Helmut Mayer: "Er hat das Zeug zum richtigen Star"

Holt Matthias Mayer auch im Super-G eine Medaille?
Der Vater von Matthias Mayer über die Zukunft seines Sohnes. Am Sonntag ist der Olympiasieger beim Super-G im Einsatz.

Ein ganzer Ort wird am Sonntag in den Morgenstunden auf den Beinen sein. Die 1500 Seelengemeinde eilt zum Public Viewing im Kultursaal in Afritz am See, der Kärntner Heimat von Olympiasieger Matthias Mayer (23). Ihr "Mothl" soll im Super-G wieder eine Medaille holen. Der Dress-Code "Fankleidung" in Schwarz-Orange, die Farben des Matthias Mayer Fanclubs, dominiert.

Helmut Mayer: "Er hat das Zeug zum richtigen Star"
Helmut Mayer, der Vater von Olympiasieger Matthias "Mothl" Mayer, in der Pizzeria des Dorfes bei der Übertragung aus Sochi.
Auch das Rundherum passt: Die "Olympia-Musi" spielt auf, die Fanartikel wie T-Shirts, Badetücher und Hauben gehen weg wie die warmen Semmeln. "Letzten Sonntag nach dem Abfahrts-Gold waren die Schals schnell ausverkauft", erzählt Kassiererin Vroni. Damals traf man sich noch in der Pizzeria. Seither liegt das Dorf im Goldrausch. Nur einer bleibt stoisch mitten in der Volksfeststimmung: Matthias Mayers Vater Helmut, der 1988 in Calgary selbst Olympiasilber holte.
Helmut Mayer: "Er hat das Zeug zum richtigen Star"
Helmut Mayer, der Vater von Olympiasieger Matthias "Mothl" Mayer, in der Pizzeria des Dorfes bei der Übertragung aus Sochi.

Es gibt Väter, die sonnen sich gerne im Erfolg ihrer Kinder. Helmut Mayer ist das Anti-Modell. Den Ruhm überlässt er seinem Sohn. Er scheut die Öffentlichkeit, will seine Ruhe haben, ist wortkarg, ein knochentrockener Analytiker. Im Interview erzählt er trotzdem, warum sein Sohn ein zweiter Franz Klammer werden könnte:

KURIER: Herr Mayer, warum sind Sie lieber in Kärnten geblieben und nicht auch in Sotschi wie Ihre Frau, um den Erfolg Ihres Sohnes zu feiern?Helmut Mayer: Ich habe Matthias bis zu seinem 17. Lebensjahr trainiert, war bei jedem Rennen auch im Europacup dabei. Seit er im Weltcup ist, zieht er sein Ding alleine durch. Außerdem haben meine Frau und Matthias eine sehr enge Beziehung. Sie hat ihn vor zwei Jahren in dieser schweren Zeit während der Lebensmittelvergiftung sehr unterstützt. Margret hat sich mit der Ernährungsumstellung beschäftigt, ihn bei den Therapien begleitet. Da sind die beiden sehr zusammengewachsen und meine Frau hat in dieser Phase eine entscheidende Rolle gespielt. Deswegen ist unsere Aufteilung – meine Frau in Sotschi und ich in Kärnten – in Ordnung.

Wie haben Sie den Moment erlebt, als Ihr Sohn als Olympiasieger feststand? Können Sie die Emotionen Ihres Sohnes ein wenig nachvollziehen, da Sie selbst Olympiasilber gewonnen haben?
Als der Bode Miller geschlagen war, wusste ich, da kann sich eine Medaille ausgehen. Doch meine Leistung und die meines Sohnes kann man überhaupt nicht vergleichen. Olympiagold in der Abfahrt zu gewinnen ist nicht mit Olympiasilber im Super-G zu vergleichen. Denn in Österreich werden die Erfolge der Abfahrer immer höher bewertet, auch wenn ich mich darüber in meiner Karriere öfters geärgert habe.

Helmut Mayer: "Er hat das Zeug zum richtigen Star"
Helmut Mayer, der Vater von Olympiasieger Matthias "Mothl" Mayer, in der Pizzeria des Dorfes bei der Übertragung aus Sochi.

Warum haben Sie Matthias nicht nach Stams gegeben, sondern lieber selbst trainiert?
Der Direktor von Stams wollte Matthias unbedingt haben, er hätte nicht einmal eine Aufnahmeprüfung machen müssen. Aber Stams war uns einfach zu weit weg, wir wollten Matthias noch länger zu Hause haben. Auch die Reisekosten und die Strapazen waren uns einfach zu viel. Ich war damals Landestrainer, wir konnten ihn jederzeit aus der Schule fürs Training nehmen. Das waren ideale Bedingungen. Trotzdem haben mich viele Freunde vor diesem Schritt gewarnt. "Ihr werdet das nie schaffen, das ist für eine Vater-Sohn-Beziehung zu belastend", hörte ich damals von Freunden öfters.

Gab es Konflikte?
Es war nicht einfach. Man muss zu seinem Sohn konsequenter sein als zu Trainingskollegen in der Gruppe. Dann gab es immer wieder Tests und Matthias war eigentlich stets unter den Besten. Aber du kannst als Trainer nicht ständig dein eigenes Kind hervorheben. Da habe ich mich öfters mit Absicht mit Lob zurückgehalten, damit die anderen nicht das Gefühl hatten, dass Matthias bevorzugt wird. Außerdem hieß es immer, dass Matthias das Talent in die Wiege gelegt wurde. Erfolge wurden bei ihm als selbstverständlich angesehen. Das war für ihn nicht immer leicht.

Ihre Frau stand mit dem Rosenkranz im Zielraum. Wie religiös ist die Familie Mayer?
Ich bin auch religiös, aber nicht so sehr wie meine Frau. Für sie spielt Jesus eine große Rolle. In Afritz trifft sie sich im christlichen Zentrum zum Jesusgebet – da praktiziert sie eine Art geistliches Meditieren. Bei diesen Treffen herrscht völlige Stille, und aus dieser heilsamen Stille schöpft sie Kraft. Die Rückkehr zur Beziehung mit Gott sieht meine Frau als Rückkehr zu den Wurzeln der eigenen Existenz an und so kann der Mensch wieder mit Kraft aus der Mitte leben.

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RUSSIA SOCHI 2014 OLYMPIC GAMES
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Helmut Mayer: "Er hat das Zeug zum richtigen Star"

Austria's Matthias Mayer acknowledges the crowd af

Auch Franz Klammer hat Ihrem Sohn in Sotschi gratuliert. Glauben Sie, dass Ihr Sohn ein Star wie Klammer werden könnte?
Ich traue ihm zu, dass er das Zeug hat, ein richtiger Star zu werden. Matthias hat den Vorteil, dass er konditionell sehr gut ist, gleiten kann und ein Gefühl hat. Und wer viele Rennen gewinnt, wird automatisch ein Star. Aber ob er ein Star mit Charisma wird, sieht man erst später, denn das ist eine Entwicklung. Aber ich glaube auch, die Zeit hat sich verändert. Skifahren hat nicht mehr den Stellenwert wie zu meinen oder zu Franz Klammers Zeiten. Heute starten bei den Schülerrennen um die Hälfte weniger Kinder als vor 15 Jahren. Deswegen bin ich schon neugierig, wie viele Menschen überhaupt zum Empfang kommen, wenn Matthias aus Sotschi zurückkommt.

Super-G der Herren

Um 7 Uhr MEZ bestreiten die Herren am Sonntag ihr letztes Speed-Rennen. Kurssetzer ist der Schweizer Patrice Morisod (F). Weiter geht’s am Mittwoch mit dem Riesenslalom.

Max Franz (Startnummer 14): Der 24-jährige Kärntner sucht im Super-G noch die Konstanz. Diesen Winter war er 7., 28., 14. – und Dritter in Kitzbühel.

Matthias Mayer (17): Der 23-Jährige war im Dezember in Lake Louise Zweiter. Nach Gold in der Abfahrt ist der Kärntner einer der Favoriten.

Georg Streitberger (18): Der 32-jährige Salzburger war in Lake Louise Dritter. Insgesamt hat er sechs Podestplätze im Super-G erreicht – zwei Siege.

Otmar Striedinger (15): Der Zweite von Beaver Creek ist mit 22 Jahren der Jüngste der drei Kärntner. 2011 Junioren-WM-Dritter in der Abfahrt.

Vancouver 2010: 1. Aksel Lund Svindal (Nor), 2. Bode Miller, 3. Andrew Weibrecht (beide USA), 14. Raich, 17. Streitberger, 20. M. Scheiber, 21. Walchhofer (alle Ö).

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