ORF-Moderator und Musiker Tobias Pötzelsberger: "Nervöser als bei der ZiB"
Ein lauer Sommerabend, vielleicht ein bisserl zu lau, aber nichts, was ein Spritzer oder ein kühles Bier nicht schnell lösen könnte. Der Gastgarten des Raymond's im 6. Wiener Gemeindebezirk ist schon gut gefüllt, man wartet hier auf einen ganz besonderen Gast, nämlich ZiB-Moderator Tobias Pötzelsberger, der erstmals aus seinem neuen Album "Prudence" unplugged performen wird.
Drei Songs waren vereinbart - Spoiler: es wurden dann auf Drängen des Publikums sogar vier.
Raymond's-Wirt Patrick Fux, der erst kürzlich Mikro gegen Zapfhahn getauscht hat, er war nämlich Moderator und Reporter bei Puls4 (a. u. hostete er das Format "Sperrstund"), ist mit Pötzelsberger schon seit 20 Jahren befreundet - der musikalische News-Mann war sogar 2019 Trauzeuge bei seiner Hochzeit. Lange überreden hat er den ZiB-Moderator nicht müssen, hier aufzutreten - und das noch vor der geplanten Tour, die Ende September in Linz startet.
Dawson’s Creek
Und wahre Freunde sind herrlich ehrlich, so auch Fux, der verschmitzt grinsend zugibt: "Jetzt muss ich mich sehr diplomatisch ausdrücken. Sagen wir mal so: Ich gehe auf sein Konzert, ich kaufe auch eine Karte, ich weiß aber nicht, ob ich es tun würde, wenn es nicht die Musik von Tobias Pötzelsberger wäre. Wir haben intern den Running Gag - und er findet es zumindest lustig, wenn es aus meinem Mund kommt. Ich sage immer, es klingt so ein bissl wie ein Dawson’s Creek-Soundtrack (Anmerk.: beliebte US-Teenie-Serie). Die Kamera fliegt über den See und filmt Katie Holmes und James Van der Beek beim Knutschen ab. Aber Geschmäcker sind verschieden. Wenn ich mich da im Lokal umhöre, im vollen Gastgarten, dann sagt die Hälfte, ich liebe die Musik und die andere denkt so wie ich. Das ist halt einmal so."
Tobias nimmt das übrigens wirklich mit Humor. Später darauf angesprochen, meint er: "Patrick hat eine entwaffnende Ehrlichkeit und ziemlich charmant ist er auch. Früher war das bei vielen Musikern sogar das Ziel, im Soundtrack bei einer Fernsehserie unterzukommen. Früher hat man da auch wahnsinnig viel Geld verdient, glaub' ich. Aber ich lege es nicht darauf an, finde aber, dass es ein Kompliment ist."
Aber wie passt das eigentlich zusammen, der toughe Journalist und der gefühlvolle Musiker? "Tobias ist immer noch der Jugendliche, der im Probekeller jammt und vor sich hin summt und so entstehen dann Songs. Und er verarbeitet in der Musik seine Gefühle und das, was in ihm vorgeht. Und das ist wunderschön, wenn man das emotional so kanalisieren kann. Das sollte man sich auch nicht nehmen lassen. Das kann sehr wohl koexistieren. Du kannst der toughe, normale, seriöse News-Mensch sein, aber jeder hat ja hoffentlich ein Herz und eine Seele - und warum soll das nicht auch rausdürfen?", so Fux.
Nervöser als bei ZiB
Und dann kommt er endlich, schlendert die Gitarre geschultert die Stumpergasse hinauf - bisserl verspätet, schließlich galt es noch eine ZiB zu moderieren. "Von der einen Bühne auf die nächste, das ist eh spaßig", grinst er. Nervöser ist er vor so einem Auftritt, wie er zugibt. "Viel nervöser sogar, weil da geht’s um Persönliches, um meine Musik. Und die ZiB ist ja das Überbringen von Botschaften. Jetzt will ich meine eigene Botschaft anbringen. Da ist man verletzlicher. Aber es ist mein drittes Album, ich hab es ja schon ein paar Mal gemacht, das wird schon gehen", schmunzelt er.
12 Jahre hat's jetzt dafür gebraucht, weil das Leben dazwischengekommen ist. "Ein Kind, eine Pandemie und so ein, zwei Jahre, wo es mich einfach nicht gefreut hat. Und das ergibt 12 Jahre plus eine Arbeit, die mich schon in Anspruch nimmt."
Umsicht und Nachsicht
Umsicht und Nachsicht möchte er mit seinem neuen Album "Prudence" transportieren. "Das ist etwas, das der Welt fehlt. Das würde ich gerne vermitteln. Ganz wichtig ist das Gefühl, das die Musik ausstrahlt und da hoffe ich, dass das so eine Wärme ausstrahlt und man ein Wohnzimmergefühl bekommt, wenn man es hört. Es ist jetzt nicht wahnsinnig laute Rockmusik. Ich freue mich, wenn es schmeichelhaft und wohltuend ist. Das ist das, was ich bei Musik auch suche, dass ich mich geborgen und aufgehoben fühle."
Der ORF und seine Akteure werden ja gerne kritisiert, damit kann Pötzelsberger gut umgehen, aber wie sieht es damit aus, wenn auch die eigene Musik in Kritik steht? "Ich versuche es nicht persönlich zu nehmen. Man ist es ein Stück weit auch gewohnt, dass Leute über einen urteilen, wenn man in der Öffentlichkeit steht. Ich muss schon zugeben, dass ich es jedenfalls verfolge. Wahrscheinlich würde mir Kritik, die ich als unfair empfinde, schon irgendwo wehtun. So ehrlich muss ich sein."
Selbst war er auch einmal Musikkritiker bei den "Salzburger Nachrichten", kennt also das Geschäft. "Hab' ehrlich gesagt auch manchmal meine Verrisse geschrieben und hatte ehrlich gesagt manchmal sogar mehr Spaß am Verriss als am Lob. So wie viele Musikkritiker. Deshalb kann ich das auch einordnen – passt schon."
Albumpräsentation Tobias Pötzelsberger
Dann ist es soweit, die ersten Klänge des ersten Songs und seine samtweiche Stimme lassen auch gleich die Nachbarn neugierig die Fenster öffnen - und auf einmal weht wirklich ein Hauch von Dawson's Creek durch die Gasse. Die Musik soll aber "ambitioniertes Hobby" bleiben, wie Pötzelsberger betont.
Und übrigens, den derzeitigen Wahlkampf würde er mit einem ganz besonderen Soundtrack unterlegen - nämlich mit "Give Peace A Chance" von John Lennon. "Und wenn es mit dem ORF einmal nicht mehr ist, dann hab ich immer noch die Musik."
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