Zwei Ukrainer in Österreich: "Unvorstellbar, gegen Russen anzutreten"

Zwei Ukrainer in Österreich: "Unvorstellbar, gegen Russen anzutreten"
Ukrainische Sportler äußern Kritik. IOC empfiehlt, (bela)russische Athleten zu internationalen Bewerben zuzulassen, sonst drohe Spaltung.

Der Traum von Inna Loseva und Ivan Losev war es, sich für die Olympischen Spiele 2024 in Paris zu qualifizieren. Mit guten Platzierungen im Gehen schien das Ziel vor gut einem Jahr noch erreichbar. Dann folgte der Krieg. Das Ehepaar musste die Ukraine verlassen – und damit ihre Familien, Freunde, ihr Team und ihre Trainingsplätze.

Für sie ist es nur schwer zu begreifen, wie das Internationale Olympische Komitee (IOC) unter Führung von Präsident Thomas Bach nun empfiehlt, russische und belarussische Sportler wieder an internationalen Wettkämpfen teilnehmen zu lassen.

Zwei Ukrainer in Österreich: "Unvorstellbar, gegen Russen anzutreten"

Inna Loseva  und Ivan Losev in Salzburg

„Es ist derzeit unvorstellbar, gegen russische Athleten anzutreten“, sagt Inna Loseva. Auch das Antreten unter neutraler Flagge ist für sie keine Option: „Wie kann man auf die Idee kommen, diese Sportler, die zu 100 Prozent vom Staat und damit von Putin abhängig sind, selbst unter neutraler Flagge antreten zu lassen?“

Vorteil Russland

Sportminister Werner Kogler mahnt: „Es sind die ukrainischen Athletinnen und Athleten, denen unser Mitgefühl gilt, um die wir uns zuallererst zu kümmern haben“.

Das sieht auch Eiskunstläuferin Olga Mikutina so. Sie ist in Charkiw geboren, lebt in Österreich, sorgt sich aber täglich um ihre Verwandten und Freunde im Kriegsgebiet. „Ich bin nicht gegen einzelne Athleten, aber ich denke, wenn Russland Krieg führt, muss es Sanktionen geben, auch wenn es dadurch leider Sportler trifft.“

Auch ukrainischen Athleten wurde die Sportteilnahme aufgrund des Krieges stark erschwert. Der ukrainische Top-Schwimmer Mychajlo Romantschuk etwa empfahl dem IOC-Chef Bach in einem Interview einen Besuch zerstörter Sportstätten in der Ukraine. „Die Diskussion ist absurd, weil sich russische Sportler fast ohne Einschränkungen vorbereiten können. Während unsere Athleten, die in der Ukraine geblieben sind, vom Training zurück in den Luftschutzbunker laufen müssen“, erklärte Romantschuk, der mittlerweile in Deutschland lebt und trainiert.

Er ist einer von rund acht Millionen Ukrainern, die aus ihrer Heimat flüchten mussten, seit Russland am 24. Februar des Vorjahres den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gestartet hat.

Unterstützung

Rund 60.000 Ukrainer befinden sich seither auch in Österreich. Darunter Hochleistungssportler wie das Ehepaar Inna Loseva und Ivan Losev. Bis dato wurden über die Förderschiene des Sportmunisteriums (abgewickelt von der Bundes-Sport GmbH) für Ukrainer, die in Österreich trainieren, knapp 400.000 Euro an 24 Fachverbände ausgeschüttet. Diese geben die Beträge jeweils an die Sportler weiter.

Zwei Ukrainer in Österreich: "Unvorstellbar, gegen Russen anzutreten"

Ivan Losev bei Olympia in Tokio. Er lebt heute in Österreich, seine Zeit im Spitzensport ist vorbei

Inna Loseva und Ivan Losev nahmen die Förderung vorübergehend in Anspruch – bis zur EM im vergangenen Sommer in München. „Wir wollten keine staatliche Hilfe in Anspruch nehmen, die andere vielleicht dringender brauchen. Deshalb arbeiten wir Vollzeit, was sich mit Spitzensporttraining schwer vereinbaren lässt“, sagt Loseva.

Sportminister Kogler hat die beiden in Salzburg getroffen, wo sie jetzt wohnen. Das Treffen, sagt Kogler, „bestärkt mich in unserer Haltung gegenüber dem IOC“. Denn die Ukrainer seien es, die „an der Front kämpfen müssen, um ihre Heimat zu verteidigen, sie sind es, deren Sportstätten zerstört worden sind, die ins Ausland fliehen mussten und in ständiger Sorge um ihre Familien trainieren“. Ihnen sei es nicht zuzumuten, russischen Sportlern im Wettkampf gegenüberzustehen. Loseva ist eindeutig: „Wir haben noch keinen russischen Sportler getroffen, der die Regierung nicht unterstützt hätte. Sie werden ja auch von ihr finanziert. Aus unserer Sicht sollte es für niemanden eine Ausnahme geben.“

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