Italiens Versagensangst

Die Nerven sind angespannt bei der Squadra Azzura.
Bei einer Niederlage gegen Uruguay würde sich Italien von der WM verabschieden.

Wenn es darauf ankommt, meldet sich der Kapitän zu Wort und gibt den Kurs vor. Gianluigi Buffon, liebevoll Gigi genannt, fordert seine Kollegen der Squadra Azzurra vor dem heutigen Entscheidungsspiel gegen Uruguay (18 Uhr MESZ) in Natal auf: "Wir müssen eine großartige Partie spielen. Wir brauchen ein heißes Herz und einen kühlen Kopf." Zumindest Zweiteres wird schwer bei diesen Temperaturen.

Und dennoch zittert Italien. Vor Uruguay, besonders vor Goalgetter Luis Suárez, vor dem drohenden Ausscheiden und dem frühzeitigen Heimflug, falls man verlieren sollte. Ein Remis oder ein Sieg würden Italien zum Aufstieg ins Achtelfinale reichen, doch nach dem 0:1 gegen Costa Rica, das sich schon fix für die K.-o.-Runde qualifiziert hat, hinken die Azzurri nicht nur ihren eigenen Erwartungen hinterher.

Goalie Buffon spricht den Italienern Mut zu: "Das ist schon wie ein Achtelfinale. Mit zwei von drei möglichen Ergebnissen sind wir weiter. Das ist gar nicht so schlecht, wie es vielleicht scheint." Um nicht zu verlieren, bedarf es jedoch einer deutlichen Steigerung in Sachen Leistung im Vergleich zum Spiel gegen Costa Rica. Denn da agierten die Italiener uninspiriert, wenig kreativ in der Offensive und fehlerhaft in der Defensive. Buffon inbegriffen. "Der Faktor Selbstvertrauen macht die Sache für uns jetzt natürlich schwieriger."

Angst und Bange

Während die Selbstsicherheit der Italiener angekratzt ist, strotzt Uruguay nach dem Sieg über England nur so vor Überzeugung. Vor allem das Duo Suárez und Cavani verbreitet im Lager der Italiener Angst und Schrecken. Teamchef Cesare Prandelli gestand schon vor WM-Beginn: "Ich sehe keine zwei anderen Stürmer wie diese beiden in einem anderen Team." Die Fußball-Bibel Gazzetta dello Sport titelt: "Das Problem Nummer eins: Wie soll man sie stoppen?" Suárez, "El Pistolero" genannt, traf gegen England doppelt und befindet sich nach seiner Knieverletzung wieder in Top-Form. Edinson Cavani, genannt "El Matador", ist laut Prandelli der aktuell formstärkste Spieler von Uruguay und kennt die Italiener besonders gut, hat er doch sechs Jahre in der Serie A gespielt.

Personalfragen

Oscar Tabárez, Teamchef der Celeste, vertraut seinen Schützlingen auch vor dem nächsten Duell mit einem Weltmeister: "Diese Mannschaft hat schon oft bewiesen, dass sie unter Druck die richtigen Antworten findet." Vielleicht sollte Italien einfach keine Fragen stellen.

Viele offene Fragen gibt es beim vierfachen Champion bei der Aufstellung. Daniele De Rossi muss wegen einer Wadenverletzung passen, ein Ausfall, der ins Gewicht fällt. Die italienischen Medien fordern von Prandelli einen zweiten Stürmer neben dem bisherigen Alleinunterhalter Mario Balotelli. Ciro Immobile soll ihn diesmal tatkräftig unterstützen.

In Italien geht die Angst auch vor einem weiteren Scheitern um. Denn schon bei der WM 2010 in Südafrika flogen die Italiener nach teilweise gar erbärmlichen Leistungen bereits nach der Vorrunde heim. Die Wiederholung dieser Pleite möchte man nun verhindern. Buffon, der alte Hase, versucht es mit Humor: "Das ist mein zehntes großes Turnier mit Italien. Nur einmal waren wir vor dem letzten Gruppenspiel qualifiziert."

Dem italienischen Kollektiv muss es zudem gelingen, dass Dirigent Andrea Pirlo wieder besser zur Geltung kommt. Gegen England hatte er noch geschickt die Fäden im Spiel gezogen, gegen Costa Rica konnte der 35-Jährige aber nur wenig ausrichten.

Das Resultat ist bekannt.

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