KURIER: Wie würden Sie sich beschreiben? Sind Sie jemand, der gern Risiken eingeht? Sind Sie waghalsig?
Natalie Portman: Ich bin kein großer Draufgänger. Ich würde sagen, ich bin riskanten Entscheidungen nicht abgeneigt, aber ich bin dabei trotzdem vorsichtig. Ich arbeite gern mit interessanten Regisseuren. Ich liebe Hochschaubahnen. Aber ich würde nie etwas machen, das wirklich gefährlich oder sogar lebensgefährlich ist.
Was wollten Sie als Kind einmal werden?
Astronautin. Ich bin ja die Generation, die von Sally Ride (die erste Amerikanerin im All, 2012) inspiriert war. Wir haben in der Schule über sie gelernt, und es war mein absoluter Traum. Als ich für "Lucy in the Sky" den Anzug anzog, war ich im Himmel.
Sie engagieren sich sehr für Frauenrechte und haben das 50/50-Abkommen in Hollywood unterschrieben, das zum Ziel hat, dass Frauen die Hälfte aller Regie- und Produktionsjobs bekommen. Sehen Sie einen Fortschritt?
Es gibt auf jedem Level Hürden. Frauen haben es schwerer, für Studioprojekte aber auch für unabhängige Filme engagiert zu werden, es ist schwieriger in Festivals reinzukommen, Marketingbudgets zu kriegen, beworben zu werden, einen Verleiher zu finden. Wir haben da alle eine unbewusste Voreingenommenheit, dass wir immer noch glauben, gewisse Jobs sind nur für Männer.
Sie haben als Queen Amidala in "Star Wars" Ihren weltweiten Durchbruch geschafft, sich für "V for Vendetta" den Kopf rasiert und riskante Parts angenommen – wie die der Stripperin in "Closer". Gibt es Rollen, die Sie heute nicht mehr spielen würden?
Ja, ich möchte keine Mutter spielen, denn die bin ich im echten Leben, und es interessiert mich viel mehr, etwas zu finden, das ganz anders ist als mein Leben, das nicht eine Version von mir ist.
Mit welchem Star arbeiten Sie am liebsten?
Ich müsste sagen Jude Law, weil ich mit ihm schon vier Filme gemacht habe. Ich war 19, als wir den ersten drehten, "Cold Mountain". Danach kamen noch "Closer" und "Blueberry Nights". 2018 drehten wir dann "Vox Lux". Er ist einer der besten Schauspieler, die ich kenne und er ist einer der nettesten Menschen. Ich fühle mich sehr wohl mit ihm.
Sie haben in Harvard Psychologie studiert. Glauben Sie, dass das der Grund war, warum Sie Ihr Leben in dieser verrückten Filmindustrie so gut meistern können?
Ja, ich glaube, zu lernen, dass man selbst nicht das Zentrum des Universums ist, hilft sehr. Dass man sich um andere kümmert, dass mein Leben nicht die Basis für alles ist, und ich mir Gedanken um das Wohlergehen meiner Umwelt mache. Und das Wissen, dass wir alle sehr komplizierte seelische Strukturen haben. Die meisten von uns verstehen doch nicht einmal sich selbst, geschweige denn andere.
Für "Black Swan" haben Sie vor elf Jahren den Oscar gewonnen und Ihren Mann kennengelernt. Tanzen Sie noch? Zeigen Ihre Kinder Talente in dieser Richtung?
Bei uns tanzt die ganze Familie! Mein Mann Benjamin ist ja auch der Direktor des "L. A. Dance Project", das ist wirklich ganz toll. Tanzen ist ein schöner Teil unseres Lebens.
In "Vox Lux" spielen Sie einen Popstar. Waren Sie selbst mal Fan von Popstars?
Ja, ich liebte Jeff Buckley, ( 1997). Ich war in der vierten Klasse Gymnasium, als er starb, und ich erinnere mich genau, wie alle meine Freundinnen und ich einander umarmten und weinten. Und ich liebe Juilana Hatfield und Alanis Morissette.
Sie gelten als Modeikone …
... was mich oft überrascht hat, denn ich habe mich immer darüber beschwert, dass von Frauen erwartet wird, dass sie sich voll aufbrezeln, während Männer viel weniger Zeit mit ihrem Aussehen verschwenden. Aber jetzt, wo ich Mutter bin, und mein Leben in Jeans und T-Shirt verbringe, mit Avocado-Flecken, weil mich die Kleine wieder mal angespuckt hat, jetzt habe ich eine neue Wertschätzung von Glamour. Jetzt will ich das Styling, das Make-up, die große Frisur.
Sie feiern jetzt ihren 40er. Was bedeutet Älterwerden für Sie?
Älterwerden ist ein Privileg, woran ich immer erinnert werde, wenn ich höre, dass jemand, den ich kenne, jung gestorben ist. Ich schätze mich glücklich, dass ich altern und mich dabei selbst besser kennenlernen kann. Sie könnten mir kein Geld der Welt zahlen, damit ich zu meinen jüngeren Jahren zurückkehre, in denen ich mich verloren fühlte.
Was würden Sie der jungen Natalie raten?
Ich wünschte, ich hätte verstanden, wie wichtig es ist, meine eigenen Bedürfnisse zu erkennen, und darauf zu bestehen, dass sie respektiert werden, anstatt die Erwartungen anderer zu erfüllen.
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