15 Jahre Euro: Die Nöte eines Pubertierenden

Viele Österreicher haben dem Schilling nachgeweint. Zu Recht?
2002 war der Alpendollar Geschichte, der Euro startete als Bargeld. Wie geht es dem "Währungsteenager" heute?

Am 1. Jänner 2002 hatte der "Alpendollar", wie der österreichische Schilling dank seiner Stabilität liebevoll genannt wurde, ausgedient. Schon die Einführung des Euro als Bargeld in zunächst 12 EU-Staaten war von vielen Unkenrufen begleitet.

Ökonomen, vor allem in den USA, sprachen der europäischen Gemeinschaftswährung die Lebensfähigkeit ab. Der Totgesagte hat seine Existenzkrisen bisher überlebt und wird nun 15 Jahre alt. Wie fit ist der "Teenager"? Fünf oft gehörte Vorwürfe im KURIER-Faktencheck.

Stimmt das? Der Euro ist ein Schwächling – die Währung hat in den vergangenen Monaten rasant an Wert verloren.

"Der Euro fällt auf ein 14-Jahres-Tief zum US-Dollar". Solche Schlagzeilen klingen tatsächlich überaus dramatisch. Ein rascher Blick auf den Wechselkurs (siehe Grafik unten) rückt das Bild allerdings etwas zurecht. Selbst wenn der Euro auf Gleichstand zum Dollar fällt, liegt er noch über dem Ausgabekurs im Jahr 2002.

Tatsächlich sind Notenbanker aber sogar eher darüber verwundert, wie stark der Euro – trotz Schuldenkrise, Griechenland, Italien & Co. – geblieben ist. Eine kräftigere Abwertung würde zwar Urlaube in den USA und Treibstoff verteuern, der europäischen Export-Konjunktur aber auf die Sprünge helfen.

15 Jahre Euro: Die Nöte eines Pubertierenden
Stimmt das? Mit dem "Teuro" sind die Preise viel rascher gestiegen als in Schilling-Zeiten.

Jeder erwachsene Österreicher denkt mit Wehmut zurück, wie viel man einst mit dem Zwanzig-Schilling-Schein kaufen konnte. Die Erinnerungen sind aber trügerisch, denn die Inflation gab es schon damals. Und wie sich die Schilling-Preise nach 2002 weiterentwickelt hätten, weiß man nicht.

Was man gesichert sagen kann: In den letzten 15 Schilling-Jahren lag die gemessene Inflationsrate mit 2,3 Prozent höher als in den ersten 15 Euro-Jahren (1,9 Prozent). Zuletzt hatte die EZB bekanntlich mehr mit Deflationsängsten zu kämpfen.

Dass die "gefühlte Inflation" dennoch höher liegt, hat statistische Gründe: In der offiziellen Inflationsrate dämpft der technologische Fortschritt (z. B. bei Handys) die Preise, dafür fließen etwa die stark gestiegenen Wohneigentumspreise nicht ein.

Und bei Produkten des täglichen Bedarfs, die für Niedrigverdiener wichtig sind, merkt man die Preissteigerungen besonders deutlich. Wofür aber nicht speziell der Euro verantwortlich ist.

Stimmt das? Griechenland und Italien können sich den Euro nicht leisten. Die Währungsunion wird deshalb bald schrumpfen.

Wer kann schon einen Blick in die Kristallkugel werfen? Sicher, früher hätten die Griechen und Italiener die Drachme oder Lira abgewertet und den einfachen Ausweg aus wirtschaftlichen Nöten gewählt. Das ist durch den Euro versperrt. Allerdings hat genau diese Politik jene Probleme geschaffen, unter denen diese Länder bis heute leiden.

Faktum ist: Der Euro startete 1999 als Buchgeld in elf Staaten. Heute ist er in 19 EU-Ländern sowie im Kosovo und in Montenegro offizielles Zahlungsmittel und wird auch in Serbien und Mazedonien als "Parallelwährung" häufig verwendet (OeNB-Studie zu diesem Thema hier).

15 Jahre Euro: Die Nöte eines Pubertierenden

Stimmt das? Der Euro ist wegen der Krise unbeliebter denn je.

Würde man meinen. Tatsächlich ist die Zustimmung zur gemeinsamen Währung in den 12 Ur-Euroländern konstant hoch geblieben, stellte Felix Roth von der Uni Göttingen fest, der die Eurobarometer-Umfragen analysiert hat. Abgesehen von kurzen Phasen in Finnland und Griechenland waren die Euro-Befürworter überall in der Mehrheit und sind es immer noch.

Stark abgekühlt hat sich die Lust auf die Euro-Einführung allerdings in Ländern, die ihn noch gar nicht haben – vor allem in Schweden, Tschechien, Dänemark, Polen. Und Großbritannien.

Stimmt das? 15 Jahre gut und schön, aber das Bargeld wird doch ohnehin bald abgeschafft.

So sehr sich das manche Experten wünschen mögen, es wird nicht so rasch geschehen. Bestes Indiz: Die EZB bringt mit der 50-Euro-Banknote heuer den dritten neuen Geldschein in Umlauf. Das letzte Stündchen schlägt nur für den 500er. Er läuft ab Ende 2018 sukzessive aus.

Stimmt das? International spielt der Euro keine Rolle, der US-Dollar bleibt die unangefochtene Weltwährung Nummer eins.

Ja, das stimmt zweifellos. Zumindest wenn man als Maßstab die globalen Währungsreserven benützt. Da spielt der Euro zwar schon eine Rolle, aber eine untergeordnete: Obwohl das wirtschaftliche Gewicht der USA beständig abnimmt und sich in Richtung Asien verlagert, kann der US-Dollar seinen Führungsanspruch klar behaupten.

Laut einem EZB-Bericht von Juni 2016 werden 64 Prozent der weltweiten Währungsreserven immer noch in „Greenbacks“ gehalten. Der Euro hat in den vergangenen sechs Jahren stetig Marktanteile verloren und kommt nur noch auf 19,9 Prozent (am Höhepunkt waren es rund 25 Prozent). Dieses Auseinanderklaffen kann sich durch die Zinsentwicklung in den USA und der Eurozone auch noch verstärken.

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