475.435 Menschen ohne Job - keine Trendwende in Sicht

Das Warten auf einen Job dauert immer länger.
Arbeitslosigkeit steigt. Anstieg in Wien doppelt so hoch wie im Bundesdurchschnitt.

Die Lage auf dem heimischen Arbeitsmarkt wird immer prekärer. Ende Dezember waren bereits 475.435 Menschen arbeitslos (siehe Grafik). Zwar flacht sich der Anstieg ab – eine Trendwende ist laut Sozialminister Rudolf Hundstorfer jedoch noch nicht in Sicht. „Es steht neuerlich ein einigermaßen schwieriges Jahr bevor.“

475.435 Menschen ohne Job - keine Trendwende in Sicht
Arbeitslose und Schulungsteilnehmer Ende Dezember 2010-2015 - Säulengrafik; Zahlen im Detail und Veränderung nach Bundesländern GRAFIK 0004-16, 88 x 124 mm

Als Hauptgrund für die weitere Verschlechterung nennt er vor allem die schwache Weltkonjunktur und viele zusätzlich in den Arbeitsmarkt eintretende Personen – Frauen und Zuwanderer. Schon jetzt ist ein Viertel aller Arbeitslosen Ausländer, auch der Zuwachs in dieser Gruppe ist mit 12,6 Prozent überproportional stark. Bei Frauen ist die Zunahme ebenfalls ausgeprägter als bei Männern. Stark betroffen sind auch Arbeitnehmer ab 50 Jahren (plus 9,9 Prozent) und behinderte Menschen (plus 9,3 Prozent).

Auffallend ist auch, dass Arbeitslose deutlich länger brauchen, um einen neuen Job zu finden – durchschnittlich 103 Tage, um 13 Tage länger als vor einem Jahr. Nach Branchen betrachtet gibt es im Gesundheits-und Sozialwesen (plus 9,0 Prozent), im Tourismus (plus 7,4 Prozent) und im Handel (plus 5,6 Prozent) die größten Anstiege. Am Bau ist die Situation dank des bis vor Kurzem milden Winters mit plus 1,9 Prozent relativ gut.

Nach Bundesländern gereiht, entwickelt sich Wien immer mehr zu einem Problemfall (plus 12,5 Prozent auf 143.500), während die Lage in Tirol und Vorarlberg stabil bleibt.

475.435 Menschen ohne Job - keine Trendwende in Sicht
Arbeitslose und Schulungsteilnehmer Ende Dezember 2010-2015 - Säulengrafik; Zahlen im Detail und Veränderung nach Bundesländern GRAFIK 0004-16, 88 x 124 mm

Für Johannes Kopf, Chef des Arbeitsmarktservice (AMS), ist auch das geringe Wachstum in Österreich verantwortlich für die Lage: „Die Unternehmen brauchen nicht mehr Leute.“ Zugleich steige die Zahl jener, die arbeiten wollen. Den Vergleich mit Deutschland, wo es einen Beschäftigungsrekord bei zugleich Tiefstständen bei der Arbeitslosigkeit gibt, lässt er nicht gelten. Die Deutschen hätten ein höheres Wachstum, eine schrumpfende Bevölkerung und eine im Verhältnis geringere Zuwanderung.

Die meisten Flüchtlinge seien am österreichischen Arbeitsmarkt aber noch gar nicht angekommen, sagt Kopf. Derzeit gebe es 21.000 arbeitslose Asylanten, rund 7000 mehr als vor einem Jahr. Im Laufe dieses Jahres dürften 30.000 bis 35.000 dazukommen. Bis diese eine Arbeit fänden, werde es oft noch Jahre dauern. „Das ist eine große Herausforderung.“ Schlüssel zur Vermittlung ist für Kopf Bildung. „Die Hälfte der Arbeitslosen hat nur einen Pflichtschulabschluss.“

Steuerreform

ÖGB-Vizepräsidentin Renate Anderl zeigt sich zuversichtlich, dass durch die Steuerreform die Kaufkraft der Konsumenten und die Binnennachfrage steigen werden, was zur Schaffung neuer Arbeitsplätze führen könnte. Die Arbeiterkammer fordert eine rasche Umsetzung der beschlossenen öffentlichen Investitionen, insbesondere in den Wohnbau. Der Generalsekretär der Industriellenvereinigung, Christoph Neumayer, wünscht sich eine weitere Liberalisierung der Arbeitszeitregelungen.

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