Morgenstern als goldiger Blickfang

Vier Wochen nach dem schlimmen Sturz feierte der Kärntner sein Comeback.

Von Christoph Geiler

06.02.14, 21:19

Gäbe es Haltungsnoten für Reporter, die internationalen Skisprung-Experten hätten sich am Donnerstag maximal eine gütige 5,5 verdient. Zu Dutzenden waren Journalisten spätabends noch auf einen Sprung vorbei gekommen ins Gorki Jumping Center, der erste offizielle Auftritt von Thomas Morgenstern nach seinem schweren Sturz auf dem Kulm hatte sogar einen Reporter aus dem V-Stil-Dorado Niederlande an die Schanze gelockt.

Es waren also wirklich etliche Augen auf den Skispringer aus Österreicher gerichtet, und dann ließen die neugierigen Reporter, die sich im Auslauf der Normalschanze versammelt hatten, das Objekt der Begierde erst recht wieder links liegen.

Verpasste Chance

Niemand, aber wirklich niemand von ihnen, bekam den ersten Trainingssprung des Kärntners richtig mit. Der russische Stadionsprecher hatte den Auftritt des dreifachen Olympiasiegers ignoriert, die Anzeigetafel hinkte dem Geschehen am ersten Trainingstag noch hinterher, und plötzlich hatte Thomas Morgenstern schon heimlich, still und leise seinen Sprung auf 91 Meter hinter sich gebracht.

Und dabei ist der 27-Jährige dieser Tage in Sotschi eigentlich nicht zu übersehen. Morgenstern hat eigens für Olympia einen Helm designen lassen, in Sotschi springt er nun mit einem goldig funkelnden Helm durch die Lüfte. Und auch seine Lockerheit und Zufriedenheit sieht man dem Kärntner schon von weitem an.

Da störte es ihn auch nicht weiter, dass er seinen Premierensprung bei Olympia verpatzt hat und als 31. nur auf der zweiten Seite der Ergebnisliste aufschien. „Ich habe voll durchgetreten“, meinte Morgenstern mit einem Lächeln. Beim zweiten Anlauf verpassten dann weder er, noch die Journalisten den Absprung. Mit 99 Metern zählte der Normalschanzen-Weltmeister von 2011 wie auch Michael Hayböck und Gregor Schlierenzauer zu den Weitesten.

Alles auf Schiene

Gerade einmal vier Wochen sind seit dem kapitalen Stern vom Kulm erst vergangen. Doch Thomas Morgenstern scheint der Sturz beim Skifliegen nicht aus seiner Flugbahn geworfen zu haben. Nur die Spätfolgen seines ersten Sturzes im Dezember in Titisee-Neustadt sind noch sichtbar. Der 27-Jährige springt auch bei Olympia mit einer Schiene an der rechten Hand und ist an der Schanze auf die Hilfe seines Physiotherapeuten angewiesen. „Er ist das Springen mit dieser Schiene jetzt gewöhnt. Das ist auch eine psychologische Geschichte“, erklärt ÖSV-Arzt Jürgen Barthofer.

Die Österreicher haben sich übrigens in Sotschi ihren eigenen Adler-Horst gebaut. Als einzige Athleten leben und schlafen sie nicht im Olympischen Dorf, sondern haben sich in einem kleinen Hotel in Schanzennähe einquartiert.

Trainingsergebnisse
	1. Sprung	2. Sprung	3. Sprung
Gregor Schlierenzauer	97 m (5.)	99,5 (8.)	95,5 (18.)
Thomas Diethart	95,5 (11.)	98,5 (13.)	94,5 (31.)
Thomas Morgenstern	91 (31.)	99 (12.)	99,5 (8.)
Michael Hayböck	97 (2.)	101 (2.)	101 (1.)
Andreas Kofler	87 (47.)	95,5 (30.)	93,5 (32.)