Kleingärtner wehren sich gegen 26-Meter-Wohntürme

Susanne Riedl (Mi.) und ihre Nachbarn fürchten um die Ruhe in ihren Gärten. Sie sammeln Protestunterschriften gegen das Bauprojekt.
Geplante 1100 Wohnungen und 1000 Parkplätze bringen Anrainer auf die Barrikaden.

Susanne Riedl wohnte früher in Hadersdorf-Weidlingau – in einem Reihenhaus direkt an der Bahn. Als ihr der Lärm zu viel wurde, übersiedelte sie mit ihrem Mann auf den Rosenhügel. "Wir wollten ein Einfamilienhaus in Ruhe- und Grünlage", erzählt sie. Gefunden hat man es in der Liesinger Wöbergasse – direkt neben einem großen Wiesengrundstück.

Doch jetzt dürften die Tage der Ruhe gezählt sein. Denn auf dem Areal der ARE Austrian Real Estate (einer Tochter der Bundesimmobiliengesellschaft) am Emil-Behring-Weg ist die "Gartenstadt 2.0" geplant: Auf 107.400 sollen 1100 Wohnungen und 1000 Parkplätze errichtet werden (der KURIER berichtete). Die Anrainer hätten dann zirka 110 Gebäude der Bauklassen 1, 2, 3 und 5 direkt vor ihren Gartenzäunen. Vor allem die 26 Meter hohen Wohntürme sind ihnen ein Dorn im Auge. Am Dienstagabend präsentierten ARE und MA21 den Anrainern erstmals Details zum Projekt.

Frau Riedl will jedenfalls nicht tatenlos zuschauen, wie ihr Grätzel verbaut wird. Dass die Wöbergasse und die Romakogasse Wohnstraßen werden, hat sie bereits erreicht. Um nun auch noch eine Reduzierung der Wohnungsanzahl zu erwirken und die Bauklasse 5 (bis 26 m) abzuwenden, gründete sie eine Bürgerinitiative. Binnen kurzer Zeit sammelte sie 800 Protestunterschriften, im Juli will sie eine Petition beim Gemeinderat einreichen.

"Uns droht hier ein zweites Schöpfwerk", meint Riedl. "Wir rechnen mit mindestens 3000 Bewohnern. Das bedeutet noch mehr Verkehrsbelastung und Lärm. "

Zu groß?

Auch in der Bezirksvertretung hat man mit der Gartenstadt 2.0 wenig Freude. Bezirksrat Franz Schodl von "Pro Hetzendorf" stellt beim Magistrat den Antrag, die Bauklassen 3 und 5 nicht zuzulassen und fordert eine Umweltverträglichkeitsprüfung.

Beim Bauträger ist man indes bemüht, die Wogen zu glätten. Bei der Projektpräsentation im Schutzhaus am Rosenhügel wurde seitens der ARE eine Zufahrtsmöglichkeit in Aussicht gestellt, die den Emil-Behring-Weg entlasten würde: Mindestens zwei Drittel des Verkehrs sollen über den künftigen Franz-Egermaier-Weg östlich des Areals zur Gartenstadt geführt werden. Punkto Bebauungsdichte sagt ARE-Sprecher Ernst Eichinger: "Wir sind noch in einer sehr frühen Phase des Projektes. Noch ist nichts in Stein gemeißelt."

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Das Bild, das immer wieder Schlagzeilen von Wien zeichnen, ist oft kein schönes. Walzerseligkeit, Sisi-Kult und Kutschfahrten im Fiaker haben umgekehrt aber auch wenig mit der Lebensrealität der Wienerinnen und Wiener (und der "Zuagrastn") zu tun. Sie finden ihre heile Welt oft im Kleinen. In der Familie, den eigenen vier Wänden, in ihrer Nachbarschaft, im Grätzel.

Genau mit diesen Gemeinschaften wird sich der KURIER in den kommenden Wochen beschäftigen. Bei der großen diesjährigen Sommeraktion können Handarbeitsvereine, Nachbarschaftsgärten oder Jungschargruppen zum "Wiener Grätzel-Kaiser" gewählt werden.

Jetzt bewerben

Sie sind in einem solchen Verein tätig oder kennen Menschen, die sich für die Verbesserung Ihres Grätzels einsetzen – sei es über kulturelle Veranstaltungen, soziales Engagement oder als Hobbygärtner? Dann melden Sie diese bei der Aktion "Wiener Grätzel-Kaiser" an. Ab heute, Donnerstag können interessierte Gruppen und Vereine ihre Bewerbung auf www.kurier.at/graetzel oder per eMail unter graetzel@kurier.at abgeben.

Am 29. Juni beginnt das Voting. Bis einschließlich 6. August können KURIER-Leser ihre Stimme abgeben. Der "Wiener Grätzel-Kaiser" wird am 18. August präsentiert. Der Preis: Ein großes Grätzel-Fest im eigenen Bezirk.kurier.at/graetzel

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