Silber für Daniela Iraschko-Stolz

Stolz auf Silber: Die 30-jährige Wahl-Tirolerin Daniela Iraschko-Stolz sprang bei der Olympia-Premiere im zweiten Durchgang noch auf den zweiten Platz vor.
Die Österreicherin muss sich bei der Olympia-Premiere nur der Deutschen Vogt geschlagen geben.

Daniela Iraschko-Stolz war die Anspannung deutlich anzumerken. Sie, wusste dass an der Gorki-Schanze fast alle Blicke auf sie gerichtet waren: der Jungfernflug der Skisprungdamen bei Olympia, das historische Premieren-Gold für die Grand Dame der jungen V-Stil-Bewegung in Sprungweite, dazu noch ihr offenes Bekenntnis zur Homosexualität im homosexuellenfeindlichen Russland – das ist der Stoff, aus dem offenbar die Schlagzeilen sind.

Wie die Hunderten neugierigen internationalen Reporter im Schanzenauslauf bewiesen, die alle nur Daniela Iraschko-Stolz ins Visier genommen hatten. "Meinem Seelenleben ist es vor einem Bewerb sicher schon besser gegangen", hatte die 30-jährige Österreicherin gemeint.

Nervenprobe

Das zeigte sich dann im ersten Durchgang, in dem der ältesten und erfahrensten Adlerin im Starterfeld die Nerven einen Streich spielten. Iraschko-Stolz, die in allen Trainings noch die Souveränität in Person gewesen war, verpatzte den Sprung (98,5 Meter) und lag zur Halbzeit als Fünfte außerhalb der Medaillenränge. Da war es für die Steirerin nur ein schwacher Trost, dass ihre große Widersacherin und Goldrivalin Sara Takanashi ebenfalls klar hinter den Erwartungen geblieben war.

Immerhin, die Wahl-Tirolerin war nur einen Katzensprung von den Medaillenrängen entfernt. 3,9 Punkte fehlten auf Rang drei, und auch die deutsche Führende Carina Vogt lag nur 6,6 Zähler vor Iraschko-Stolz.

Aufholjagd

Im Finale war die routinierte Österreicherin dann wieder ganz die Alte. Verflogen die Nervosität, vergessen der Fehlstart in den historischen Olympiabewerb. Mit ihrem zweiten Sprung überflügelte sie drei Gegnerinnen und landete mit der Tageshöchstweite (104,5 Meter) noch auf dem Stockerl. Der Sprung hätte wohl zum Olympiasieg gereicht, doch Iraschko-Stolz hatte bei der Landung Mühe, die Haltung zu bewahren. Am Ende fehlten ihr 1,2 Punkte auf die Deutsche Carina Vogt, der ersten olympische Königin der Lüfte. "Silber ist der Hammer. Davon habe ich schon immer geträumt", strahlte Iraschko-Stolz. "Nach dem letzten Jahr mit der Kniverletzung ist Silber Gold wert. Und ich habe mir die Medaille verdient. "

Denn die 30-Jährige hat in den letzten Jahren viel Pionierarbeit für das Damenskispringen geleistet und war mit ihrem Engagement maßgeblich verantwortlich, dass die Adlerinnen nun in Sotschi abheben durften. Iraschko-Stolz ist aber auch abseits der Schanze eine mutige Vorreiterin. Sie lebt seit Jahren mit einer Frau zusammen und fordert auch mehr Toleranz für homosexuelle Sportler ein. "Ich möchte mich ja auch nicht verstecken müssen", sagt Iraschko-Stolz, die sich mit kritischen Aussagen gegenüber den strengen Anti-Homosexuellen-Gesetzen in Russland bewusst zurückhielt. "Ich bin als Sportlerin hier. Und mit guten Sprüngen kann man auch ein Statement abgeben."

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OLYMPISCHE WINTERSPIELE SOTSCHI 2014: SKISPRINGEN/
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Austria's Iraschko-Stolz reacts after her jump in
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Iraschko-Stolz soars through the air in the final
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Vogt, Iraschko-Stolz and Mattel pose during the fl
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GERMANY SKI JUMPING
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Skispringen - Daniela Iraschko
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GERMANY SKI JUMPING WOMEN
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Iraschko of Austria competes during the FIS World
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Daniela Iraschko beim Interview und als Torfrau. 0…

Endstand:
1. Carina Vogt GER 103,0 / 97,5 247,4
2. Daniela Iraschko-Stolz AUT 98,5 / 104,5 246,2
3. Coline Mattel FRA 99,5 / 97,5 245,2
4. Sara Takanashi JPN 100,0 / 98,5 243
5. Evelyn Insam ITA 98,5 / 99,0 242,2
6. Maja Vtic SLO 100,5 / 100,5 241,9
7. Yuki Ito JPN 97,5 / 101,0 241,8
8. Maren Lundby NOR 97,0 / 100,0 235,5
9. Line Jahr NOR 97,5 / 98,5 234,6
10. Jessica Jerome USA 97,0 / 99,0 234,1
11. Katja Pozun SLO 96,5 / 99,5 233,6
12. Atsuko Tanaka CAN 97,5 / 95,0 231,3
13. Taylor Henrich CAN 97,5 / 96,0 230,4
14. Helena Olsson Smeby NOR 98,5 / 98,0 228,3
15. Lindsey Van USA 97,0 / 94,5 227,2
16. Irina Awwakumowa RUS 98,5 / 94,5 222,2
17. Julia Kykkänen FIN 95,5 / 93,5 221,5
18. Bigna Windmüller SUI 96,0 / 96,0 220,7
19. Julia Clair FRA 95,5 / 91,5 218,5
20. Lea Lemare FRA 93,0 / 93,0 218,1
21. Sarah Hendrickson USA 94,0 / 91,5 217,6
22. Ulrike Grässler GER 94,0 / 91,5 214,9
23. Katharina Althaus GER 90,5 / 92,5 211,8
24. Gyda Enger NOR 93,0 / 91,5 209,7
25. Chiara Hölzl AUT 92,0 / 96,0 207,1
26. Spela Rogelj SLO 90,4 / 86,5 199,6
27. Eva Logar SLO 90,0 / 88,0 199,1
28. Gianina Ernst GER 90,5 / 87,5 192,7
29. Elena Runggaldier ITA 85,0 / 88,0 179,6

Daniela Iraschko-Stolz (Silbermedaillen-Gewinnerin): "Die Silbermedaille glänzt sehr. Vor allem nach dem, was im letzten Jahr alles passiert ist, ist sie Gold wert. Ich habe meiner 'Mum' versprochen, dass sich Liberec nicht mehr wiederholt, sie hat sicher einen Herzinfarkt gekriegt nach dem ersten Durchgang. Im zweiten Durchgang habe ich dann voll attackiert, der war wirklich lässig. Es taugt mir voll. Das Landen lerne ich auch noch.

Die Anspannung war vor dem ersten Durchgang groß, im zweiten dann nicht mehr so. Ich habe ein bisschen zu früh aufgemacht, bin ein bisschen hintenhineingekommen und habe geglaubt das war es. Gott sei Dank ist es noch Silber geworden. Ich habe da einiges an Punkten liegen gelassen. Aber was soll es, ich hätte auch im ersten Durchgang besser springen können, dann hätte ich im zweiten lockerer hüpfen können. Es war wahnsinnig schwierig zu springen auch von den Nerven her. Es ist daher genial, dass es geklappt hat. Gerade nach dem ersten Sprung hat es nicht so toll ausgeschaut. Ich finde, ich habe mir das voll verdient und kann es jetzt richtig genießen."

Harald Rodlauer (ÖSV-Damen-Cheftrainer): "Mir ist ein bisschen das Gesicht eingeschlafen nach dem ersten Durchgang. Es war sicher ein bisschen eine Übermotivation dabei war, so etwas kann passieren. Wir sind aber ruhig geblieben. Ich habe der Daniela gesagt, dass sie weiß, was sie zu tun hat, bei dem bleiben muss, was sie kann. Mit der Silbermedaille sind wir überglücklich und sehr zufrieden. Es wäre sicher mehr drinnen gewesen, aber wenn sie nur normal hin springt hätte es auch anders ausgehen können. Die Silbermedaille ist sehr hoch einzuschätzen nach ihrer schweren Verletzung. Ich gratuliere auch der Carina Vogt und der Coline Mattel."

Chiara Hölzl (AUT/25.): "Es war unglaublich knapp, ich habe so mitgefiebert. Ich muss sagen, ich habe an eine Medaille geglaubt. Dani hat uns gezeigt, dass sie die Beste ist. Im ersten war sie noch ein bisschen nervös. Ich bin voll zufrieden mit dem zweiten Sprung, nur die Landung war nicht so. Ich gehe mit einem Lachen heim und freue mich für die Dani."

Carina Vogt (GER/Skisprung-Olympiasiegerin): "Ich kann es überhaupt nicht fassen, es ist schwer die richtigen Worte zu finden. Es hat im Weltcup noch nicht für ganz oben gereicht. Dass es dann ausgerechnet hier reicht, ist unfassbar. Ich habe versucht, nicht an das Ergebnis zu denken, sondern sich auf den Sprung und die Technik zu konzentrieren. Dass es am Ende gereicht hat, ist einfach unglaublich. Mein erster Gedanke war, es kann nicht sein. Es ist das Allergrößte, ich bin überglücklich und freue mich unheimlich."

Geboren: 21. November 1983 in Eisenerz/SteiermarkWohnort: InnsbruckGröße/Gewicht: 1,64 m/52 kgFamilienstand: LebenspartnerschaftVerein: WSV EisenerzHobbys: Fußball, Squash, Rollerskates, FreundeHomepage: www.daniela-iraschko.com (neue Website im Aufbau)Größte Erfolge: Olympia: Silber Normalschanze 2014 Sotschi (bei 1. Olympia-Teilnahme) WM: Gold 2011 in Oslo Vierte 2009 in Liberec (erste WM für Damen) Weltcup: 5 Siege (davon einer in Sotschi/Dez. 2012) Kontinental-Cup: 40 Siege; Gesamtsiegerin 2009/10 Universiade: Gold 2005 und 2007

Besonderes: Erreichte als erste Frau die 200-m-Marke (200 m am Kulm am 29.1.2003)

Herzliche Gratulation. Ein Traum ist wahr geworden, bei der Premiere haben Sie Silber geholt. Haben Sie nach dem ersten Durchgang an Liberec zurückgedacht, als sie als Favoritin nur "Blech" geholt haben? Daniela Iraschko-Stolz: Ja, ich glaube, meine Mama auch. (lacht) Das ist mir auch im Kopf herumgeschwirrt und ich habe gedacht, ich brauche jetzt wirklich einen guten Sprung. Es war sehr, sehr eng an der Spitze und der Sprung war wirklich hammer-gut. Ich war wirklich pünktlich und es hat mich weggetragen, dann wollte ich setzen und in dem Moment bin ich auf eine Seite gekommen und ich habe die Kraft nicht gehabt. Aber es ist egal, im Endeffekt ist es Silber. Im ersten Sprung mache ich mir eh einen Vorwurf, weil ich da an meinen Nerven gescheitert bin. Ich habe dann aber einen lässigen Sprung gezeigt, auf den ich wirklich stolz sein kann. Ich freue mich super, über alles, was ich erreicht habe."

Was ist Ihnen durch den Kopf gegangen, als Sie sich sicher waren, dass es Silber ist? Ich habe mir gedacht: Gott sei Dank ist es sich mit dieser Landung noch ausgegangen, weil sonst hätte es mich richtig angezipft. Aber ich war schon froh, als ich die Bronzemedaille gehabt habe. Mir tut es auch wirklich leid für die Takanashi Sara, die war ein gleiches Nervenpaket wie ich heute. Aber sie hat es halt auch nicht runtergebracht. Gerade bei so einem Event ist es so schwierig, eine Medaille zu machen, weil eben nur zwei Sprünge zählen. Es ist immer leichter, wenn man nicht die Favoritenrolle hat. Aber sie ist noch jung, die wird ihren Weg schon noch gehen.

Carina Vogt ist Olympiasiegerin, damit hätten wohl nicht viele gerechnet. Ja, aber die Carina springt die ganze Saison fast immer aufs Podium. Sie war auch sehr konstant, sie hat es auf alle Fälle verdient.

Was bedeutet es für Sie, wenn Sie zurückdenken an ihre Knieverletzung? Es war ja lange nicht sicher, ob Sie hier starten können. Ich habe noch gar nichts realisiert. Ich bin heute überhaupt neben den Schuhen gestanden schon in der Früh. Dann war es im Probedurchgang ein total lässiger Sprung und im zweiten wollte ich ganz locker springen. Ich kann es jetzt gar nicht erwarten, dass ich mich mal irgendwo hinhocke und einfach einmal einen Schrei loslasse und daheim anrufe. Das wird heute noch ein bisserl eine Party werden.

Können Sie sich vorstellen, auch wenn es weit nach vor gedacht ist, dass diese Olympia-Premiere auch schon ihre letzte Teilnahme war? Ich glaube eigentlich nicht dran. Im Gegenteil. Ich habe jetzt so viel Spaß am Skispringen immer gehabt, auch wenn ich nicht ganz vorne bin oder wenn es nicht läuft. Ich kann jetzt leben davon und endlich das Leben führen, dass ich immer wollte. Wenn ich jetzt aufhöre, wäre ich schön blöd. Wenn man ein Sportler ist, ist es schon stressig, aber man tut das ja gerne. Wir kriegen für unser Hobby gezahlt. Also solange ich auf zwei Füßen gehen kann und mir das Spaß macht, wird mich jede Schanze wiedersehen."

Silber für Daniela Iraschko-Stolz

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