Deutsche Vorfreude auf Brasilien

Auch beim Public Viewing in Paris waren deutsche Fans anzutreffen – wenn auch deutlich in der Unterzahl.
Deutschland brennt auf das Duell mit dem Gastgeber am Dienstag.

Deutschland, die Turniermannschaft. Nach einem 1:0-Sieg zog die Mannschaft von Trainer Joachim Löw ins Halbfinale ein, in dem am Dienstag in Belo Horizonte Gastgeber Brasilien wartet. Alle zwei Jahre wieder kommt also der deutsche Erfolg. Die WM in Brasilien ist nun bereits das fünfte Turnier in Folge, in dem die Auswahl zumindest das Semifinale erreicht hat. Begonnen hat diese Serie 2006 beim Sommermärchen in der Heimat, ins Finale hat es das Team von Löw (die Ära begann nach der WM 2006) allerdings nur bei der EURO 2008 in Österreich und der Schweiz (Niederlage gegen Spanien).

Jetzt verstummten Gerüchte, Löw würde bei einer Viertelfinal-Niederlage seien Arbeitsplatz räumen müssen. Auch die Bild schreibt: "Herzlichen Glückwunsch an Jogi Löw und seine Jungs, schon jetzt steht fest, dass es eine gute WM für Deutschland ist. Da gibt es wirklich nichts zu motzen." Das Hamburger Abendblatt fordert gar mehr: "Für die Nationalelf geht es in Brasilien um den Titel." Für die Stuttgarter Zeitung war es nicht unbedingt eine Traumpartie, die Deutschen weiterbrachte. "Im Maracana-Stadion von Rio de Janeiro überzeugte die deutsche Mannschaft nicht mit schönem Spiel, sondern mit Kampf und Geschlossenheit."

Erinnerungen

Sei’s drum. Ein Manuel Neuer, der die erfolgsverwöhnte Mannschaft vor einem Tor bewahrte, und Verteidiger Mats Hummels (dem Dortmunder gelang der Siegestreffer) war es zu verdanken, dass man nun gegen Brasilien spielen darf. Mit den Südamerikanern kreuzte Deutschland auf WM-Ebene nur einmal die Klingen. 2002 ging das Finale in Yokohama mit 2:0 an Brasilien, zweifacher Torschütze beim überaus verdienten Erfolg war Ronaldo. Brasiliens Presse schrieb am Samstag fast ehrfürchtig vom Gegner. "Wenn der Moment kommt, in dem es nur wenige Überlebende (in einem Turnier) gibt, dann ist Deutschland einer von ihnen", meinte O Globo. Im deutschen Lager freute man sich jedenfalls durch die Bank auf die große Prüfung. "Was gibt es Schöneres, als im Fußball-Traumland gegen euer starkes Team in einem WM-Halbfinale zu stehen", sagt Löw.

Und Kapitän Philipp Lahm bringt es auf den Punkt: "Ich brauche definitiv nicht mehr um Platz drei zu spielen. Wir haben jetzt auch schon in der Kabine gesagt: Toll, wir sind wieder im Halbfinale, das war unser großes Ziel, wieder da zu stehen. Aber man will mehr."

Nachlese.Die Reaktion der Presse zeigt, dass das Aus der Franzosen gegen Deutschland in der Heimat ähnlich emotionslos hingenommen wurde wie das 0:1 auf dem Feld. Die Libération schreibt: "Die Blauen waren weniger inspiriert als die Deutschen. Das französische Team hat verloren gegen einen besseren Gegner, mit mehr Erfahrung und zweifellos auch mehr Talent."

Auch Teamchef Didier Deschamps war gefasst, obwohl der Weltmeister von 1998 erstmals auf dem oder abseits des Feldes ein WM-Spiel verloren hat. Mehr als ein "bisschen durchgeschüttelt" habe man die Deutschen nicht. Es fehlten nach dem frühen Gegentor durch Mats Hummels (13.) die Mittel, um Deutschland in die Bredouille zu bringen.

Abseits der Trauer über das Aus im Viertelfinale betonte der Coach: "Wir dürfen all die guten Dinge, die wir hier erreicht haben, nicht vergessen." Es mangelte am Ende aber an einem Antreiber wie Zinédine Zidane, auch wenn Benzema stark auftrat.

Heim-EM als Ziel

Ein ähnliches Desaster wie 2010, als das chaotische Out in Südafrika den Neuaufbau der Équipe tricolore nach sich zog, wird es diesmal nicht geben. Als Nahziel ist die Heim-EM 2016 im Visier. "Wir müssen diesen Geist beibehalten. Es wartet Arbeit auf uns, aber die Qualität und die Bereitschaft sind vorhanden", betonte der als Teamchef bestätigte Deschamps.

Mit Spannung ist zu erwarten, wie die Personalie Franck Ribéry gelöst wird. Der Bayern-Star fehlte verletzt – was angeblich der Stimmung im Team nicht geschadet habe. Auch die abgelehnte Einladung des auf Ibiza urlaubenden Ribéry zum Deutschland-Spiel war ein Indiz, dass sich die Sehnsucht beiderseits in Grenzen hält. Ein endgültiges Nationalteam-Aus des Flügelflitzers wird aber nicht erwartet.

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