Das geheime Sexleben der Vögel
Das werbende Vorspiel ist bei Vögeln bekannt: In der Balz ziehen die Männchen oft alle Register. Nach welchen Gesichtspunkten Weibchen ihre Partner aussuchen, erzählt Dr. Herbert Hoi von der Vetmeduni.
Was garantiert den Erfolg bei der Partnerwahl?
Herbert Hoi: Es gibt zwei Strategien. Die eine ist, das beste, schönste oder stärkste Männchen zu wählen. Die andere ist, den Partner zu finden, der am besten zu einem passt. Denn ein Partner, mit dem das Weibchen genetisch gut kompatibel ist, sorgt letztlich für eine verbesserte Fortpflanzungsrate.
Woher weiß es das aber?
Der MHC-Komplex, ein Genbereich, ist für die Verpaarung und das Immunsystem verantwortlich. Bei den Haussperlingen ist es etwa so, dass Weibchen, die weniger MHC-Gene haben, sich ein Männchen mit viel MHC suchen. Sie erkennen das an dem schwarzen Brustlatz der Männchen, denn seine Größe korreliert mit der Anzahl der MHC-Gene. Diese Haussperlinge sind echte Machos und kümmern sich nicht um die Jungenfürsorge. Männchen mit einem kleinen Brustlatz sind sozial, gute Väter und werden daher von den Weibchen eigentlich bevorzugt. Wir haben Vaterschaftstests gemacht und dabei herausgefunden, dass die Weibchen fremdgehen – mit den Sperlingen mit großem Brustlatz, aber die Jungen mit ihrem Partner aufziehen.
Ist Fremdgehen bei Vögeln öfter zu beobachten?
Ja, weil die Mortalität bei Weibchen größer ist. Die Männchen haben nicht die Auswahl, dass sie sich eine andere suchen können, wenn ihre Partnerin fremdgeht (lacht). Ganz extrem ist es bei den Bartmeisen, die ihr Leben lang zusammen bleiben. Dennoch kann man beobachten, dass das Weibchen aus dem Schilf hochfliegt und von einigen Männchen gejagt wird. Den Schnellsten sucht sie sich aus. Die Jungen zieht sie dann mit dem Partner auf. Die genetische Qualität des Nachwuchs zu verbessern funktioniert bei ihnen nur durch Fremdgehen.
Das Aufziehen erfolgt immer von beiden Elternteilen?
Nein, bei der Beutelmeise kümmert sich immer nur einer um die Brutpflege . Das Männchen baut hängende, weich ausgepolsterte Nester. Das Weibchen kommt und inspiziert es. Gefällt es ihnen, kommt es zur Kopulation. Die Eier vergräbt das Weibchen im weichen Boden vom Nest. Warum? Weil wenn das Männchen ein Ei im Nest sieht, vertschüsst es sich sofort. Kommt es aber ins Nest zurück und findet die Eier erst später, hatte das Weibchen die Chance, sich davonzustehlen, um sich erneut mit einem anderen Partner fortzupflanzen. Dann zieht das Männchen die Jungen auf. Manchmal verlassen auch beide das Gelege.
Die Rolle der Mutter ist also nicht sehr wichtig ...
Das erforschen wir aktuell. Mütterliche Investition wird in der Evolution unterschätzt: Hormone, Immunsubstanzen oder Nahrung – all das bekommen Embryos nur von der Mutter. Bei Vögeln packen sie all das in das Ei und es beeinflusst das spätere Verhalten, aber auch die Fitness der Tiere. Wir untersuchen nun, welchen Einfluss Umweltfaktoren auf die mütterliche Investition haben. Ich bin überzeugt, dass die Mutterrolle auch eine spannende Möglichkeit sein kann, die Umweltqualität eines ganzen Lebensraumes zu überprüfen.
Anja Gerevini