Chatbots als neue Liebe? Junge Männer lassen sich vermehrt auf KI ein

Roboterhand und menschliche Hand berühren sich
Eine US-amerikanische Studie zeigt, dass vor allem Männer immer häufiger Beziehungen zu Künstlicher Intelligenz aufbauen.

Wissenschafter der Brigham Young und Texas Tech University haben knapp 3.000 Erwachsene aus den Vereinigten Staaten zum Thema Künstliche Intelligenz (KI) und Liebesbeziehungen befragt. Dabei sind sie auf das Ergebnis gestoßen, dass vor allem Menschen in ihren Zwanzigern die Chatbots häufig für romantische und sexuelle Zwecke nutzen.

Die Untersuchung wurde im Journal of Social and Personal Relationships veröffentlicht.

Sich in KI zu verlieben, macht unglücklich 

Die Forscher und Forscherinnen haben 2.969 Erwachsene zu ihrem Umgang mit KI-Technologien befragt. Das Expertenteam wollte von den Probanden und Probandinnen wissen, ob sie auf Social Media absichtlich KI-generierten Accounts gefolgt sind, die hyperidealisierte Versionen von Männern und Frauen zeigen. 

Zudem wurden die Teilnehmer und Teilnehmerinnen gefragt, ob sie jemals mit Chatbots interagiert hätten, die romantische Partner oder Partnerinnen nachahmen können. Außerdem wollten die Studienleiter wissen, ob die Probandengruppe pornografische Inhalte konsumiert hatte, die von KI erstellt wurden. 

Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Menschen in ihren Zwanzigern häufig KI-Technologien nutzen, um eine sexuelle oder romantische Beziehung zu führen. 

  • Fast jeder vierte junge Erwachsene (zwischen 18 bis 29 Jahren) nutzt KI-Chat-Technologien, um Liebesbeziehungen nachzuahmen. Rund 19 Prozent der Erwachsenen hatten bereits einen solchen Chatbot genutzt, um einen romantischen Partner zu simulieren. Bei den 18- bis 29-Jährigen stieg diese Zahl sogar auf über 25 Prozent.
  • Sieben Prozent aller Teilnehmer und Teilnehmerinnen gaben an, während dieser Interaktionen masturbiert zu haben, und etwa 13 Prozent hatten sich KI-generierte Pornos angesehen.
  • Die Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass die Nutzung dieser Technologien auch mit einer Verschlechterung des persönlichen Wohlbefindens verbunden sein kann. Menschen, die mit KI-Partnern/-Partnerinnen verkehrten oder KI-Pornos konsumierten, berichteten häufiger von Depressionen und geringerer Lebenszufriedenheit, selbst wenn andere Faktoren berücksichtigt wurden.

Männer interagieren häufiger mit KI

Junge Männer interagieren am häufigsten aus sexuellen oder romantischen Gründen mit KI. Dabei sind die Männer in ihren Zwanzigern deutlich stärker involviert als die älteren Altersgruppen. Etwa jeder Fünfte der Befragten gab an, lieber mit einer KI als mit einem echten Menschen zu sprechen. Über 40 Prozent finden es einfacher, mit einer KI zu sprechen, fast ein Drittel fühlt sich von ihr sogar besser verstanden.

Interessanterweise gaben Menschen in Beziehungen häufiger als Singles an, KI-generierte Bilder oder romantische Chatbots zu verwenden. Laut den Experten könnte dies darauf schließen, dass es bei der Interaktion mit der Künstlichen Intelligenz nicht per se um Einsamkeit geht, sondern um Eskapismus aus der realen Welt, externe Bestätigung oder Erweiterung des Sexlebens

Keine Hinweise auf Hilfe bei Depressionen

Studienleiter Brian Willoughby, Professor an der Brigham Young University, sagte gegenüber PsyPost: "Die wichtigste Erkenntnis ist, dass der Einsatz von KI für Beziehungs- und sexuelle Zwecke bereits weit verbreitet ist." Auch in puncto Einsamkeit konnte das Expertenteam neue Erkenntnisse gewinnen: "Die andere wichtige Erkenntnis ist, dass wir bereits Zusammenhänge zwischen KI-Nutzung und Depressionen sowie Einsamkeit gefunden haben. Obwohl die Richtung dieses Zusammenhangs unklar ist, fanden wir keine Hinweise darauf, dass KI-Nutzung Menschen hilft, sich weniger allein oder isoliert zu fühlen."

Da die Wissenschafter Querschnittsdaten verwendet haben, ist unklar, ob der Einsatz von KI psychische Probleme verursacht oder ob Menschen mit schlechterer psychischer Gesundheit eher KI-Tools nutzen. Dazu stehen noch weitere Untersuchungen aus.

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