Bronze für Österreichs Kombinierer

Stecher & Co. holen damit die 300. Olympiamedaille für Österreich. Gold geht an Norwegen.

Sieger sehen für gewöhnlich anders aus: Sie liegen normal nicht minutenlang regungslos im Schnee herum. Sie brauchen auch keine fremde Hilfe, um die Skier auszuziehen. Geschweige denn, dass sie sich nur mehr auf allen Vieren fortbewegen und wie in Zeitlupe über die Loipe kriechen.

Als Christoph Bieler so fix und fertig im Teambewerb zur Staffelübergabe kam, war er freilich nur äußerlich ein Häufchen Elend. Innerlich machte der Nordische Kombinierer Luftsprünge und jubelte in sich hinein wie selten zuvor in seiner Karriere. Nur bekam das zu diesem Zeitpunkt kaum wer mit. "Da habe ich schon gewusst, dass es was mit der Medaille wird. Ich habe mir nur geschworen: ‚Genieß’ den letzten Auftritt bei Olympia und kotz’ dich in der Loipe noch einmal richtig aus‘", sagte der 36-Jährige, als er wieder zu Kräften gekommen und der Traum von der Teammedaille Wirklichkeit geworden war.

Nach den Olympiasiegen von 2006 und 2010 reichte es für die verlässlichen österreichischen Medaillensammler diesmal hinter Norwegen und Deutschland zum dritten Rang. "Aber das ist fast die schönste Medaille", meinte Bieler, und seine Mitstreiter stimmten dem 36-Jährigen zu. Denn nach dieser mittelmäßigen Saison hatte kaum jemand den Österreichern einen Podestplatz zugetraut. "Das hat keiner von uns erwartet", jubelte Cheftrainer Christoph Eugen, "schon gar nicht, dass wir bis zur Ziellinie mit Norwegen und Deutschland um Gold kämpfen."

Vier gewinnt

Am Ende durfte jeder aus dem Kombinierer-Quartett im Teambewerb auch einen persönlichen Triumph feiern.

Lukas Klapfer, weil er seinen Ruf als Wackelkandidat und Nervenbündel korrigierte und als Startläufer die Basis für Bronze legte. 2013 bei der WM in Val di Fiemme war der 28-Jährige im Teambewerb zum Sündenbock erklärt worden, weil ihm in der Loipe im Übereifer die Kräfte ausgegangen waren. Unter der Kritik hat Klapfer bis Donnerstag gelitten: "In den zwei Tagen vor dem Rennen ist mir das immer wieder durch den Kopf gegangen."

Christoph Bieler wiederum hatte mit Olympia noch eine Rechnung zu begleichen, nachdem er 2010 aus dem österreichischen Gold-Team ausgebootet worden war. Auf seine alten Tage ist der einstige Überflieger zu einem starken und verlässlichen Langläufer geworden. "Das Wie war bei dieser Medaille entscheidend. Wir haben einen Teamspirit wie keine andere Truppe."

Bernhard Gruber hingegen verspürte auf dem Siegespodest eine große Genugtuung, da er in diesem Winter nie richtig auf Touren gekommen war und den olympischen Einzelbewerb auf der Normalschanze sogar verpasste. "Wir brauchen uns als österreichische Kombinierer nicht zu verstecken."

Und selbst für einen so abgebrühten und erfolgsverwöhnten Athleten wie Mario Stecher hatte diese Bronzemedaille einen besonderen Glanz. "Im Vorjahr hatte ich für vier Tage meine Karriere beendet", erinnert sich der 36-Jährige an die harte Zeit nach seiner x-ten Knieverletzung. "Ich bin froh, dass ich mich durchgekämpft habe. Diese Medaille macht mich stolz, weil uns einige schon abgeschrieben haben."

Team Großschanze / 4x5 km Langlauf
1. Norwegen Klemetsen, Krog, Moan, Graabak 47:13,5 3/1 *
2. Deutschland Frenzel, Kircheisen,Rydzek, Rießle 0,3 1/2
3. Österreich Klapfer, Bieler, Gruber, Stecher 3,4 2/3
4. Frankreich 1:12,8 4/4
5. Japan 1:17,1 6/5
6. USA 2:21,6 8/6
7. Tschechien 2:22,6 5/7
8. Italien 2:51,2 9/8
9. Russland 5:36,3 7/9
* Platzierung im Springen/Langlauf

Olympischer Teambewerb der Nordischen Kombinierer in Bildern:

Bronze für Österreichs Kombinierer

Klapfer, Moan and Frenzel compete during the men's
Bronze für Österreichs Kombinierer

RUSSIA SOCHI 2014 OLYMPIC GAMES
Bronze für Österreichs Kombinierer

RUSSIA SOCHI 2014 OLYMPIC GAMES
Bronze für Österreichs Kombinierer

Winner Norway's Graabak crosses the finish line as
Bronze für Österreichs Kombinierer

Norway's winning team members Klemetsen, Moan, Gra

Peter Schröcksnadel ist halt noch ein Ski-Präsident vom alten Schlag. Und dass er sein Herz auf der Zunge trägt, das hat der Tiroler schon öfter bewiesen. Nach dem historischen dritten Platz der Nordischen Kombinierer, die damit für die 300. österreichische Medaille bei Olympischen Spielen gesorgt haben, gab Schröcksnadel ein Plädoyer für seine Kombinierer ab. "Das ist eine große Freude, dass wir in einem traditionellen Bewerb die 300. Medaille geholt haben und nicht im Skicross. Das ist eine der besten Truppen, die wir bei uns im ÖSV haben."

Zugleich sind die österreichischen Kombinierer aber auch das Team mit dem höchsten Durchschnittsalter: Mario Stecher und Christoph Bieler werden in diesem Jahr bereits 37, aber nach diesem jüngsten Erfolg scheinen die Oldies ihre Rücktrittsgedanken wieder verworfen zu haben. Auch, weil Bieler und Stecher gesehen haben, dass sie auch in ihrem hohen Alter noch konkurrenzfähig sind. "Wir sind auf dem Siegespodest gestanden und haben uns zugezwinkert. Da haben wir beide gewusst, was los ist", sagt Bieler. Die WM in Falun (2015) kann kommen.

Nur die nächsten Olympischen Spiele werden die rüstigen Kombinierer dann wohl nicht mehr erleben. Wie meint doch gleich Mario Stecher? "Mir macht der Sport wirklich extrem viel Spaß, aber ich habe nicht vor, dass ich einmal gemeinsam mit meinem Bua starte."

Lukas Klapfer (AUT/Bronze): "Ich bin sprachlos. Bei Olympia eine Medaille zu holen, damit ist ein Traum in Erfüllung gegangen. Man darf nie aufgeben. Ich habe hart gearbeitet und es hat sich ausgezahlt. Am Schlussstück habe ich noch zusetzen können, das taugt mir voll."

Christoph Bieler (AUT/Bronze): "Es ist so geil. Dass ich auf meine alten Tage noch so ein Rennen laufe, ist Gänsehaut pur. Wie ich an Bernie übergeben habe, habe ich schon gewusst, 'das war einfach geil'. Die Saison war schwierig, wir haben uns zusammen gesetzt und heute gezeigt, was wir können. Dass wir mit den zwei besten Nationen so mitkommen, das hätte uns, glaube ich, niemand zugetraut. Das Wie, wie wir die Medaille gewonnen haben, macht mich stolz und ich bin stolz, ein Teil dieser Mannschaft zu sein. Ich habe mir vor dem Rennen gedacht 'sollte es dein letztes Rennen (bei Olympia) sein, genieße es und gib einfach alles' und das ist mir geglückt. Leid tut es mir um den Willi (Wilhelm Denfil). Von uns hat die Qualifikation keiner wirklich verdient und einen hat es eben treffen müssen. Ich kann ihm nur das Beste wünschen und hoffe, dass er so etwas womöglich noch erleben darf."

Bernhard Gruber (AUT/Bronze): "Diese Medaille bedeutet mir sehr, sehr viel. Wir haben gezeigt, dass bei Großereignissen mit uns immer zu rechnen ist. Heute haben alle einen guten Job gemacht. Nach meinem nicht idealen Sprung habe ich mich in der Langlaufloipe zusammengerissen. Im Ziel hab ich meine Haxen nimmer gespürt. Heute werden wir es uns gut gehen lassen, das haben wir uns verdient. Bei der Übergabe habe ich mit dem Mario (Stecher) noch einen kleinen Hakler gehabt. Aber der Mario ist so ein guter Skifahrer, der hat das gut gemeistert."

Mario Stecher (AUT/Bronze): "Wir haben heute eine Top-Leistung geboten. Wir haben mit den Serviceleuten und dem Trainerteam eine Einheit gebildet und sind dann über uns hinausgewachsen. Man fährt zu Olympischen Spielen um eine Medaille zu gewinnen. Dass mir das heute noch einmal gelungen ist, ist ein super Gefühl und tut sehr gut. Ich habe immer gesagt, der Sprung muss dir aufgehen, das muss passieren. Ich werde mir nach der Saison überlegen, was ich weiterhin mache."

Christoph Eugen (AUT-Cheftrainer Nordische Kombination): "Wir sind heute um Gold mit gelaufen, das taugt mir besonders. Wir haben bis zum Schluss mitgefightet. Wir waren auf der Schanze gut und sind auf der Loipe gut gelaufen. Ich bin sehr zufrieden mit Bronze. Ein Danke gilt auch unseren Serviceleuten und Willi Denifl."

Ernst Vettori (ÖSV-Direktor Nordisch): "Es ist eine enorm wichtige Medaille. Es war ein extrem schwieriges Rennen, denn es waren fünf Teams auf Augenhöhe. Im Langlaufen waren wir heute wirklich mit den Besten dabei. Sie haben gezeigt, dass sie auf der Loipe mithalten können. Der enge Zieleinlauf ist schwierig, wenn man da nicht vorne dabei ist, hat man keine Chance. Für mich ist es insgesamt toll, weil wir jetzt in jeder Sparte eine Medaille geholt haben."

Geboren: 28. Oktober 1977 in Hall in Tirol Wohnort: Kauns/Tirol Größe/Gewicht: 1,80 m/70 kg Familienstand: verheiratet mit Christine, Kinder (Jakob, Emma) Verein: HSV Absam-Bergisel Hobbys: Surfen, Ski, Radfahren Homepage: http://www.christoph-bieler.comGrößte Erfolge: Olympia (1-0-2): Gold Team Turin 2006, Bronze Team Salt Lake City 2002 und Sotschi 2014 WM: Gold Team 2003 Val di Fiemme, Bronze Team 2005 Oberstdorf Weltcup: 6 Siege Junioren-WM: Bronze Team 1997 5. Olympia-Teilnahme

Geboren: 12. August 1982 in Schwarzach/Salzburg Wohnort: Bad Hofgastein/Salzburg Größe/Gewicht: 1,85 m/71 kg Familienstand: ledig, 1 Sohn Verein: SC Bischofshofen Hobbys: Mountainbiken, E-Gitarre, Schlagzeug, Tennis, Surfen Homepage: www.berni-gruber.at

Größte Erfolge: Olympia (1-0-2): Gold Team und Bronze Großschanze Vancouver 2010, Bronze Team Sotschi 2014 WM (2-2-0): Gold Team Oslo 2011 Normalschanze und Großschanze, Silber Einzel und Team-Sprint (mit Wilhelm Denifl) Val di Fiemme 2013 Großschanze Weltcup: 4 Siege Universiade: Zweimal Gold 2005 Junioren-WM: Bronze 2000 3. Olympia-Teilnahme (2006 nicht im Einsatz)

Geboren: 25. Dezember 1985 in Eisenerz Wohnort: St. Peter-Freienstein/Steiermark Größe/Gewicht: 180 cm/69 kg Familienstand: ledig, Tochter Valentina Verein: WSV Eisenerz Hobbys: Motocross, SportGrößte Erfolge: Olympia: Bronze Team Sotschi 2014 Weltcup: Beste Platzierung: 2. (Seefeld 2008/09) Junioren-WM: Bronze Team 2004 1. Olympia-Teilnahme

Geboren: 17. Juli 1977 in Eisenerz (St) Wohnort: Arzl im Pitztal/Tirol Größe/Gewicht: 1,78 m/62 kg Familienstand: verheiratet mit Carina Stecher-Raich, Söhne David und Luis Verein: WSV Eisenerz Hobbys: Motocross, Berge Homepage: www.mario-stecher.at

Größte Erfolge: Olympia (2/0/2): Gold Team Turin 2006 und Vancouver 2010 Bronze Team Salt Lake City 2002 und Sotschi 2014, 5. Einzel Vancouver 2010, 6. Einzel Salt Lake City 2002, Team-4. Nagano 1998 WM (2/3/1): Gold Team Oslo 2011 Normalschanze und Großschanze, Silber Sprint Ramsau 1999, Normalschanze Val di Fiemme 2013 und Team Lahti 2001, Bronze Team Trondheim 1997 Weltcup: 12 Siege (zuletzt Jänner 2010); Gesamt-2. 1997/98, jüngster Sieger im Weltcup (mit 16 Jahren am 15.1.1994 in Oslo/Holmenkollen) Junioren-WM: Gold Einzel 1994 und Team 1995 6. Olympia-Teilnahme

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