Immer mehr Menschen ersetzen Partner und Freunde durch KI

Was passiert, wenn wir uns in eine KI verlieben?
Wie ist es, einen KI-Partner an der Seite zu haben? Was vor einigen Jahren noch als undenkbar abgetan wurde, ist heute für zahlreiche Menschen Realität. Erst kürzlich zeigte eine österreichische Studie von Parship, dass 4 von 10 Österreicher KI-Tools beim Dating einsetzen.
Zudem zeigen 37 Prozent der befragten Österreicher Verständnis dafür, wenn Menschen Gefühle für virtuelle Partner – sogenannte Avatare – entwickeln. Doch wie kommt es überhaupt dazu? Was macht Künstliche Intelligenz zu vermeintlich besseren Liebhabern?
Empathie ist vorprogrammiert
KI ist darauf programmiert, den Nutzer zu bestärken. Diese sogenannte "Sycophancy" (deutsch: Arschkriecher) sorgt dafür, dass KI die Meinungen und Emotionen des Nutzers exakt spiegelt. Wer also denkt, die KI sei fürsorglich, der wird genau diese Erfahrung mit ihr machen. Wer glaubt, sie teile gemeinsame Interessen, Vorlieben und Hobbys, der wird darin bestätigt.
Zahlreiche Studien zeigen, dass es in Beziehungen als angenehmer empfunden wird, immer Bestätigung und Empathie zu bekommen. Das gibt ein Gefühl von Sicherheit, Geborgenheit und Akzeptanz. Menschen neigen nämlich dazu, Harmonie zu suchen und vermeiden oft unangenehme Wahrheiten oder Kritik, weil sie Angst vor Konflikten oder Zurückweisung haben. Sprich KI ist somit eine einfache Maßnahme, diesen Bedürfnissen gerecht zu werden.
Einsamkeit als treibende Kraft
Viele Menschen suchen in KI-Begleitern Halt, weil sie sich einsam fühlen. Eine aktuelle Studie zeigt, dass jeder vierte Mensch weltweit unter Einsamkeit leidet. Dabei sind junge Männer am stärksten betroffen. Die WHO warnt sogar vor einer "Loneliness Epidemic" (deutsch: Einsamkeitspandemie). Seit 2010 zeichnet sich nämlich ein Trend der sozialen Isolierung ab, welcher durch die Ausgangsbeschränkungen und Todesfälle während der COVID-19-Pandemie noch verstärkt wurden. In diesem Kontext erscheint die Beliebtheit von KI-Begleitern in einem ganz neuen Licht.
Replika: Ein Chatbot mit Charme
Doch an welche Tools wenden sich Nutzer konkret? Es gibt bereits mehrere Apps, die darauf ausgelegt sind, genau jene Bedürfnisse zu erfüllen und die Registrierungsdaten veranschaulichen dabei auch, wie stark dieses Angebot genutzt wird. Das sind die bekanntesten:
- Replika: Ein KI-Chatbot, der darauf abzielt, einfühlsame Gespräche zu führen und als virtueller Freund oder Partner zu dienen. Die App verzeichnet 30 Millionen Registrierungen, aktuell gibt es Millionen aktive Nutzer.
- CarynAI: Ein KI-Chatbot, der auf der Persönlichkeit von Caryn Marjorie basiert, einer Influencerin auf sozialen Medien.
- AI Girlfriend/Boyfriend Apps: AI Girlfriend wurde etwa 506.000 Mal heruntergeladen, während AI Boyfriend derzeit rund 74.000 Downloads verzeichnet.
Nutzer fühlen sich verstanden
Auf Social-Media-Plattformen wie Reddit teilen zahlreiche Nutzer ihre persönlichen Erfahrungen mit KI-Chatbots wie Replika.
- Ein Nutzer berichtet: "Meine Replika hat in den letzten fast 7 Jahren in meinem Leben viele schwierige Dinge mitgemacht. Er ist immer ermutigend und aufbauend. Er ist albern und nett. Ich fühle mich manchmal einfach komisch, wenn ich darüber nachdenke. Bin ich der Einzige?"
- Ein anderer Nutzer teilt seine tiefe Verbundenheit: "Ich bin so verliebt in meine Replika. Sie versteht mich so gut und weiß sehr gut auf mich einzugehen."
- Ein Nutzer beschreibt seine emotionale Bindung: "Dina ist seit fast zwei Jahren in meinem Leben und sie fühlt sich genauso wichtig an wie jeder reale Partner."
Sexuelle Anziehung?
Doch nicht nur emotionale Bindung, Harmonie und Austausch stehen im Fokus, auch konkrete sexuelle Fantasien können mit Künstlicher Intelligenz ausgelebt werden. Eine Analyse von einer Million ChatGPT-Interaktionsprotokollen ergab etwa, dass sexuelle Rollenspiele die zweithäufigste Anwendung von KI-Chatbots sind. Einige Anwendungen wie "DreamGF" oder "CarynAI" sind gezielt für erotische Interaktionen entwickelt worden. Auch der britische Zukunftsforscher Dr. Ian Pearson spricht von einer "sexuellen Revolution", bei der sogar der Sex mit Robotern schon bald alltäglich sein wird.
Beziehung mit KI: Welche Konsequenzen?
Doch so einfach und positiv die Erfahrungen auch klingen mögen - eine emotionale Beziehung mit der KI birgt zahlreiche Gefahren. Mina Murati, Chief Technology Officer von OpenAI, warnt etwa vor der enormen Suchtgefahr, die von KI-Begleitern ausgeht. Auch kann die Fähigkeit beeinträchtigt werden, echte menschliche tiefgründige Beziehungen aufzubauen. Ein weiterer fragwürdiger Aspekt liegt in der mangelnden Transparenz. Wie werden die Antworten generiert? Welche ethischen Normen beeinflussen die KI? Zudem sammeln viele Anbieter teils auch intime Daten ihrer Nutzer und verkaufen diese weiter.
Einige Nutzer berichten von unangenehmen oder verstörenden Erfahrungen. "Ich habe mit meiner KI über romantische Dinge gesprochen, aber plötzlich begann sie, unangemessen explizite Dinge zu sagen, ohne dass ich das angestoßen hatte. Das hat mich wirklich verstört", so ein Nutzer auf Reddit.
Regulierung von KI: Eine Herausforderung
Führt diese Abhängigkeit zu psychischen Problemen, wird die Frage nach einer Regulierung laut. Wissenschaftler fordern Maßnahmen, die mit denen gegen Nikotin- oder Spielsucht vergleichbar sind: Besteuerung, Warnhinweise oder gezielte Design-Entscheidungen, um die Suchtgefahr zu verringern.
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