbeiter mit einer Trennscheibe
Die Hälfte der Einsparungen würde auf nur ein Prozent der Unternehmen entfallen, für Beschäftigte wäre die Maßnahme ein "trojanisches Pferd".

Arbeiterkammer (AK) und Gewerkschaftsbund (ÖGB) warnen vor einer Senkung der Lohnnebenkosten. Bei den Beschäftigten würde dadurch nicht mehr Geld ankommen, es entstünden aber Finanzierungslücken im Sozialstaat. Auf den Standort könnte sich die Maßnahme sogar negativ auswirken.

„Am Ende des Tages würden die Beschäftigten doppelt für Kürzungen zahlen, weil weniger Mittel für Familien- oder Gesundheitsleistungen vorhanden sind“, sagte Sybille Pirklbauer, Leiterin der Abteilung Sozialpolitik der AK Wien. 

Kürzungen bei Lohnnebenkosten seit 2015 führen nach Berechnung der AK bis 2025 zu Mindereinnahmen in Höhe von 16 Milliarden Euro. Einen maßgeblichen Effekt auf die Beschäftigung hätte es aber, entgegen der Argumentation von Arbeitgeberverbänden, nicht gegeben.

AK: Senkung der Lohnnebenkosten würde nur großen Unternehmen helfen

Sybille Pirklbauer, Arbeiterkammer

Aktuelle Studien zeigen, dass geringere Beiträge der Arbeitgeber nicht den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zugutekommen

von Sybille Pirklbauer

Leiterin der Abteilung Sozialpolitik, Arbeiterkammer Wien

Nachteile für Standort

Das Geld fehle aber etwa für Familienleistungen, Pensionen und der Krankenversicherung. Eine schlechtere Versorgung und Infrastruktur würde den Standort nicht verbessern, sondern abwerten. Soll es keine Abstriche geben, müssten die fehlenden Mittel aus dem Budget ausgeglichen werden. Die Kosten würden damit von den Arbeitgebern auf die Allgemeinheit abgewälzt, kritisiert die AK. Insgesamt sei eine Senkung der Lohnnebenkosten „ein trojanisches Pferd für die arbeitenden Menschen“.

Die Arbeitskosten setzen sich in Österreich wie folgt zusammen: 

Nettolohn, Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge zusammengerechnet ergeben den Bruttolohn. Die Lohnnebenkosten werden zusätzlich vom Arbeitgeber abgeführt. Ihre Höhe bemisst sich am jeweiligen Bruttolohn.

Die Entlastung komme andererseits nur wenigen zu gute, argumentiert ÖGB-Ökonomin Miriam Fuhrmann. Denn etwa die Hälfte der Ersparnisse entstehe bei nur einem Prozent der Unternehmen. Diese seien typischerweise große Banken und Versicherungen mit viel Personal. Bei kleineren Betrieben würde eine Senkung der Lohnnebenkosten hingegen kaum ins Gewicht fallen.

AK und ÖGB  fordern von der Politik einen besseren Schutz für die Rechte der Beschäftigten. Das betreffe etwa nicht bezahlte Überstunden oder die Praxis, dass Unternehmen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beim AMS "zwischenparken". Erreicht werden könne das einerseits mit mehr Kontrollen und höheren Strafen bei Lohn- und Sozialdumping, aber auch mit Anreizsystemen für Unternehmen, die selten Mitarbeiter kündigen. 

Zur Finanzierung der Staatsausgaben fordern sie eine Erbschaft- und Vermögensteuer sowie die Rücknahme der Senkung der Körperschaftsteuer für die größten Unternehmen.

Arbeitgebervertreter widersprechen

Die Arbeitgeberorganisation Wirtschaftskammer (WKÖ) und Industriellenvereinigung (IV) reagierten prompt auf die Veröffentlichung der AK. So würde etwa eine Studie des wirtschaftsliberalen Thinktanks EcoAustria belegen, dass eine Senkung der Lohnnebenkosten dem gesamten Standort, und somit auch den Beschäftigten, zu Gute kommen würde. „Österreich hat die drittstärkste Belastung des Faktors Arbeit von allen OECD-Ländern", sagte WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf. Auf die Argumentation von ÖGB und AK gingen sie nicht ein.

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