Baby Blues: Auch Männer sind nicht davor gefeit

Nicht nur Mütter sind nach der Geburt emotionalem Stress ausgesetzt.
Die väterliche Wochenbettdepression ist nach wie vor ein gesellschaftliches Tabu. Deutsche Forscher wollen das ändern.

Wenn die Freude über das Baby bei Frauen nach der Geburt ausbleibt, spricht man von einer Wochenbettdepression. Statt freudig und euphorisch fühlen sich Betroffene niedergeschlagen, aufgewühlt und verstimmt. Weltweit entwickelt eine von acht Frauen nach der Niederkunft eine postnatale Depression.

Dass eine akute Überforderung – und die damit verbundene psychische Belastung – nach der Geburt eines Kindes auch frischgebackene Väter treffen kann, wurde in der Medizin und Wissenschaft lange Zeit nur am Rande thematisiert.

Um das psychologische Phänomen genauer zu erforschen, suchen Mediziner der Universitätsklinik Frankfurt am Main derzeit 300 Paare für eine entsprechende Studie. Das berichtet die deutsche Zeitung Die Welt. In einer Vorläuferstudie hätte sich gezeigt, dass 15 Prozent der Mütter und fünf Prozent der Väter nach der Geburt des Kindes Depressionssymptome entwickeln, wie Studienleiterin Sarah Kittel-Schneider erklärt. Damit würden vor allem Symptome wie Verstimmtheit, Schlafstörungen und Antriebslosigkeit einhergehen.

2015 stellten Wissenschafter der Oxford University ebenfalls fest, dass es eine Form von postnataler Depression bei Männern gibt, die jedoch ganz eigene Symptome aufweist. Während Wochenbettdepressionen bei Müttern überwiegend durch Angstzustände, Schlaflosigkeit und schwere Melancholie gekennzeichnet sind, scheinen Männer sich eher zurückzuziehen oder ein aggressives und selbstzerstörerisches Verhalten an den Tag zu legen.

Baby Blues oder schwere Erkrankung?

Zu unterscheiden sind die Wochenbettdepression, die postnatale Depression, und die postpartale Depression. Erstere bezeichnet die emotionale Verstimmtheit kurz nach der Entbindung. In dieser Zeit kann es zu emotionaler Instabilität kommen, die aber nur kurz dauert. In den meisten Fällen ist der Baby Blues nach einigen Tagen überstanden.

Wesentlich belastender und schwerwiegender ist die postpartale Depression. Darunter werden alle schweren, länger andauernden, behandlungsbedürftigen depressiven Erkrankungen im ersten Jahr nach einer Entbindung verstanden.

Hilfe beim Psychologen suchen hilft

Das weit verbreitete Phänomen der Wochenbettdepression kann medizinischen Studien zufolge durch professionellen Beistand in vielen Fällen geheilt werden. Auch Prävention ist demnach möglich. Der Rat eines Psychologen kann die Gefahr einer postnatalen depressiven Erkrankung um 40 Prozent verringern, wie eine Studie an der nordenglischen Universität Sheffield mit 4.000 jungen Müttern im Jahr 2009 ergab. Der Zuspruch durch andere Frauen kurz nach der Entbindung sei sogar in 50 Prozent der Fälle erfolgreich. Eine kanadische Studie, die 701 Frauen untersuchte, kam im gleichen Jahr zum selben Ergebnis.

Eine Studie der französischen Universität Nancy zeigte 2008 zudem, dass die Geburt eines Buben Mütter besonders stark belastet. Nach der Entbindung eines Sohnes neigen Frauen wesentlich eher zu einer postnatalen Depression als nach der Geburt eines Mädchens. In Ländern, in denen die Geburt von Buben eher erwünscht ist als die eines Mädchens, leiden viele Frauen Studien zufolge stark darunter, wenn sie weiblichen Nachwuchs zur Welt bringen. In Gesellschaften, in denen das Geschlecht des Nachwuchses keine große Rolle spielt, ist dies offenbar umgekehrt.

Wenn Sie Hilfe benötigen, ist dieses Telefon 24 Stunden besetzt:

Sozialpsychiatrischer Notdienst

Tel.: (01) 31330

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