Agrar-Exporte nach Russland: "Paradies ist das keines mehr"

Russlands Wirtschaft hat den Schock des Ölpreisverfalls und der Sanktionen überwunden, Österreichs Lieferanten von Lebensmitteln aber nicht.

Vor vier Jahren noch war Russland ein "paradiesischer Absatzmarkt" für Österreichs Exporteure: Die Russen kauften alles, was gut und teuer war. "Die Zeiten sind vorüber, Paradies ist das keines mehr", sagt Dietmar Fellner, der acht Jahre Österreichs Wirtschaftsdelegierter in Moskau war.

Die Sanktionen gegen das Land hätten die Mentalität der Russen verändert. "Sie sind preisbewusster und kritischer geworden", betont er. Was die heimischen Exporteure – insbesondere jene der Lebensmittel- und Agrarwirtschaft – besonders schmerze, sei, dass die Russen inzwischen ihre Inlandsproduktion kräftig ausgebaut hätten. Bei Geflügel sei das Land Selbstversorger, bei Schweinefleisch könne der Inlandsbedarf zu 70 Prozent, bei Rindfleisch zur Hälfte gedeckt werden. Österreichs gesamte Ausfuhren nach Russland, die 2013 mit 3,5 Milliarden Euro einen Rekordwert erlangt hatten, haben sich halbiert.

Fellner hält die Sanktionen für ein falsches Mittel, Russland wegen der Krim-Annexion zu bestrafen. Diese hätten Europa mindestens so geschadet wie Russland selbst. Er hofft, "dass sich die Sanktionen bald in Luft auflösen". Der Konflikt mit der Ukraine könne damit jedenfalls nicht beigelegt werden.

Aufschwung

Die Jahre der wirtschaftlichen Rezession seien in Russland nun aber vorüber. 2017 sollte die Wirtschaft um 1,5 Prozent wachsen, die Inflation auf einen historischen Tiefstand fallen. Und eine mögliche Verbesserung der Beziehungen zwischen Russland und den USA könnte den Aufschwung unterstützen.

"Die russische Wirtschaft ist wie die Transsibirische Eisenbahn. Sie braucht lang, bis sie startbereit ist. Wenn der Zug aber rollt, bewegt er einiges", sagt Fellner. Für Österreichs Exporteure ergeben sich daraus neue Chancen. Das Land brauche nach wie vor Maschinen und Anlagen sowie Holzprodukte und Baustoffe. Ganz einfach nur liefern, funktioniert meist aber nicht. Russlands Präsident Putin hat nach Verhängung der Sanktionen durch den Westen, Auslands-Unternehmen dazu verpflichtet, eine Produktion in Russland zu errichten, wenn sie ihre Produkte im Land absetzen wollen. Zuletzt hat Österreichs Kornspitzerzeuger Backaldrin diesen Ruf befolgt, um sein Russland-Geschäft nicht zu verlieren.Andere Lebensmittelproduzenten nutzen Serbien, um die Sanktionen zu umgehen. So wich etwa der Salzburger Gewürzkonzern Kotányi nach Serbien aus, um seine Lieferungen nach Russland zu retten. Immerhin machte Russland ein Fünftel des Kotányi-Umsatzes aus.

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