Blamabler Abgang einer Weltmacht

Der vierfache Titelträger Italien beklagt das zweite Vorrunden-Aus in Folge.

Cesare Prandelli, der Teamchef des stolzen Italiens, war nicht mehr zu halten. Nach dem Scheitern in der Vorrunde schimpfte der auf alles und jeden – und zog umgehend die Konsequenzen: "Ich übernehme die sportliche Verantwortung", erklärte ein wütender und verbitterter Prandelli nach dem 0:1 gegen Uruguay und kündigte wie Verbandspräsident Giancarlo Abete seinen Rücktritt an.

Die Niederlage durch ein Kopfballtor von Uruguays Kapitän Diego Godin (81.) im letzten Gruppenspiel besiegelte für Italien nach 2010 das zweite WM-Aus in der Vorrunde nacheinander. "Das ist ein Tag des Scheiterns", konstatierte Kapitän und Tormann Gianluigi Buffon, der vielleicht sein letztes Länderspiel bestritten hat. "Wir sind mit der harten Realität konfrontiert worden."

Die italienische Presse urteilte gnadenlos. "Azurblaues Desaster. Ein hässliches Italien verabschiedet sich vom WM-Traum. Unser Fußball ist wie ein Ball, dem die Luft ausgeht. Erreicht ist damit der tiefste Punkt einer technischen, organisatorischen und kulturellen Krise. Alles muss sich ändern", schrieb La Repubblica.

Schlechte Referees

Die Schuld dafür sahen die Italiener auch beim Schiedsrichter. "Es ist absurd, so eine Partie zu zehnt zu beenden. Es gab keine bösartigen Fouls", kritisierte Prandelli die Rote Karte für Claudio Marchisio. "Der Schiedsrichter hat die Partie ruiniert."

Und auch das Wetter trug aus Sicht der Italiener, die bereits seit Wochen über die Hitze in Brasilien klagten, zu dem blamablen Aus bei. "Wir waren die einzige Mannschaft, die in Manaus gespielt hat und zwei Mal um 13 Uhr", klagte der Coach.

Aber weder die Schiedsrichter-Schelte noch das Lamentieren über das Klima konnten von den zahlreichen Schwachstellen des Teams ablenken. "Wir hatten nicht viele Torchancen, vielleicht lag das an unseren technischen Grenzen oder an der fehlenden Qualität", erklärte Prandelli.

Fehlender Patriotismus

Den Coach, der seinen Vertrag erst im Mai bis 2016 verlängert hat, scheint die heftige Kritik in der Heimat nach seiner Gehaltserhöhung schwer getroffen zu haben. "Ich habe nie jemandem Geld gestohlen."

Einmal in Fahrt teilte der 56-Jährige weiter aus und warf seinen Landsleuten "fehlenden Sinn für Patriotismus" vor.

Auch innerhalb unter den Spielern brodelte es gewaltig: Die Routiniers attackierten ihre Teamkollegen. "Man hört immer wieder, dass es einen Wandel braucht, dass Pirlo, Buffon, Barzagli und De Rossi alt sind. Aber wenn es darum geht, den Karren aus dem Dreck zu ziehen, stehen genau diese Spieler immer in der ersten Reihe", schimpfte Buffon.

Und der verletzt fehlende De Rossi pflichtete ihm bei: "Wir älteren Spieler verkörpern die richtige Einstellung und es stimmt auch, dass wir uns den Problemen immer stellen. Wer nicht die gleiche Leidenschaft hat, bleibt zu Hause."

Zwei Stunden nach Spielschluss verließen die Profis die Kabine, nachdem Spielmacher Andrea Pirlo nach seinem wohl letzten Auftritt für die Nationalelf eine Ansprache gehalten hatte.

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