Nach Mockridge-Statement: Kristina Vogel wird Opfer von Online-Hass

Kristina Vogel
Grund für die hasserfüllten Kommentare soll das Video der Comedians Akremi und Garcia sein, in dem sie Vogel namentlich erwähnen.

Die zweifache Olympiasiegerin Kristina Vogel (33) ist seit einem Trainingsunfall 2018 querschnittsgelähmt. Sie ist eine von (sehr) vielen Menschen, die die ableistisch Aussagen von Luke Mockridge, Nizar Akremi und Shayan Garcia im Podcast "Die Deutschen" aufs heftigste kritisieren und die Comedians zur Stellungnahme bzw. einer Entschuldigung aufgefordert hatten.

Nun ist die ehemalige Bahnradsportlerin aber Opfer von Online-Mobbing geworden und ins Visier von Hass und Anfeindungen geraten. 

"Woke Cancel Culture"

Akremi und Garcia posteten auf in den sozialen Medien ein Video, in dem es zuerst so aussieht, als würden sie sich für ihre geschmacklosen Witze über die Paralympischen Spiele entschuldigen, ja gar ihren Podcast beenden. Doch schnell stellt sich heraus, dass auch dies nur Teil ihrer Art von Humor ist.

Stattdessen betonen die beiden Comedians dann, sich niemals von der "woken Cancel Culture", die versuchen würden, sie und Mockridge zu zerstören, kleinkriegen zu lassen. All ihre Kritiker, darunter auch Vogel, seien bloß Teil dieser Kultur. Vogel selbst wollte nichts anderes, als ihr Buch bewerben, sind sie überzeugt. Mehr noch: Die beiden kündigten rechtliche Schritte "gegen jeden, der Rufmord und Hetze betrieben hat."

Am Ende des Videos wandten sich die Podcast-Hosts an "die Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen, die zutiefst verletzt sind und sich in ihrer Menschenwürde verletzt gefühlt haben", wie Garcia sagte. "Es tut uns wirklich aufrichtig leid. Es war nie unsere Absicht, euch zu verletzen." Bei den Kritikern, die sich "am Shitstorm ergötzt haben", wollten sie sich ausdrücklich aber nicht entschuldigen.

Fans von Garcia und Akremi wandten sich daraufhin gegen die Sportlerin und überfluteten ihr Profil mit Hass-Botschaften. Darin wird die 33-Jährige "ekelhafte Ratte" oder "dreckiges Miststück" genannt, ein User wünschte ihr sogar den Tod. Andere sprachen davon, sie würde eine "gerechte Strafe" verdienen.

Vogel: "Täter-Opfer-Umkehr par excellence"

Vogel, die zuvor mittels einer Petition eine Absetzung des Podcasts sowie eine Kündigung Mockridges seitens Sat.1 gefordert hatte (mittlerweile hat der Sender die Mockridge-Show "Was ist in der Box? Das Comedy-Quiz" tatsächlich abgesagt), lässt dieses Video sowie die verbalen Angriffe auf sie allerdings ganz im Sinne ihrer Kämpfernatur nicht auf sich sitzen.

In einem Instagram-Posting (siehe oben) nimmt Vogel zum Video von Akremi und Garcia Stellung und spricht von einer "Täter-Opfer-Umkehr par excellence". Zudem sei sie es "ziemlich leid, was man immer wieder versucht [sic!] unter dem Deckmantel ‘Comedy' zu verstecken." Es sei ihr nicht bloß um diesen einen Witz gegangen, sondern vielmehr darum, "die Probleme behinderter Menschen zu verstehen und Menschen aufzuklären. Denn Diskriminierung, Barrieren und solche Art von 'Witzen' begegnen uns täglich".

Sie habe, so Vogel weiter, gehofft, bei den Comedians, aber auch bei den "Zuhörern, die diese Art von Humor lustig finden", hätte ihr öffentliches Statement zu einer Reflexion geführt. Dass verstanden wird, dass "Gefühle damit enorm verletzt worden sind". Das sei nicht geschehen, stattdessen würde nun "pures Victim Blaming" betrieben, sie selbst würde nun als "Bösewicht" dargestellt werden. 

Einen Tag später postete Vogel erneut die Petition "Stoppt Luke Mockridge, Nizar Akremi & Shayan Garci – Kein Platz für Behindertenfeindlichkeit in den Medien!" sowie ein Statement der Verantwortlichen. "(...) Die namentliche Nennung von uns und die Gestik, die dabei verwendet wurde, lassen es für uns eher so erscheinen, als ob eine Hetzjagd gegen uns geführt wird", steht darin geschrieben. "Diese Wahrnehmung wird durch die zahlreichen negativen Kommentare und Nachrichten bestätigt, die wir seitdem erhalten haben und die offenbar durch Aufrufe in Instagram-Stories weiter befeuert wurden." 

Aktuell hält die Petition bei 72.711 Unterschriften (Stand: 16. September). 

Der Verein ZARA - Zivilcourage und Antirassismusarbeit beschreibt Ableismus (auch: Behindertenfeindlichkeit) als "Herabwürdigung eines Menschen aufgrund einer Beeinträchtigung und Reduzierung einer Person auf seine*ihre Beeinträchtigung. Ableismus ist für Personen mit Behinderung das, was Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe, ethnischen und/oder religiösen Zugehörigkeit sowie Sprache durch den Rassismus widerfährt oder Frauen durch Sexismus erleben. Ableismus kann von Beschämung, Beschuldigung oder Beleidigung von Personen mit Behinderung bis hin zu Verharmlosung von Gewalt oder Gewalt gegen Personen mit Behinderung reichen". Anmerkung: "Menschen mit Beeinträchtigung" wird als Selbstbezeichnung oft abgelehnt. "Es heißt 'behinderte Menschen' oder 'Menschen mit Behinderung'", sagt die deutsche Autorin und Aktivistin Luisa L'Audace." Diese neutrale Selbstbezeichnung werde immer noch als Schimpfwort missbraucht, dagegen müsse man vorgehen.