100 Jahre BH: Alles Gute zum Runden
Ohnmachtsanfälle, Quetschungen und Verdauungsprobleme – Frauen, die Anfang des 19. Jahrhunderts in Korsetts gezwängt wurden, mussten schwere gesundheitliche Beeinträchtigungen in Kauf nehmen. Die New Yorker Schriftstellerin und Feministin Mary Phelps Jacob (1891– 1979) – auch bekannt als Caresse Crosby – störte sich nicht nur an den extremen Schnürpraktiken, sondern auch an den Walknochen und Stahlfedern, die das Korsett verstärkten. Worauf die damals 19-Jährige es unter der Brust abschnitt und Träger annähte.
Übrigens: Der älteste erhaltene BH der Welt wurde vor einem Jahr auf Schloss Lenggberg in Osttirol gefunden (siehe Hauptbild). Er besteht, genauso wie die dazu passende Unterhose, aus Leinen und wurde von einer schlanken Gräfin, Konfektionsgröße 36, getragen. Eine CO2-Analyse ergab, dass die Dessous 532 Jahre alt sind.
Vom Erfolg ihres modernen Büstenhalters konnte Mary Phelps Jacob nur kurz profitieren. Ihr Geschäft mit "Caresse Crosby Brassieres" lief zunehmend schlechter. Sie verkaufte das Patent um 1500 US-Dollar an die "Warners Brothers Corset Company".
Dass Frauen letztlich das Korsett ablegten und zum BH griffen, lag nicht nur am feministischen Befreiungsgeist. Auch der Kriegsausbruch spielte eine große Rolle. Frauen mussten die Arbeit der Männer übernehmen – Korsett oder Mieder hinderten sie dabei. Sie trugen nun Modelle aus Leinen, die später von Seide und Musselin abgelöst wurden. Ab den 1930er-Jahren führte man in den USA erstmals die heute bekannten Standardgrößen ein.
Politische Aktion
Was Frauen wie Mary Phelps Jacob als befreiend empfanden, galt in den 1960er-Jahren als zunehmend verpönt: Büstenhalter mutierten zum Symbol der Unterdrückung durch die Männer. "Frauen sind kein Fleisch" skandierten rund 400 Frauen am 7. September 1968 in Atlantic City, New Jersey. Sie warfen Lockenwickler, Make-up und Büstenhalter in einen Abfalleimer und zündeten ihn an. Viele Frauen taten es ihnen gleich, der Büstenhalter wurde zum politischen Symbol. Mit den öffentlichen Verbrennungen forderten sie die Freigabe der Pille, gleichen Lohn für gleiche Arbeit und das Ende der männlichen Vorherrschaft.
... sich Frauen in griechischen Stadtstaaten wie Sparta die Brüste abgebunden haben, um männlicher zu erscheinen und an Sportveranstaltungen teilzunehmen? In der Antike wie im Mittelalter trugen Frauen Leinenbinden über den Brüsten, um sie zu verdecken.
... Anfang des 19. Jahrhunderts sogenannte "Brustleibchen" üblich waren? Allerdings konnten sich darunter die Brustwarzen deutlicher abzeichnen, was wiederum verpönt war.
... der japanische Dessous-Hersteller Ravijour einen BH erfunden hat, der sich nur öffnen lässt, wenn seine Trägerin tiefere Gefühle für ihr männliches Gegenüber hegt? Der "True Love Tester" misst die Herzfrequenz der Frau, um festzustellen, ob ihr Herz plötzlich schneller klopft.
... eine weitere japanische Unterwäschefirma eine Klimaanlage für die Brüste hergestellt hat? Der "Bra Super Cool" enthält ein Material, das nach einigen Stunden im Tiefkühler gefriert, ohne dabei hart zu werden. Es soll Frauen helfen, die Sommerhitze besser zu ertragen, ohne energieintensive Klimaanlagen anschalten zu müssen.
... Polizistinnen in Uganda dazu angehalten wurden, Frauen an die Brüste zu greifen? Dies wurde als Sicherheitsmaßnahme begründet, um vermeintliche Bomben in BHs sicherzustellen.
... ein britisches Schlachtschiff einen drei Meter großen BH hisste? Sinn und Zweck war die Werbung für eine Kampagne zur Brustkrebsvorsorge.
... der Entertainer Rudi Carrell einst wegen eines BHs für eine diplomatische Krise mit dem Iran sorgte? In seiner Satireshow ließ er per Bildmontage den iranischen Politiker und schiitischen Geistlichen Ajatollah Khomeini in Büstenhalter und Unterhosen wühlen.
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