10 Milliarden Euro: Österreichs US-Exporte boomen trotz Trump

10 Milliarden Euro: Österreichs US-Exporte boomen trotz Trump
Ausfuhren sind heuer abermals auf Rekordkurs. Allmählich schwächt sich Österreichs Wachstum aber ab

Wer hätte das gedacht? Österreichs Exporte in die USA boomen, den Stahl- und Alu-Strafzöllen und Handelskonflikten zum Trotz. Die Warenlieferungen in Richtung Vereinigte Staaten werden heuer sogar erstmals die Marke von 10 Milliarden Euro knacken, erwartet der Wirtschaftsdelegierte in New York, Michael Friedl.

Schon im Vorjahr hatte es mit 9,6 Milliarden Euro einen rot-weiß-roten Exportrekord gegeben. Obendrauf kamen noch Dienstleistungen (wie Logistik, Engineering, Bauplanung) im Wert von rund zwei Milliarden Euro.

Weil die Importe aus den USA kleiner ausfielen, trug Österreichs Handel unterm Strich 3,7 Milliarden Euro zu jener Außenhandelslücke der USA bei, die US-Präsident Donald Trump so hasst und als Zeichen unfairer Beziehungen wertet.

Abflachung

10 Milliarden Euro: Österreichs US-Exporte boomen trotz Trump

Aber warum legt der Handel zu, wo Trump doch die Devise „Amerika zuerst“ ausgerufen hat? Ein Grund sei die US-Konjunktur, die in voller Blüte steht, und die Steuerreform, die den Unternehmen einen unerwarteten Geldregen eingebracht hat. „Wir erhalten mehr Anfragen für Investitionen, Mitarbeiterentsendungen und Marktrecherchen als sonst – und zwar nicht nur von unserer Stammklientel, sondern auch von Neukunden“, sagt Friedl.

Dass sich nun eine Abschwächung oder gar Rezession ab Ende 2019 abzeichnet, sei keine große Überraschung. Unüblich lange elf Jahre ging es in den USA nur bergauf. Die Unsicherheit hat wegen der Handelskonflikte zugenommen, die US-Zinsen steigen, es herrscht ein Mangel an Fachkräften: All das behindert das Wachstum. Abschrecken ließen sich interessierte Firmen vom Ausblick auf eine stagnierende Wirtschaft oder Schrumpfung nicht. „Rezessionen hat es auch früher gegeben, die USA sind dennoch ein attraktiver Markt“, so Friedl.

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Egger Verwaltungsgebäude in Lexington, Visualisierung

Ein Beispiel sei die Egger Gruppe: Der Tiroler Holzverarbeiter baut in Lexington (North Carolina) Büros und ein Holzwerkstoffwerk, in dem 400 Beschäftigte ab 2020 beschichtete Spanplatten für Handels- und Möbelindustriekunden in Nordamerika produzieren.

Von der nach den Halbzeitwahlen für den Kongress aufgeheizten Stimmung der US-Gesellschaft habe sich die Wirtschaft noch nicht anstecken lassen. 90 Prozent der für Firmen relevanten Entscheidungen würden nicht in Washington, sondern auf lokaler Ebene getroffen.

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Egger US-Projektteam mit lokalen Politikern beim Spatenstich

TTIP light muss warten

Die Beziehungen zwischen der EU und den USA seien intakt, die Zölle ohnehin gering. Große Sprünge erwartet der Wirtschaftsdelegierte in nächster Zeit aber nicht. Der TTIP-Pakt in abgespeckter Form („TTIP light“) habe für die USA keine hohe Priorität. Da stünden eher der Zwist mit China über Patenteklau, der Pakt mit Mexiko und Kanada (jetzt USMCA statt NAFTA) oder Deals mit Indien oder Japan im Vordergrund. Die größte Bedrohung aus europäischer Sicht wäre es, wenn Trump die angedrohten Strafzölle auf Autoimporte und Zulieferprodukte beschließt.

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Michael Friedl, Österreichs Wirtschaftsdelegierter in New York

Prognosen abgeschwächt

Unterdessen zeichnete die EU-Kommission in ihrer Herbstprognose für Österreich am Donnerstag ein vorerst noch rosiges Bild: Die Kauflaune ist den Konsumenten bisher nicht vergangen. Mit dem überaus starken Jahr 2018 – mit einem Plus von 2,7 Prozent – dürften die Folgejahre allerdings nicht ganz mithalten können.

Die Experten in Brüssel erwarten für 2019 nun einen Zuwachs des Bruttoinlandsproduktes von 2,0 und für 2020 von 1,8 Prozent. Der Konsum trägt nicht mehr so viel bei, die Exporte leisten zwar noch einen Wachstumsbeitrag, allerdings einen kleineren als zuvor.

Die Prognosen für Österreich stehen im Einklang mit den sich weltweit eintrübenden Konjunkturaussichten. Ziemlich deutlich gestutzt hat die EU-Kommission den Ausblick für Deutschland. Im Mai waren für heuer und nächstes Jahr satte 2,3 und 2,1 Prozent Plus erwartet worden. Jetzt gehen die Ökonomen von nur noch 1,7 und 1,8 Prozent aus. Belastend wirken der Dieselskandal, Brexit, Italiens Budgetstreit und die Handelskonflikte.

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