Ab 2024 soll ein EU-Topf die Spareinlagen absichern

Für die Finanzmärkte ist der britische EU-Kommissar Jonathan Hill zuständig
Einlagen bis zu 100.000 Euro bleiben abgesichert. Schrittweises Vorgehen ab 2017 soll Kritiker besänftigen.

Eine europaweite Absicherung für Spareinlagen: Das soll das dritte Standbein der EU-Bankenunion werden, nach der bereits umgesetzten gemeinsamen Banken-Aufsicht und dem Abwicklungsmechanismus für Pleitebanken. Künftig sollen Europas Banken in einen gemeinsamen Topf einzahlen, der die Ersparnisse von Kunden im Fall einer Bankenpleite absichert. An der Schwelle, dass Einlagen bis zu 100.000 Euro abgedeckt sind, wird sich nichts ändern.

Dennoch ist der Vorschlag, den die EU-Kommission am Dienstag in Straßburg vorlegte, höchst umstritten. Insbesondere in Deutschland und Österreich gibt es Bedenken, dass andere Länder ihren instabilen Bankensektor womöglich sanieren wollen, indem sie auf den Einlagensicherungstopf zugreifen. Deutschlands Banken wollen nicht für marode ausländische Institute haften, ohne die Risiken kontrollieren zu können.

EU-Kommissar Jonathan Hill versuchte die Bedenken zu zerstreuen: "Das Vergemeinschaften von Risiken und eine Reduktion der Risiken sollen Hand in Hand gehen", sagte er bei der Präsentation der Pläne. Das solle das Vertrauen der Europäer in das Bankensystem stärken und verhindern, dass besorgte Kunden - wie etwa im Sommer in Griechenland - ihre Konten plündern.

Die Pläne im Detail

Überzeugen soll die Skeptiker auch ein schrittweises Vorgehen. Ab 2017 sollen sich demnach die bisher bestehenden nationalen Einlagensicherungssysteme wechselseitig absichern (Rückversicherung) - über einen Zeitraum von drei Jahren. Danach sollen die Banken ihre Beiträge zunehmend stärker in die EU-Einlagensicherung (EDIS) einzahlen. Damit würde die Absicherung allmählich von der nationalen auf die EU-Ebene wandern.

Bis 2024 soll der EU-weite Versicherungstopf komplett stehen und bei Bankenpleiten die Einlagen auf Konten und Sparbüchern in Höhe von 100 000 Euro pro Bankkunde garantieren. Bisher haften die einzelnen Staaten für diese Summe. Der Vorschlag wird nur dann Gesetz, wenn das EU-Parlament und die EU-Staaten zustimmen.

Extrawürste für die Kritiker wird es nicht geben: Auch deutsche Institute müssten an der europäischen Einlagensicherung teilnehmen, erklärte die EU-Kommission am
Dienstag. Finanzmarktkommissar Jonathan Hill stellte Sparkassen-, Volks- und Raiffeisenbanken allerdings relativ niedrige Beiträge in den neuen EU-Topf in Aussicht. „Sichere Banken werden weniger einzahlen müssen.“

Sparkassen-Verband: "Extreme Zumutung"

Heftige Kritik kommt vom Österreichischen Sparkassen-Verband. Der Vorschlag sei eine "extreme Zumutung für die österreichischen Sparer" und ein gefährlicher Schritt in die falsche Richtung, hieß es in einer Aussendung.

„Das Geschäftsrisiko von der Risikoverantwortung zu trennen und das Risiko einzelner Banken allen Sparern aufzubürden ist unverantwortlich. Die EU-Kommission begünstigt somit neuerlich jenen 'moral hazard', der eine der Hauptursachen des Finanzdesasters 2008 war", sagte Michael Ikrath, Generalsekretär des Österreichischen Sparkassenverbandes. Der Haftungsverbund der Österreichischen Sparkassen schütze die Spareinlagen weit wirksamer als ein europäisches Sicherungssystem.

Die Vergemeinschaftung sei hingegen ein Risiko, das "im Ernstfall massive soziale Spannungen, eine weitere Entsolidarisierung und politische Radikalisierung fördert." Ikrath sieht durch eine vergemeinschaftete Einlagensicherung das "Vertrauen in ein funktionierendes Bankensystem – und damit den wichtigsten Baustein für das Geschäftsmodell der regionalen Kundenbanken - gravierend erschüttert“.

Karas rügt säumige Staaten

Für einen gemeinsamen Binnenmarkt, eine Währungsunion und eine Bankenunion sei auch eine gemeinsame Einlagensicherung erforderlich, sagte der EU-Abgeordnete Othmar Karas (ÖVP) zu dem Gesetzesvorschlag. Er weist aber darauf hin, dass einige Staaten noch nicht einmal die im Vorjahr beschlossenen EU-Regeln zur Abwicklung von Pleitebanken und für nationale Einlagensicherungssysteme umgesetzt haben.

„Den zweiten Schritt kann es nicht geben, wenn der erste nicht umgesetzt ist“, sagte er am Dienstag in Straßburg. Selbstverständlich müssten nationale Einlagensicherungsfonds und Systeme angerechnet werden. Die Einzahlung in das europäische System habe je nach dem Risiko der Banken erfolgen, betonte Karas.

Als „noch nicht ausgereift“ bezeichnete SPÖ-EU-Delegationsleiterin Evelyn Regner den Plan zur schrittweisen Absicherung der Bankeinlagen in Europa. Prinzipiell sei das Einlagensicherungssystem zwar zu begrüßen, „wir müssen hier aber sehr behutsam vorgehen und einen Schritt nach dem anderen setzen“, so Regner. Baustellen wie etwa Schattenbanken, das Trennbankensystem und die außerbörslich gehandelten Derivate müssten prioritär angegangen werden, meinte die EU-Abgeordnete in einem Statement gegenüber der APA.

Zudem müssten auch in den einzelnen EU-Ländern „die Hausaufgaben in Bezug auf die Einlagensicherung gemacht werden. Erst danach soll über ein europaweites Einlagensicherungssystem diskutiert werden“, forderte Regner.

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