In Handschellen abgeführt: Immer mehr Promis werden Opfer von Swatting

Immer mehr Menschen werden Opfer von Swatting. Was ist das?
Internet-Persönlichkeiten werden immer häufiger Opfer von sogenanntem "Swatting". Schwer bewaffnete Einsatzkräfte überraschen in den meisten Fällen bekannte Personen in deren eigenen vier Wänden, wo ihnen teils schwere Verbrechen vorgeworfen werden.
Was genau steckt dahinter und wie viele Personen sind wirklich betroffen?
Was ist Swatting?
Swatting ist eine Form von Mobbing, bei der Unbekannte einen vorgetäuschten Notruf bei der Polizei absetzen. Meist wird dabei ein schweres Gewaltverbrechen wie ein Mord, eine Geiselnahme oder ein Amoklauf am Wohnort des Opfers gemeldet. Ziel ist es, einen Großeinsatz von Polizei-Spezialeinheiten (häufig SWAT-Teams - daher auch der Name) auszulösen.
Social Media steigert Risiko
Laut FBI-Schätzungen gab es in den USA zwischen 2015 und 2020 über 1.000 Swatting-Fälle – mit steigender Tendenz. In einer Studie des Anti-Defamation League (ADL) aus dem Jahr 2022 gaben zudem 1 in 4 befragte Influencer an, bereits Ziel von Online-Belästigung inklusive Swatting gewesen zu sein. Besonders betroffen sind Twitch- und YouTube-Streamer, deren Inhalte live gesendet werden – so können Täter ihre "Aktion" direkt verfolgen
Warum nimmt Swatting zu?
Swatting ist zwar keine neue Erscheinung, doch die Zahl der Fälle stieg in den vergangenen Jahre aus mehreren Gründen rasant an:
Anonymität im Netz: Falsche Telefonnummern, VPNs und gefälschte Identitäten machen Täter schwer aufspürbar.
Live-Plattformen & Sichtbarkeit: Immer mehr Menschen streamen live – Täter können ihre Opfer in Echtzeit beobachten.
Mangelnde Regulierung: In vielen Ländern gibt es keine klaren gesetzlichen Regelungen oder konsequente Strafverfolgung.
Toxische Online-Subkulturen: In bestimmten Foren wird Swatting als Mutprobe oder Rachemittel gefeiert.
Bekannte Podcasterin nackt vor Polizei
Erst vor Kurzem wurde erneut eine bekannte Influencerin Opfer von Swatting. Kelsey Darragh stand nackt einem Großaufgebot an schwer bewaffneten Polizisten gegenüber. Ihr Zuhause in Kalifornien war von etwa 30 Einsatzkräften umstellt. In ihrem Podcast Confidently Insecure berichtet sie nun über die traumatische Nacht. Laut Darragh wurde sie in den frühen Morgenstunden durch lautes Geschrei geweckt. Ihr Partner schlief eine Etage unter ihr und schien mit jemandem zu sprechen. Als sie nackt die Treppen hinunterstieg, sah Darragh wie ihr Partner bereits in Handschellen gelegt wurde.
Vermeintlicher Mord als Auslöser
Die Polizei hatte auf einen angeblichen Notruf reagiert, in dem ein Mann behauptete, seine Frau ermordet zu haben und nun seine Kinder töten zu wollen – ein klassisches Swatting-Szenario. Auch Darragh wurde in Handschellen abgeführt, mit vorgehaltener Waffe fixiert und fühlte sich, wie sie sagt, "wie in einem Actionfilm – nur dass es bitterer Ernst war". Der Täter konnte nie identifiziert werden. Der Notruf kam von einer anonymen Google-Voice-Nummer, die nicht zurückverfolgt werden konnte.
Ashton Kutcher und Justin Bieber unter Opfern
Mit ihrem traumatisierenden Erlebnis ist Darragh nicht allein. In den letzten Jahren wurden auch internationale Stars von Spezialeinheiten überrascht:
Ashton Kutcher (2012): Falscher Notruf über einen angeblichen Einbruch in seinem Haus.
Justin Bieber (2012): Swatting-Einsatz durch eine Bombendrohung.
YouTuber Jordan Kootra Mathewson (2014): Während eines Livestreams stürmte ein SWAT-Team sein Büro.
Journalistin Taylor Lorenz (2023): Opfer mehrfacher Swatting-Angriffe aufgrund ihrer Berichterstattung über Online-Radikalisierung.
Livestreamer Adin Ross, IShowSpeed, Pokimane, xQc – alle bereits mehrfach betroffen, teilweise mitten im Stream.
Dramatischer Fall: 28-Jähriger erschossen
Ein Streit zwischen zwei Spielern des Videospiels Call of Duty: WWII eskalierte, als einer der Beteiligten, Casey Viner, den bekannten Swatter Tyler Barriss beauftragte, seinen Gegner Shane Gaskill zu "swatten". Gaskill gab jedoch absichtlich eine alte Adresse an, die inzwischen vom 28-jährigen Andrew Finch bewohnt wurde. Barriss rief die Polizei in Wichita an und meldete fälschlicherweise, dass er seinen Vater erschossen habe und weitere Familienmitglieder als Geiseln halte. Die Polizei reagierte auf diesen Notruf und umstellte das Haus von Finch. Als Finch, der von dem Vorfall nichts wusste, seine Haustür öffnete, wurde er innerhalb von zehn Sekunden von dem Polizisten Justin Rapp erschossen, der glaubte, Finch greife nach einer Waffe .
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