Strenge Trennung

Auf der Avenida Atlantica, dem stark frequentierten Verkehrsweg an der Copacabana, liest man in den Zwischenräumen eines Zebrastreifens in weißen Lettern, was sich nicht wenige Brasilianer in diesen WM-Tagen denken: FIFA GO HOME. Ein Protestzug zieht an der Fanzone vorbei und freut sich doch tatsächlich, wenn Brasilien ein Tor kassiert. Undenkbar war früher so eine Reaktion. Wer geglaubt hatte, Brasiliens Fußballverrückte würden ihre Liebe zum Fußball mit totaler Hingabe, mit auf gelb-grüne Starkicker gerichtetem Tunnelblick ausleben, der hatte sich grundlegend getäuscht. Spätestens seit dem Confed-Cup im Vorjahr erzeugen die vier Buchstaben FIFA, die den Weltverband ausweisen, eine reflexartige Abwehrreaktion. Die Brasilianer haben sich gut informiert. Haben viel gelesen, über die Machenschaften der FIFA, über die hohe Belastung und die von eigenen politischen Vertretern losgelöste Finanzlawine, die sich unaufhaltsam auf das Volk herniederwälzt. Häufigstes Argument: „Die FIFA verdient sich dumm und dämlich und wird kaum mit Steuern belastet, wir in Brasilien zahlen Unmengen von Steuern, und was bekommen wir dafür? Nichts.“ Und ganz und gar nicht zu verstehen ist, dass der Gewinn der FIFA unter anderem erst dadurch ermöglicht wird, dass all die Auslagen für die Weltmeisterschaft mit Steuergeldern bestritten werden. Was zu spüren ist: strenge Auflagen der FIFA auf der einen Seite, leere Versprechungen auf der anderen. Verbesserungen der Infrastruktur, neue Verkehrswege wurden geplant, aber nicht fertiggestellt.

Kein Geld für die Bildung, keines für das Gesundheitswesen. Viele Brasilianer fühlen sich schlicht und einfach verarscht. Und die Brasilianer haben sich deswegen aufgelehnt. Auflehnung, die das Fass vielleicht endlich zum Überlaufen bringt.

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