Das Leben mit Diabetes ist kein Zuckerschlecken

 
Elf Diabetikerinnen und Diabetiker sagen,wie sie mit der Diagnose umgehen und ihren Alltag meistern.

Matthias Steiner (33)

Olympiasieger im Gewichtheben, seit 15 Jahren Diabetes. „Einen Tag vor meinem 18. Geburtstag wurde mir die Diagnose Diabetes gestellt. Statt Sachertorte bekam ich eine Diätschnitte zum Geburtstag. Die Krankenschwester hat sich bemüht, aber für mich war das Leben sozusagen zu Ende. Plötzlich war ich ein kranker Mensch und mir wurde gesagt, ich darf nicht mehr Gewichtheben. Doch zwei Wochen später fing ich wieder damit an. Ich habe bemerkt, es hat sich körperlich eigentlich nichts geändert. Das bekomme ich schon hin, dachte ich mir. Ich fing an, zehn bis 15-mal am Tag Blutzucker zu messen. Vor allem an einem Wettkampftag musste alles funktionieren. Das erste Jahr war schon ein Horror wegen des Adrenalins und der Nervosität, dann spritzt man falsch und so weiter. Jetzt möchte ich Ängste nehmen und zeigen, es kann trotz Erkrankung normal weitergehen. Mein Titel als stärkster Mann der Welt hilft da schon, gerade bei Kindern. Da merke ich, dass ich eine Hilfestellung bin. Nach Beendigung meiner Karriere habe ich 45 Kilo abgenommen. Was man isst und wie man sich bewegt, hat enorme Aus- wirkungen auf das eigene Wohlbefinden, kann ich jetzt sagen. Die Zahl an Typ-2- Diabetiker nimmt weltweit zu. Das größte Problem ist das Überangebot an zucker- und fettreichen Essen. Gerade bei Kindern wird das immer problematischer, weil Lebensmittel als gesund vermarktet werden, obwohl sie es nicht sind. In einem Viertelliter Cola sind neun Stück Zuckerwürfel. Wer würde auf die Idee kommen, neun Stück Zucker in eine Tasse Schwarztee zu geben? Niemand!

Annelie Jandl (10)

Schülerin. Tina Jandl über ihre Tochter Annelie: „Annelie war immer ein großes, starkes, gesundes Kind, das bis heute nicht mal Antibiotika nehmen musste. Und dann plötzlich das. Wir haben dann aber einfach gesehen, dass durch die Methoden die es heute gibt, uns ein völlig normales Leben möglich ist. Wir machen uns lustig über den Diabetes. Wir sagen, dass Annelie jetzt nicht mehr Einzelkind ist, sondern ungeladen einen hässlichen Bruder bekommen hat, um den wir uns kümmern müssen. Wir nehmen uns der Sache an, aber vergessen niemals dabei zu lachen.“

Das Leben mit Diabetes ist kein Zuckerschlecken
Diabetes, Familie

Max Oberndorfer (23)

Physiotherapeut und American-Football-Spieler,seit 12 Jahren Diabetes. „Natürlich schockiert einen die Diagnose erst einmal und das Leben erscheint plötzlich wie in einem Käfig. Doch man beginnt zu experimentieren, die Grenzen auszutesten und diese stets zu erweitern. In kleinen Schritten nähert man sich dem Ziel, alles erreichen zu können und dabei den Blutzucker nicht außer Acht zu lassen. Sport mit Diabetes ist zwar kein Zuckerschlecken, aber trotzdem lässt sich eine sportliche Karriere gut meistern. Generell ist eine gute Einstellung wichtig und die Herausforderung, den Sport trotz Diabetes zu betreiben, einfach spannend.“

Das Leben mit Diabetes ist kein Zuckerschlecken
Privat

Frank Westermann

Mitbegründer und Geschäftsführer von MySugr. „Wir wollten mit unserem Diabetes besser klarkommen und haben die App sozusagen aus Eigenantrieb gegründet. Zu Beginn waren es noch jährlich 1000 Nutzer, jetzt sind es schon 1000 User täglich. Eines der Probleme, das wir lösen wollen, ist, dass man als Diabetiker nur alle drei Monate einen kurzen ärztlichen Check hat. Aber die eigentliche Therapie passiert in der Zeit dazwischen, wo man auf sich selbst gestellt ist. Da ist es wichtig, dass man gut ausgebildet und motiviert ist. MySugr soll dabei helfen.“

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MySugr

Ilka Gdanietz

Diabetes-Bloggerin. Diabetes ist, wie einen Welpen zu erziehen. Wenn du dich nicht genügend um ihn kümmerst, dann macht er dir in die Bude. Diabetes ist eine tägliche Herausforderung und erfordert ständige Beachtung, aber mit der heutigen Technik und ein wenig Disziplin kann ich gut mit der Krankheit leben.“

Das Leben mit Diabetes ist kein Zuckerschlecken
MySugr

Markus Berndt (48)

Unternehmensberater und Buchautor. „Im sogenannten DACH Raum ( Deutschland, Österreich und der Schweiz) zählt man bereits an die 10 Millionen Diabetiker, und es werden immer mehr. Kein Wunder bei unserer Lebensweise. Die Gene mögen letztendlich zu einem gewissen Prozentsatz darüber entscheiden, ob eine Krankheit ausbricht oder nicht, doch für die Entstehung von Diabetes Typ-2 sind wir nahezu ohne Ausnahme selbst schuld. Ob wir das hören möchten oder nicht. Die Zuckerkrankheit lässt sich entgegen aller Unkenrufe sehr gut austherapieren, und zwar oft ohne jegliche Medikamenteneinnahme. Und es funktioniert viel einfacher, als man denkt. Ohne Diät und meist binnen weniger Monate. Ich habe es geschafft und darüber ein Buch („Diabetes ade – das Ende der Zuckerkrankheit“) geschrieben. Diabetes hat mein Leben komplett verändert – niemals zuvor ging es mir so gut wie heute!

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Privat

Lukas Schuster

Development bei MySugr, seit 6 Jahren Diabetes. „Für mich ist Diabetes vieles, er begleitet mich an jedem Tag und ist oft eine Belastung, allem voran allerdings etwas, das mich dazu zwingt, das zu leisten, was ich kann – und über mich selbst hinauszuwachsen!“

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MySugr

Anne Kainz (25)

Customer Support bei MySugr, seit 13 Jahren Diabetes. „Die Diagnose war damals ein Schock. Aber mein Leben hat sich dabei zum Positiven verändert. Der Diabetes ist Teil meines Lebens. Auf diese Verantwortung, bzw dass ich sie tragen kann, bin ich aber sehr stolz! Manchmal nervt das Diabetes-Monster, aber am Ende des Tages kommen wir immer gut klar.“

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MySugr

Marlis Schosser (32)

Product Lead bei MySugr und IDF Young Leader. „Als ich Diabetes bekommen habe, hat sich mein Leben von einem Tag auf den anderen komplett auf den Kopf gestellt. Allerdings hab ich nach einiger Zeit gemerkt, dass ich trotz Spritzen, Blutzucker messen, etc. alles machen kann, was ich möchte. Zusätzlich hat man noch den Vorteil, dass man seinen Körper viel besser kennenlernt als andere. Wer hat schon die Möglichkeit, genau mitverfolgen zu können, wie sich Pizza und Co so auswirken.“

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MySugr

Florian Holzer (49)

Gourmetkritiker, seit 45 Jahren Diabetes. „Zu meinem Job kam ich sicher auch aus einem Wunsch heraus, mich meiner Krankheit gegenüber emanzi- pieren zu wollen und souverän zu sein. Ich wollte nicht mein Leben durch Diabetes determinieren lassen. Was ich Menschen mit auf den Weg geben möchte, die gerade von der Diagnose erfahren haben? Erstens: don’t panic! Zweitens: Es ist einem nichts verwehrt. Wenn man will, kann man die Diagnose dazu nutzen, sich nur mehr fein und gut zu ernähren. Das ist keine Kostenfrage, sondern eine Frage der Information und des Willens. Auf der anderen Seite muss man aber auch sagen: Die Zeit der Muße ist vorbei. Ohne Kontrolle und Disziplin riskiert man seine Gesundheit.“

Das Leben mit Diabetes ist kein Zuckerschlecken

Christian Schelkshorn

Leiter der I. Medizinischen Abteilung im Landesklinikum Stockerau: „Es ist wichtig, dass man bei der Erstdiagnose Diabetes nicht dramatisiert, aber auch nicht bagatellisiert. Man eröffnet dem Patienten oder der Patientin einen Fahrplan, wie er oder sie jetzt damit umzugehen hat. Ich versuche zu vermitteln, dass dies ein langsames Hineinwachsen in ein Thema ist, mit dem man gut leben kann, aber mit dem man sich langfristig auch immer wieder auseinander setzen muss. Ich glaube nicht, dass die, die selbst betroffen sind, unbedingt einen besseren Zugang haben. Was mir vielleicht leichterfällt, ist, die Akzeptanz der Therapie vorzuleben. Ich kann sagen, Insulin ist kein Verhinderer von Wohlbefinden. Oder wenn jemand wegen des Blutzuckermessens Angst hat, seine Finger zu ,zerstechen‘. Da kann ich beruhigend wirken und diese Ängste relativieren oder zerstreuen, indem ich von meinen jetzt bereits 37 Jahren Erfahrung berichte.“

Das Leben mit Diabetes ist kein Zuckerschlecken
Dr. Christian Schelkshorn

Wenn Sie mehr zu Fachbegriffen, zum Krankheitsverlauf oder zu den neuesten Behandlungsmethoden wissen wollen, einfach Ihre Fragen hier absenden. Unsere Diabetes-Expertinnen und –Experten werden sie umgehend beantworten. Die Antworten werden gesammelt einmal pro Woche hier veröffentlicht.

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